Raffinierte Rache oder prickelndes Verlangen?

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„Du hast eindeutig zu viel an.“ Verführerisch macht Chloe sich daran, Miles Wingate von der überflüssigen Kleidung zu befreien. Seit ihr der Milliardär beim Joggen über den Weg gelaufen ist, knistert es heiß zwischen ihnen. Chloe ist selbst überrascht von dem prickelnden Verlangen, das all ihre Bedenken hinwegfegt. Denn was Miles niemals erfahren darf: Sie spielt falsch! Schon das erste Treffen im Park war kein Zufall, sondern Teil ihres raffinierten Plans. Chloe will sich an Miles rächen für das, was die Wingates ihrer Familie angetan haben …


  • Erscheinungstag 06.07.2021
  • Bandnummer 2192
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503730
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Aasgeier!“

Miles Wingate knüllte die Zeitung zusammen und warf sie in einem kontrollierten Wutausbruch quer durch das Esszimmer. Das Papierknäuel tanzte über den gebohnerten Holzboden und rutschte schließlich gegen die maßgefertigte Fußleiste. Trotzdem schrie ihm die Überschrift weiter entgegen und erstickte jeglichen Frühstücksappetit im Keim.

WinJet bei Sicherheitsprüfung durchgefallen!

Der Leitartikel beschrieb die schweren Mängel im Sicherheitskonzept der WinJet-Flugzeugfabrik in Texas mit erschreckend vielen Details. Es würden auf jeden Fall hohe Strafen zu zahlen sein, im schlimmsten Fall konnte das Werk sogar geschlossen werden. Es überraschte Miles nicht sonderlich, dass die Sparmaßnahmen und oftmals zwielichtigen Praktiken seines Vaters schließlich aufgeflogen waren. Aber bedeutete das nun, dass seine älteren Zwillingsbrüder, beide Geschäftsführer von Wingate Enterprises, und der Rest seiner Familie dafür büßen mussten? Das machte ihn auf eine Art und Weise wütend, die er, schon lange bevor er dem Familienunternehmen den Rücken gekehrt und sich nach Chicago abgesetzt hatte, nicht mehr gespürt hatte.

Sein Vater war schon seit zwei Jahren tot und begraben, also hätten seine Brüder Sebastian und Sutton doch inzwischen die Mängel bemerkt haben müssen, die vor einem Monat zu dem Großbrand im Werk geführt hatten. Drei Arbeiter waren schwer verletzt worden. Der darauf folgende Gerichtsprozess sollte kein Problem sein, aber was, wenn die Ergebnisse der gemeinsamen Ermittlungen der Aufsichtsbehörden für Arbeitsschutz und Luftfahrt zu einem gefundenen Fressen für die Medien wurden? Dann könnte es dem Unternehmen an den Kragen gehen.

„Das ist nicht mein Problem“, sagte Miles gepresst.

Und weil er Unordnung nicht ausstehen konnte, ging er mit entschlossenen Schritten durch den Raum, hob die zerknüllte Zeitung auf und warf sie in den Papierkorb. Auch ohne den Artikel vor sich zu sehen, wusste er, dass er etwas tun musste, um seinen Ärger loszuwerden. Es sollte ihm nichts ausmachen, wenn der Name seiner Familie in den Dreck gezogen wurde. Schließlich hatte er sich schon vor langer Zeit entschieden, alles hinter sich zu lassen, was mit Wingate Enterprises zu tun hatte.

Er hatte sein Wissen und seine Kontakte genutzt, um sein eigenes Unternehmen Steel Security zu gründen und sich Mitarbeiter zu suchen, die er schätzte und respektierte. Menschen, die Personenschutz und Cybersicherheit so ernst nahmen wie er selbst. Niemals würde er zulassen, dass ihnen etwas passierte. Und sollte es doch einmal zu einem Vorfall kommen, dann konnte man seinen letzten Dollar darauf verwetten, dass Miles sich selbst so lange dafür verantwortlich machen würde, wie nichts anderes bewiesen war. Nach seinem Dafürhalten begann und endete seine Zuständigkeit hier in Chicago bei seinem Team.

