Der stolze Millionär

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Mutig wagt sich die schöne Journalistin Sophie Armstrong in das Büro des stolzen Millionärs Joshua Lowell. Für einen Artikel über seinen skandalträchtigen Vater stellt sie ihm Fragen – die er leider nicht beantwortet. Natürlich veröffentlicht sie den Artikel trotzdem! Doch plötzlich taucht Joshua bei ihr auf. Wütend, aber so ungeheuer sexy, dass die erotische Anziehung stärker ist als der Zorn! Kann Sophie zwischen heißen Küssen und sinnlichen Umarmungen die Wahrheit über Joshuas Vater und dessen Milliardenbetrug aufdecken?


  • Erscheinungstag 06.07.2021
  • Bandnummer 2193
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503747
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wenn dein Erfolg auf harter Arbeit und Ehrlichkeit beruht, dann brauchst du dich niemals dafür zu entschuldigen.

Im Stillen wiederholte Joshua Lowell diesen Spruch von Frank Sonnenberg, der das Lieblingszitat seines Vaters gewesen war. Dann rieb Joshua sich die Schläfen und stöhnte leise. Hätte sein Vater sich doch nur an seine eigenen Regeln gehalten. Gemessen an diesem Zitat, müsste sein Vater sich für eine Menge Dinge entschuldigen – wo auch immer er gerade stecken mochte.

Erneut blickte Joshua auf die Tabellen auf seinem Schreibtisch, die die Umsätze des Black Crescent Hedgefonds aus einem Investment in eine Telekommunikationsfirma im letzten Monat zusammenfassten. Im Vergleich zum letzten Jahr warf das Investment mittlerweile gute Profite ab, und die Kunden des Hedgefonds durften eine mehr als bescheidene Rendite erwarten. Auch Black Crescent würde natürlich daran verdienen.

Doch im Gegensatz zu seinem Vater hatte Joshua weniger riskante Investitionen getätigt, hatte Geld in Aktien, Anleihen, den Rohstoffmarkt und in Immobilien angelegt. Vernon Lowell war ein Draufgänger gewesen, wenn es ums Geschäft ging, und zunächst war er mit diesen Methoden zu einem der reichsten Männer im Dreistaateneck von New York, New Jersey und Connecticut geworden. Aufgrund seiner Tatkraft und Risikobereitschaft hatte er es geschafft, seine handverlesenen Kunden dazu zu bringen, ihre Investitionen in den Fonds ebenfalls zu erhöhen. So war der Black Crescent Hedgefonds zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten geworden.

Und Vernon Lowells Kunden hatten Millionen verloren. Er hatte sie in den Ruin getrieben.

Das war der Grund dafür, dass Joshua weiterhin seinen eigenen Kurs fuhr, auch wenn seine Kritiker seine Investmentstrategie unflexibel und zu zurückhaltend fanden. Es hingen einfach zu viele Existenzen davon ab, dass Joshua die richtigen finanziellen Entscheidungen traf. Auf keinen Fall wollte er der nächste Lowell sein, der das Vertrauen dieser Menschen missbrauchte. Der sie zugrunde richtete.

Als Vernon Lowell abgetaucht war, war Joshua der Einzige aus der Familie Lowell gewesen, der übrig geblieben war. Sein Vater war verschwunden und hatte nicht nur das Geld seiner Kunden, sondern auch das Vermögen seiner Familie mitgenommen. Obwohl Joshua also am liebsten laut geschrien hätte, wie ungerecht das alles war, obwohl er seiner Trauer darüber, dass er seine eigenen Träume hatte aufgeben müssen, und seiner Scham laut Ausdruck verleihen wollte – er konnte sich keine Schwäche leisten.

Wortwörtlich.

„Josh, hast du mir überhaupt zugehört? Natürlich nicht“, stieß Haley Shaw, seine Sekretärin, aufgebracht hervor. „Vielleicht ignorierst du mich auch einfach, aber du solltest mittlerweile wissen, dass das nichts bringt. Was auch immer du gerade machst, es kann ein paar Minuten warten. Das hier ist wichtig.“ Sie klang eindringlich.

„Nicht jetzt, Haley.“ Joshua hob nicht einmal den Blick von den Tabellen.