Aber trotzdem hatte er das Gefühl, etwas für seine Familie tun zu müssen. Wingate Enterprises war auf dem Rücken der Menschen, die dort arbeiteten, über Jahre hinweg immer erfolgreicher geworden. Seine Familie hatte die Pflicht, für diese Menschen zu sorgen. Dass sie diese Pflicht vernachlässigt hatte, und auch noch in einem so wichtigen Punkt wie der Sicherheit, konnte Miles kaum fassen. Die verletzten Arbeiter hatten allen Grund zu klagen. Jeder Mensch verdiente es, nach einer Schicht gesund und unversehrt nach Hause zu kommen. Aber da war etwas, das nicht zusammenpassen wollte. Er wusste, dass seine Brüder das ganze Gegenteil ihres Vaters waren. Sie sparten eigentlich nie am falschen Ende, und sie respektierten andere Menschen. Er sollte sie wenigstens einmal anrufen.

„Nicht mein Problem“, wies er sich zurecht.

Er musste raus, einen klaren Kopf bekommen. Der neue Monat hatte gerade begonnen, es war Mittwochmorgen, und an diesem Wochentag arbeitete er gewöhnlich von zu Hause aus. Das bedeutete, dass er erst einmal eine Stunde laufen ging, danach zu Hause duschte und sich dann ganz in seine Arbeit vertiefte. Er wusste, dass er sich auf nichts konzentrieren können würde, wenn er jetzt nicht laufen ging. Die Anrufe konnten warten.

Während er von seinem Stadthaus über den Asphalt zum Lincoln Park trabte, spürte er, wie sich sein Körper unter dem beruhigenden Rhythmus seiner Schritte allmählich entspannte. Mit jedem Meter, den er lief, schien die Entfernung zwischen den beunruhigenden Neuigkeiten aus Texas und dem Leben, das er sich in Chicago aufgebaut hatte, größer zu werden. Ja, genau das hatte er gebraucht.

Chloe Fitzgerald schaute noch einmal auf die Uhr. Er war spät dran. Jeden Mittwoch um Punkt acht Uhr morgens lief Miles Wingate durch den Lincoln Park. An jedem Mittwoch außer diesem, wie es aussieht, dachte sie reumütig. So zeigte sich wieder einmal, dass auch mit dem besten Plan immer etwas schiefgehen konnte.

Sie hatte schon so lange auf diese Gelegenheit gewartet. Jahrelang. Auf einmal brannten Tränen der Frustration in ihren Augen. Warum musste er ausgerechnet heute von seinen Gewohnheiten abweichen? Hatte es etwas mit der Story zu tun, die in allen Zeitungen stand? Chloe hatte große Befriedigung verspürt, als sie gelesen hatte, dass gegen die berühmte Familie Wingate wegen Sicherheitsmängeln ermittelt wurde. Schließlich war es höchste Zeit, dass die Wingates bekamen, was sie verdienten. Es war nicht gerecht, dass ihre Familie so hatte leiden müssen, während die Wingates immer reicher wurden. Besonders da der verstorbene Trent Wingate den Erfolg von WinJet zu einem großen Teil auf dem Geschäft ihres Vaters aufgebaut hatte, nachdem er ihren armen Dad zum Suizid getrieben hatte.

Sie hatte herausgefunden, dass der jüngere Wingate-Sohn in Chicago lebte und arbeitete, anstatt in Wingate Enterprises verstrickt zu sein. Das machte ihn zu einem leichteren Ziel. Als Mitglied der Familie Wingate war Miles ihrer Meinung nach nicht weniger schuldig als der Rest. Sie war absolut dafür, die Sünden des Vaters an den Söhnen und Töchtern des gefühlskalten Bastards Trent Wingate zu rächen. Seine Nachfahren hatten lange genug wie selbstverständlich ihre Privilegien genossen. Nun war es an der Zeit, dass sie ihren heiligen Vater als den Verbrecher sahen, der er tatsächlich gewesen war.

Um das Ganze ins Rollen zu bringen, hatte sie den Journalisten kontaktiert, der den ersten Artikel über den Brand in der WinJet-Fabrik geschrieben hatte, und ihm mehr Insider-Informationen über die Familie angeboten. Sie hatte ihm von sich erzählt und was Trent Wingate ihrem Vater angetan hatte, aber der Journalist hatte gemeint, die Geschichte sei nicht relevant genug. Er könne sie allenfalls im Zusammenhang mit etwas Aktuellerem bringen. So hatte sie begonnen, ihren Rachefeldzug zu planen.

Zunächst wollte sie sich an die Familie heranmachen. Dann, wenn sie gut eingeführt war, wollte sie ihnen mithilfe der Medien klarmachen, was genau Trent Wingate ihrem Vater angetan hatte. Und am Ende würde sie ihnen zeigen, wie weh es tat, verraten zu werden.

Sie hatte viele Stunden in den Plan gesteckt und dann gewartet, bis in der Grundschule, in der sie als Lehrerin arbeitete, die Sommerferien begannen. Jetzt erschien es ihr lächerlich, ihre gesamte Strategie von einem zufälligen Treffen während seiner Mittwochmorgenrunde abhängig zu machen. Aber damals schien alles so gut zu passen. Einfach mit ihm zusammenstoßen, ihn in ein Gespräch verwickeln, eine Einladung zu einem Drink oder vielleicht zum Abendessen annehmen. Sie war nicht hässlich, und sie wusste, dass Miles gerade nicht in einer Beziehung war. Er würde doch sicher anbeißen?

Aber ausgerechnet heute musste er von seiner Gewohnheit abweichen. Normalerweise wäre Miles schon längst an diesem Wegabschnitt vorbeigekommen und zum Denkmal hinaufgejoggt. Chloe blieb stehen und suchte ihre Umgebung nach der inzwischen vertrauten großen Statur ab, die sie in den letzten zwei Wochen ausspioniert hatte.

Vielleicht sollte sie selbst loslaufen. Vielleicht hatte er aus unerfindlichen Gründen heute eine andere Strecke genommen. Vielleicht konnte sie noch auf einem anderen der vielen Wege, die den Park durchkreuzten, mit ihm zusammenstoßen. So viele Vielleichts. Sie hasste Unsicherheiten, davon hatte sie schon genug in ihrem Leben gehabt. Miles Wingates routiniertes Verhalten hatte ihr Sicherheit gegeben, es war ein Zeichen, dass sie das Richtige tat.

Chloe drehte sich entschlossen um und wollte gerade zurück zum Auto gehen, als ihr ein großer blonder Mann entgegenkam und direkt in sie hineinrannte. Der Aufprall warf sie förmlich um und presste ihr die Luft aus den Lungen. Sie landete mit dem Hintern unsanft auf dem Asphalt und stieß ein schwaches „Oh!“ aus.

„Oh Gott, Entschuldigung“, begann der Mann. „Geht es? Sind Sie verletzt? Können Sie aufstehen?“

Sie sah auf. Die Morgensonne stand wie ein Heiligenschein hinter ihm, und sie konnte seine Gesichtszüge nicht recht erkennen, aber sie kannte seine tiefe, männliche Stimme aus den Videos über ihn und sein Unternehmen, die sie sich im Internet angeschaut hatte.

Miles Wingate, live und in Farbe.

Die Freude, ihre Beute doch noch aufgespürt zu haben, wurde dadurch gedämpft, dass sie immer noch kaum Luft bekam.

Es gelang ihr, ein „Moment“ herauszuquetschen und dabei abwehrend eine Hand zu heben.

Er ging vor ihr auf ein Knie. Aus diesem Blickwinkel konnte sie nun auch sein Gesicht sehen, und sie fühlte sich, als hätte ihr jemand gleich noch einmal einen Schlag in die Magengrube versetzt. In Lebensgröße war dieser Mann so viel ... mehr ... als in den Videos oder in den Nachrichten.

„Jetzt geht es wieder“, sagte sie schließlich, auch wenn ihr Herz noch immer raste, jetzt allerdings eher aufgrund seiner Nähe als wegen ihres Zusammenpralls. „Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen so im Weg gestanden habe. Ihnen habe ich aber nicht wehgetan, oder?“

Er lächelte. „Mir ist nichts passiert. Ich bin eher um Sie besorgt. Ist wirklich alles in Ordnung? Das war ein ziemlicher Sturz.“

Sie setzte sich vorsichtig auf. Ihr Hintern war ganz schön mitgenommen, aber das würde sie unter keinen Umständen zugeben.