„Tut mir wirklich leid, dass ich Sie störe“, vernahm er da eine andere Stimme – kurz angebunden, heiser, aber eindeutig weiblich. Tatsächlich klang die Frau keineswegs so, als täte es ihr leid. „Aber ich fürchte, es muss doch jetzt sein.“

Zu beiden Seiten seines Bildschirms stützten sich Hände mit schlanken, ungeschmückten Fingern auf die Tischplatte. Überrascht konnte Joshua einige Sekunden lang nichts anderes tun, als diese zarten Hände anzuschauen. Die kurzen, unlackierten Fingernägel und die blauen Adern, die sich unter der gebräunten Haut abzeichneten. Warum hatte er plötzlich das seltsame Bedürfnis, die Lippen auf die weiche Stelle direkt an ihrem Handgelenk zu legen und daran zu knabbern?

Verdammt noch mal. Das waren doch bloß Hände!

Doch obwohl er sich selbst im Geiste zurechtrief, ließ er den Blick an den Armen in der weißen Bluse hinauf nach oben zu den schmalen Schultern wandern –zum Teil verdeckt von schimmerndem hellbraunen Haar –, zum eleganten Hals und dem spitzen Kinn, das Sturheit verriet, dann zu ihrem Gesicht, das … Verdammt noch mal …

Bedächtig lehnte Joshua sich in seinem Bürostuhl zurück, darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen. Er zwang sich, den kühlen und beherrschten Gesichtsausdruck aufzusetzen, der seit fünfzehn Jahren seine erste und beste Verteidigungslinie war. Aber in seinem Innern … In seinem Innern tobte die Lust wie ein Hurrikan, fest entschlossen, alles zu zerstören, was ihm in die Quere kam. Im Moment war Joshua ihm hilflos ausgeliefert, und er spürte, wie ihn dieser Sturm bis in die Grundfesten erschütterte.

In ihren dichtbewimperten silbergrauen Augen konnte er brennende Wut lesen, die sie kaum verbergen konnte. Ihre markanten Wangenknochen verliehen ihrem sonst so elfenhaften Gesicht eine entschlossene Stärke. Beim Anblick ihrer Lippen musste Joshua seine Armlehnen packen und sich daran festklammern wie ein Ertrinkender an einem Rettungsring – obwohl er nichts lieber getan hätte, als in dem Ozean zu versinken, den ein Kuss von diesen Lippen eröffnen würde. Er wollte dieser Frau zeigen, wofür ihr Mund gemacht worden war und wie sie beide das schmutzigste Vergnügen miteinander teilen konnten.

Sein wilder Herzschlag trieb ihm das Blut zwischen die Beine, und Joshua konnte an kaum etwas anderes denken als an das Verlangen, das ihn durchströmte.

Seine Reaktion auf diese Fremde, die unangekündigt in sein Büro gestürmt war, verunsicherte ihn. Finster blickte er sie an und verzog die Mundwinkel zu einem höhnischen Lächeln.

Haley seufzte schwer. „Josh, darf ich dir Sophie Armstrong vorstellen?“ Sie klang erschöpft und resigniert.

„Ich kenne keine Sophie Armstrong“, erklärte er seiner Sekretärin, hielt den Blick aber immer noch auf die Frau gerichtet, die vor ihm stand. Vielleicht weil ihm instinktiv klar war, welche Bedrohung sie für ihn darstellte. Eine Bedrohung für seinen Terminplan, für seinen Businessplan … für seine Selbstbeherrschung.

„Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, auf eine meiner E-Mails zu antworten oder ans Telefon zu gehen, dann würde Ihnen der Name vielleicht bekannt vorkommen“, gab sie aufgebracht zurück und hob eine dunkle Augenbraue. „Ich versuche schon lange, Sie zu kontaktieren, Mr. Lowell, und Sie sind jedem meiner Versuche aus dem Weg gegangen.“

Joshua runzelte die Stirn. Es stimmte schon, dass er in letzter Zeit beschäftigter gewesen war als sonst, aber er würde sich daran erinnern, wenn sie ihn angerufen hätte. „Ich gehe niemandem aus dem Weg.“ Nicht einmal dann, wenn er es sich sehnlichst wünschte. „Allerdings weiß ich es nicht zu schätzen, wenn jemand ohne Manieren oder gesunden Menschenverstand in mein Büro platzt, obwohl er weder eingeladen ist noch einen Termin hat. Aber jetzt, da Sie schon mal hier sind: Sie haben dreißig Sekunden – und das sind neunundzwanzig Sekunden mehr, als ich jedem anderen zugestehen würde –, um zu erklären, wovon, zur Hölle, Sie überhaupt sprechen.“

Andere wären bei dem eisigen Zorn in seiner Stimme vielleicht zurückgeschreckt, doch Sophie Armstrong zuckte nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen erwiderte sie seinen Blick genauso eisig. Eine Sekunde lang war Joshua überrascht. Er war nicht arrogant, aber er kannte seine Wirkung auf das weibliche Geschlecht, wobei sein Reichtum ebenso zu seiner Beliebtheit beitrug wie sein gutes Aussehen. Über einen Mangel an weiblicher Aufmerksamkeit konnte er sich bestimmt nicht beklagen. Oder über einen Mangel an Sex.

Doch in den Augen dieser Frau hätte er genauso gut Quasimodo sein können, der eine Pause von seinem Glöcknerjob in Notre Dame einlegte und es sich im Hauptquartier von Black Crescent gemütlich gemacht hatte. Sophie Armstrong machte sich nichts aus ihm und setzte auch ihre eigenen Reize nicht ein, um sich irgendwelche Vorteile zu verschaffen. Nicht, dass das bei Joshua überhaupt funktioniert hätte.

Im Gegenteil, statt charmant und betörend war diese Frau streitlustig und verächtlich.

Und verdammt noch mal, das war viel heißer als jeder Flirtversuch!

Sie griff in ihre Handtasche, holte einen Stapel Papiere heraus und knallte sie auf Joshuas Schreibtisch. „Hiervon spreche ich. Von all den E-Mails, die ich Ihnen geschickt habe. Und ich kann gern mein Handy rausholen und Ihnen die Liste der Anrufe zeigen und alle Nachrichten vorspielen, die ich auf Ihre Mailbox gesprochen habe. Es sind fünfzehn. Und in jeder davon bitte ich Sie freundlich um einen zeitnahen Rückruf. Offensichtlich gab es da ein kleines Missverständnis. Ich verstehe unter ‚zeitnah‘ so viel wie ‚in den nächsten Tagen‘. Vielleicht dachten Sie, ich spreche von Wochen oder Monaten?“

Bevor er es verhindern konnte, musste Joshua schmunzeln. Er sollte sie nicht amüsant finden! Und zeigen sollte er ihr das erst recht nicht.

„Jetzt haben Sie noch fünf Sekunden“, gab er ihr zu verstehen. Mit einer Willenskraft, die er in Jahrzehnten der Verzweiflung, Erniedrigung und des Stolzes gestählt hatte, wandte Joshua den Blick von ihr ab und schaute wieder auf seinen Bildschirm. „Ich schlage vor, dass Sie das Beste daraus machen.“

Tatsächlich stieß sie einen missbilligenden Laut aus, und das Echo dieses Geräuschs drang durch seinen Körper und brachte alle Muskeln dazu, sich vor Erregung anzuspannen. Beinah hätte Joshua laut aufgestöhnt. Im Geiste sah er sie vor sich, wie sie den Kopf in den Nacken warf, ihr Haar auf seinem dunklen Bettlaken ausgebreitet, und wie kleine Schweißperlen an ihrem schlanken Hals hinabrannen.

Verdammt noch mal, er musste diese Frau aus seinem Büro herausbekommen.

„Ich nehme an, Ihr königliches Gehabe imponiert anderen, aber was mich angeht, muss ich Sie enttäuschen. Das zieht bei mir nicht.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, und selbst wenn alle Engel des Himmels hinabgestiegen wären, um Joshua davor zu warnen, seinen niederen Trieben nachzugeben – er hätte trotzdem nicht verhindern können, dass sein Blick auf ihre kleinen Brüste fiel, die sich unter der weißen Bluse abzeichneten. Das Schuldgefühl folgte auf dem Fuße, heiß und heftig. Joshua war nicht wie sein Vater, er begaffte Frauen nicht und behandelte sie nicht wie hübsche Gegenstände, die nur zu seinem Vergnügen da waren. Auch keine Frauen, die ihn zur Weißglut trieben, und das auf mehr als eine Art.