„Nein, es ist vor allem der Schreck, denke ich“, sagte sie und lächelte zurück. „Es tut mir wirklich furchtbar leid, ich hätte besser aufpassen sollen.“

„Na ja, Sie haben sich wirklich sehr plötzlich umgedreht, aber ich hätte auch schneller reagieren müssen.“ Er stand auf und hielt ihr die Hand hin. „Darf ich Ihnen aufhelfen?“

Sie zögerte einen Moment, berührt von der altmodischen Höflichkeit in seinem texanischen Akzent. Ihre Mutter und sie lebten schon so lange in Illinois, dass sie diesen Klang beinahe vergessen hatte.

„Danke.“

Chloe legte ihre Hand in seine und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen. Seine Hand war warm und stark. Trotz ihrer Rachepläne spürte sie, wie ein Funken der Anziehung ihren Arm hinaufzog. Als sie wieder sicher stand, ließ er sie sofort los. Ein Gentleman durch und durch. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, die Berührung noch länger auszudehnen, aber das hatte er nicht getan. An seiner Berührung war absolut nichts Unangemessenes, auch wenn sie sich mit aufflammender Neugier fragte, ob er diesen Funken auch gespürt hatte.

„Bluten Sie da an der Hand?“, fragte er und riss sie aus ihren Gedanken.

Chloe drehte ihre Handfläche nach oben. Sie musste sich verletzt haben, als sie die Hand nach hinten ausgestreckt hatte, um ihren Sturz abzufangen. Als sie begann, darüber nachzudenken, tat auch ihr Handgelenk ziemlich weh.

„Das wird schon wieder. Ist nicht schlimm.“

„Darf ich mal schauen?“

Da war sie wieder, diese Höflichkeit. Sie zeigte ihre Hand vor und hielt den Atem an, als er sie vorsichtig in seine nahm.

„Tut es weh, wenn ich hier anfasse?“

„Ein bisschen“, gab sie zu.

„Das sieht nicht gut aus“, sagte Miles Wingate.

Er sah sie an. Zwischen seinen scharfsichtigen grünen Augen bildete sich eine leichte Sorgenfalte. „Das sollte untersucht werden. Ich bringe Sie zu einem Arzt.“

Chloe biss auf ihre Unterlippe. Sie wusste genau, wer er war, aber das wusste er nicht. Was würde eine Frau normalerweise in so einer Situation tun? Sie würde ihm wohl kaum sofort vertrauen. Oder?

„Nein, das passt schon“, zwang sie sich zu sagen und zog widerstrebend ihre Hand zurück. Sie zuckte ein wenig zusammen und umschloss das Gelenk vorsichtig mit der anderen Hand. „Ich hab gleich in der Nähe geparkt. Ich komm schon zurecht.“

Miles richtete sich auf. „Hören Sie, mir ist klar, dass wir uns nicht gerade seit Kindertagen kennen, und obwohl ich Sie gerade umgerannt habe, will ich Ihnen wirklich nichts Böses. Vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen: Miles Wingate, zu Ihren Diensten. Sie können mir vertrauen. Ich arbeite in einer Sicherheitsfirma, also verstehe ich total, dass Sie meine Hilfe nicht wollen. Es ist allerdings so, dass ich mich verpflichtet fühle, Ihnen Hilfe anzubieten und dafür zu sorgen, dass Sie sie auch annehmen. Natürlich ganz ohne Hintergedanken.“

Er lächelte sie an und wurde dann so ernst, dass sie nicht anders konnte, als zurückzulächeln.

„Chloe Fitzgerald“, murmelte sie. „Und vielen Dank für Ihre Aufrichtigkeit.“

„Darf ich Sie jetzt zu Ihrem Auto begleiten?“

„Das wäre sehr nett von Ihnen. Ich brauche nur noch mein …“ Chloe schaute sich nach ihrem Telefon um. Sie hatte es in der Hand gehalten, als sie gestürzt war. Nach kurzem Suchen sah sie es einige Meter entfernt auf dem Weg liegen. Das Display war von Rissen durchzogen. „Oh nein“, rief sie.

Miles hob es auf und schaute zerknirscht auf das gesplitterte Glas.

„Das ist allein meine Schuld, das ersetze ich Ihnen natürlich. Es ist das Mindeste, was ich tun kann.“

Chloe wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Sie hatte das Gefühl, protestieren zu müssen, aber sie konnte sich gerade ganz bestimmt kein neues Telefon leisten.