„Ich sage es Ihnen noch einmal – so wie in meinen letzten Nachrichten und E-Mails. Ich werde diese Story schreiben, egal ob mit Ihnen oder ohne Sie. Aber mit Ihnen wäre sie sicherlich besser.“

Story? Welche Story?

Eine ungute Vorahnung beschlich Joshua, machte sich in seiner Brust breit und hinterließ nagende Unsicherheit.

„Ich kann mich nur wiederholen“, erwiderte er, und sein ruhiger Tonfall verriet nichts von der aufkeimenden Panik, die seine Sicht verschwimmen ließ und sich wie ein Schraubstock um seinen Brustkorb legte. „Wovon sprechen Sie?“

„Von dem Jubiläumsartikel über das Fiasko mit dem Black Crescent Hedgefonds, den ich für den Falling Brook Chronicle schreibe. Und im Gegensatz zu allen anderen Artikeln, die über diese Zeit erscheinen, möchte ich in meinem Artikel ein Interview mit dem derzeitigen CEO von Black Crescent.“

Jetzt wurde Joshua wütend, sein Zorn so kristallklar und scharf, dass er damit Glas hätte schneiden können. Verschwinden Sie, wollte er sie anschreien, doch er weigerte sich, dieser Frau zu zeigen, dass sie irgendeine emotionale Reaktion in ihm auslöste. Diese Frau wollte die schlecht verheilten Wunden seiner Vergangenheit wieder aufreißen und einer neugierigen Öffentlichkeit präsentieren. Joshua hatte keine Lust, diesen Albtraum erneut zu durchleben, in dem sein Vater die Konten der Familie plünderte, seine Kunden um Millionen betrog und spurlos mit dem Geld verschwand, während er Joshua, seine Mutter und seine Brüder über die Klinge springen ließ. Das Gefühl der vorwurfsvollen Blicke auf ihm, das nicht ganz so leise Flüstern, das ihnen auf Schritt und Tritt folgte. Das erdrückende Schuldgefühl darüber, dass zehn Familien ruiniert und mittellos zurückgeblieben waren, weil sein Vater so gehandelt hatte. Der qualvolle Schmerz bei dem Gedanken daran, dass sein Vater, der Mann, der ihn geliebt und großgezogen hatte, den Joshua respektiert hatte, ihn einfach im Stich gelassen hatte.

Diese Frau hatte ja keine Ahnung, wie schwer diese Schuld und diese Verantwortung auf ihm lasteten. Wie sehr sie ihn manchmal erdrückten. Wie sehr es ihm in Fleisch und Blut übergegangen war, mit diesen Gefühlen umzugehen. Als sein Vater verschwunden war, hatte er niemanden gehabt, auf den er sich verlassen konnte, während er versuchte, den geschädigten Familien ihr Geld zurückzuzahlen, damit sie ihn nicht verklagten und er auch noch das wenige verlor, das sein Vater ihm gelassen hatte. Als seine Mutter sich aus dem öffentlichen Leben von Falling Brook in New Jersey zurückgezogen hatte. Als sein Zwillingsbruder Jake nach Europa geflüchtet war, um seine Sorgen beim Backpacking zu vergessen. Als sein jüngster Bruder Oliver das College geschmissen hatte, um stattdessen jede Nacht eine andere Frau abzuschleppen, und eine Kokainsucht entwickelt hatte.

Joshua hatte die beste Ausbildung genossen – auf Drängen seines Vaters hatte er an seinem Elite-College natürlich auch Wirtschaftskurse besucht –, aber nichts hätte ihn auf diese Einsamkeit, den Schmerz und die Angst vorbereiten können, die es mit sich brachte, wenn man nicht nur für die eigene Familie, sondern auch noch für das Schicksal von zehn weiteren verantwortlich war. Bereits in jungen Jahren hatte er die schwere Entscheidung treffen müssen, seine eigenen Träume zu begraben, um die der anderen doch noch zu erfüllen.

Er war schnell erwachsen geworden. Zu schnell.