„Ich …“, begann sie, aber Miles unterbrach sie, bevor sie die richtigen Worte finden konnte.

„Ms. Fitzgerald, bitte lassen Sie mich Ihnen ein neues Telefon kaufen. Glauben Sie mir, für mich ist das kein Problem.“

Etwas an der Art, wie er das sagte, ärgerte sie. Es war die Kombination aus seiner Erwartung, dass sie nicht wagen würde abzulehnen, gemischt mit der Erkenntnis, dass der Kauf eines neuen Geräts wohl keine großen Löcher in sein Budget reißen würde. Sie schluckte die scharfe Erwiderung hinunter, die ihr sofort auf der Zunge lag, und zwang sich zu lächeln.

„Vielen Dank. Normalerweise würde ich so ein großzügiges Geschenk nicht annehmen, aber ohne mein Telefon bin ich völlig aufgeschmissen.“

„Das geht uns wohl allen so“, sagte er mit einem umwerfenden Lächeln.

Sie spürte, dass sie automatisch zurücklächelte wie eine Idiotin. Oh, er war einfach zu viel für sie. Zu gut aussehend, zu höflich – einfach zu sehr alles. Jede Zelle ihres Körpers pulsierte vor schmerzlichem Verlangen nach ihm. Das hatte sie nicht eingeplant.

„Wo haben Sie denn geparkt?“, fragte Miles, dem ihr innerer Aufruhr offensichtlich entgangen war.

Chloe sagte ihm, wo sie ihr Auto abgestellt hatte, und gemeinsam gingen sie den Weg entlang.

„Gehen Sie öfter hier laufen?“, fragte Miles nach einigen Schritten.

Chloe kicherte.

„Was? Was ist denn daran so lustig?“

„Das klingt wie eine Variante des Anmachspruchs“, erklärte sie und schaute zu ihm auf.

Leider musste sie dazu den Blick vom Weg abwenden und stolperte prompt über eine Unebenheit im Asphalt. Miles reichte ihr schnell die Hand, um ihr Halt zu geben, doch leider ließ er genauso schnell wieder los, wie sie enttäuscht bemerkte. Trotzdem hatten seine warmen Hände und die vorsichtige Berührung in ihr ein Verlangen nach mehr ausgelöst.

2. KAPITEL

Miles ging neben der schlanken Frau her, mit der er zusammengeprallt war. Wie hatte er nur so unvorsichtig sein können? Es gehörte nicht zu seinen üblichen Aktivitäten am Mittwochmorgen, feingliedrige Blondinen mit blauen Augen umzurennen.

„Das ist mein Auto“, sagte Chloe.

Sie war neben einem älteren Modell stehen geblieben, das seine besten Zeiten hinter sich hatte. Miles schaute durch das Fenster und sah den Schaltknüppel.

„Können Sie denn mit Ihrem geschwollenen Handgelenk noch schalten?“, fragte er.

„Hm, daran habe ich nicht gedacht.“

„Es tut jetzt richtig weh, stimmt’s?“, fragte er zerknirscht.

Miles konnte sehen, dass sie zögerte, doch schließlich nickte sie.

„Ich fahre Sie zum Arzt, und dann lassen Sie sich untersuchen. Das Letzte, was Sie heute brauchen, ist noch ein Unfall.“

„Ich möchte Ihnen keine Umstände machen. Sie haben doch sicher etwas Besseres zu tun.“

„Besser, als ein Fräulein in Not zu retten?“

Chloe lachte, genau wie er beabsichtigt hatte. „Na gut. Vielen Dank.“

Erst als sie zustimmte, wurde Miles bewusst, wie sehnlich er sich gewünscht hatte, sich noch nicht von ihr verabschieden zu müssen.

„Schlüssel?“, fragte er und streckte die Hand aus.

„Auf dem Vorderrad.“

„Machen Sie das immer so?“

Chloe deutete auf ihre eng anliegende Laufhose. „Keine Taschen.“

„Hinten ist doch meistens eine kleine Tasche dran, oder nicht?“

„Billigteil“, sagte sie und zuckte leicht mit den Schultern.

„Als Sicherheitsexperte weiß ich gar nicht, wo ich da anfangen soll. Das ist so gefährlich“, murmelte er und zog den Autoschlüssel aus dem nicht besonders geheimen Versteck. „Sie haben Glück, dass Ihr Auto noch hier steht.“

„Ich weiß. Aber ich denke mir immer, es ist so alt, es wird nicht geklaut.“

Miles öffnete die Beifahrertür für sie. Die Tür ächzte laut. „Ah ja, ich verstehe“, entgegnete er ironisch.

Chloe lachte noch einmal, und der Klang ihrer Stimme brachte tief in ihm etwas zum Schwingen. Als Chloe saß, schloss er die Tür, ging auf die Fahrerseite hinüber und stieg ein.

„Ihre Mutter hat Ihnen früher bestimmt immer gesagt, Sie sollen nicht zu Fremden ins Auto einsteigen?“

„Meine Mutter hat mich auch zum Selbstverteidigungskurs geschickt. Sie wären erstaunt, was ich alles noch mit einer Hand kann.“

Er nickte langsam und steckte den Schlüssel ins Zündschloss.

„Gut zu wissen.“

Als sie am nächstgelegenen Krankenhaus ankamen und Miles den Wagen geparkt hatte, wandte sich Chloe zu ihm.

„Ich möchte Sie wirklich nicht den ganzen Tag auf Trab halten. Sie müssen nicht mit mir hineingehen. Sobald mein Handgelenk ordentlich verbunden ist, kann ich bestimmt wieder fahren.“

„Es macht keine Umstände. Und was Ihr Handgelenk angeht, da sollte ein Arzt das letzte Wort haben. Okay?“

Zwei Stunden später saßen sie wieder im Auto, nachdem Chloe die ganze Zeit protestiert hatte.

„Sie hätten überhaupt nichts bezahlen müssen, Mr. Wingate. Ich bin versichert.“

„Miles.“

„Was?“

„Nennen Sie mich Miles“, sagte er und lächelte. „Und doch, ich musste bezahlen. Nur meinetwegen sind Sie überhaupt verletzt.“

„Es war meine Schuld, ich habe nicht aufgepasst“, erinnerte sie ihn halblaut.

Sie sah blass aus. Ihr Handgelenk hatte bei der Untersuchung sehr wehgetan, und sie waren beide erleichtert gewesen, als sie auf dem Röntgenbild sehen konnten, dass es nicht gebrochen war. Doch jetzt war Chloe sichtlich erschöpft.

„Wie wäre es, wenn wir die Schuldfrage auf später verschieben? Jetzt bringe ich Sie erst einmal nach Hause, und dann schicke ich Ihnen ein neues Telefon.“

„Nein, ein Telefon kann ich wirklich nicht annehmen. Ich habe bestimmt irgendwo noch ein altes, das ich benutzen kann, bis ich Ersatz bekomme.“

„Das kommt überhaupt nicht infrage. Ms. Fitzgerald ...“

„Chloe. Wenn ich Miles zu Ihnen sagen soll, dann müssen Sie mich Chloe nennen.“

„Chloe.“ Es gefiel ihm, wie ihr Name über seine Lippen rollte. Ihm gefielen sehr viele Dinge an dieser Frau. „Eines werden Sie sich merken müssen: Ich habe einen sehr starken Willen.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Bedeutet das, dass Sie anderen Menschen nicht zuhören?“

„Ich höre immer zu. So kann ich herausfinden, was die Leute wirklich brauchen. In meinem Geschäft wäre es ein Fehler, nicht zuzuhören.“

„Sie haben gesagt, Sie arbeiten im Sicherheitsbereich?“

„Ja, Personenschutz und IT-Sicherheit.“

„Arbeiten Sie allein?“

„Nein, ein Expertenteam arbeitet für mich.“

„Also sind Sie der Oberboss?“

Er fühlte, wie sich ein Grinsen in seinem Gesicht breitmachen wollte. „Na ja, vielleicht nicht der Oberboss. Aber ich bin der Geschäftsführer von Steel Security, also bringen mich Ihre Krankenhausrechnung und Ihr neues Telefon nicht ins Armenhaus.“

Sie blickte ihm direkt in die Augen. Aus der Nähe sah er, dass ihre blassblaue Iris von goldenen Flecken durchzogen war. Sie hatte Augen, die man ziemlich lange betrachten und in denen man ohne Weiteres versinken konnte.

„Ich bringe Sie jetzt nach Hause, damit Sie sich ausruhen können.“

„Und was ist mit Ihnen?“, fragte sie. „Wie kommen Sie nach Hause?“

„Ich nehme ein Taxi. Also, wohin fahren wir?“

Als Chloe ihre Adresse nannte, schossen seine Augenbrauen in die Höhe.

„Midlothian? Dann sind sie aber weit gefahren, um im Lincoln Park zu joggen.“

Sie zuckte mit den Schultern und schaute aus dem Fenster. „Ich mag den Lincoln Park.“

Miles sah sie noch eine Weile an, doch sie blickte weiter aus dem Fenster. Er konnte es nicht länger leugnen. Sie zog ihn auf eine Weise an, die er nicht ignorieren wollte. Aber sie hatte auch etwas an sich, was seinen siebten Sinn in Alarmbereitschaft versetzte und was er nicht genau beschreiben konnte. Abgesehen von seinen persönlichen Gefühlen weckte sie auch den Sicherheitsexperten in ihm.

Miles startete den Motor, parkte rückwärts aus und fuhr in Richtung Midlothian. Um diese Uhrzeit würde die Fahrt etwa vierzig Minuten dauern. Wieder fragte er sich, warum Chloe an diesem Morgen die lange Strecke zum Lincoln Park gefahren war.

Sie wandte sich ihm zu. „Ich bin immer auf der Suche nach Ausflugszielen für meine Klasse. Am liebsten gehe ich mit den Kindern in den Zoo im Lincoln Park. Deshalb war ich heute Morgen dort.“

„Ah, okay. Kein Problem“, sagte er und fragte sich, warum sie klang, als wollte sie sich rechtfertigen.

„Möchten Sie noch einen Kaffee oder vielleicht etwas Kaltes trinken, bevor Sie Ihr Taxi rufen?“, fragte sie ihn und wechselte damit unvermittelt das Thema.

Miles hätte beinahe abgelehnt, doch dann überlegte er es sich anders. „Ja, das wäre schön. Danke. Obwohl, als Sicherheitsexperte müsste ich schon wieder davon abraten.“

Sie lachte. „Von mir haben Sie nichts zu befürchten.“

Sie stiegen aus, und er folgte ihr zum Eingang des kleinen einstöckigen Hauses. Chloe öffnete die Tür, und sie betraten das saubere, ordentlich aufgeräumte Häuschen, das nur mit dem Nötigsten möbliert war. Im Wohnzimmer standen ein Sessel und eine Couch um einen niedrigen Tisch herum, an der Wand war ein Fernseher befestigt. Sie gingen in die Küche, wo Chloe mit einer Hand den Wasserbehälter der Kaffeemaschine füllte und anschließend versuchte, Kaffeepulver in den Filter zu geben.

„Darf ich?“, fragte Miles und trat auf sie zu.

Ihre Hände berührten sich, als sie ihm den Kaffeelöffel übergab. Sein Blick sprang zu ihren Augen. Ihre Pupillen hatten sich geweitet. Diese kleine Veränderung machte ihn neugierig. Er fühlte sich zweifellos zu Chloe hingezogen, und es freute ihn sehr zu sehen, dass sie ähnliche Gefühle zu haben schien. In diesem Moment wusste er, dass er Chloe Fitzgerald von nun an öfter sehen würde.

Chloe lehnte sich gegen die Arbeitsplatte in ihrer Küche und beobachtete, wie Miles Kaffee für sie beide machte.

„Als Ritter in schimmernder Rüstung machen Sie sich wirklich gut“, neckte sie ihn, als die Maschine mit einem letzten Prusten zu verstehen gab, dass der Kaffee fertig war.

Autor

Yvonne Lindsay

Die in Neuseeland geborene Schriftstellerin hat sich schon immer für das geschriebene Wort begeistert. Schon als Dreizehnjährige war sie eine echte Leseratte und blätterte zum ersten Mal fasziniert die Seiten eines Liebesromans um, den ihr eine ältere Nachbarin ausgeliehen hatte. Romantische Geschichten inspirierten Yvonne so sehr, dass sie bereits mit...

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