Und, verdammt noch mal, einen Artikel über seine Vergangenheit, geschrieben von einer ehrgeizigen Journalistin – ganz egal, ob diese Journalistin das Gesicht einer Elfenkönigin und den Körper eines Victoria’s-Secret-Models hatte –, konnte Joshua jetzt garantiert nicht gebrauchen. Er wollte nicht wieder an diese düsteren, verzweifelten Zeiten zurückdenken, in denen jeder Atemzug von Angst durchtränkt gewesen war.

Also sagte er: „Nein.“

Eines musste er ihr lassen: Bei dieser unverblümten Antwort zuckte sie nicht zusammen.

Stattdessen neigte sie den Kopf zur Seite, wobei ihr karamellbraunes Haar über ihre Schultern fiel, und betrachtete Joshua nachdenklich, als sei er ein Problem, das es zu lösen galt. Oder ein Gegner, den sie zu Boden ringen musste.

„Ich kann verstehen, warum Sie vielleicht anfänglich zögern, mit mir zu sprechen …“

„Oh, das können Sie verstehen, ja?“, unterbrach Joshua sie, wobei es ihm nicht gelang, den schneidenden Ton in seiner Stimme zu unterdrücken. Im Stillen fluchte er, weil er damit schon zu viel über sich verraten hatte. In den letzten fünfzehn Jahren hatte er gelernt, dass er es sich nicht leisten konnte, auch nur den Hauch einer Charakterschwäche zu zeigen, wenn er nicht wollte, dass man ihm vorwarf, er sei genau wie sein Vater. Anderen Leuten wurden Fehler verziehen, doch ihm begegnete man nicht mit derselben Höflichkeit. Die Fehltritte anderer waren privat, doch sobald Joshua einen Fehler machte, ließen sich sämtliche Print- und Onlinemedien darüber aus. Auch ihre Zeitung. „Also gab es in Ihrem Leben auch ein – wie haben Sie das ausgedrückt? – Fiasko, über das jede Zeitung im ganzen Land berichtet hat? Auch der Falling Brook Chronicle? In dem, wenn ich mich recht erinnere, einer der beißendsten und kritischsten Artikel erschien? Na gut“, fuhr er fort, ohne ihr eine Gelegenheit zur Antwort zu geben, „da Sie das ja erlebt haben, können Sie sicherlich verstehen, warum ich dieses Gespräch hier und jetzt beende.“

„Ich habe die Artikel im Falling Brook Chronicle gelesen, und Sie haben recht. Die Berichterstattung war … sehr einseitig“, gab sie zu. In der kurzen Stille, die darauf folgte, konnte Joshua beinah hören, wie sie dachte: Aber wer will den Journalisten das verübeln? „Aber ich bin nicht wie diese Reporter. Sie kennen mich nicht, aber ich habe einen Masterabschluss in Journalismus von der Northwestern University. Während meines Studiums habe ich mich in einem Projekt engagiert, das dabei geholfen hat, einen unschuldig verurteilten Mann von einer lebenslangen Gefängnisstrafe freizusprechen. Außerdem habe ich eine Reihe von Preisen für meine Artikel und Reportagen gewonnen. Tatsächlich würde ich für den Artikel über Black Crescent gern eine andere Perspektive einnehmen und über Ihre Aktivitäten als Künstler berichten. Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass Sie früher ein sehr talentierter Künstler …“

„Das reicht“, stieß Joshua zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, erhob sich und stützte die Hände auf die Tischplatte.

Verdammt noch mal. Der Schmerz saß in seiner Brust wie Glassplitter und flammte immer wieder neu auf.

Es war bestimmt fünfzehn Jahre her, dass ihn irgendjemand einen Künstler genannt hatte. Und genauso lange hatte er keinen Pinsel und keine Kamera mehr angerührt. Damals hatte er sich auf große Collagen spezialisiert – Werke, die auf Kriege, humanitäre Missstände und Menschenrechte aufmerksam machten. Er hatte sein Herz und seine Seele in diese Bilder gesteckt, hatte die Zeit vergessen und an nichts anderes mehr gedacht als an Fotografien, Ölfarben und alle anderen Werkstoffe, die den Gefühlen in seinem Inneren Ausdruck verleihen konnten: Metall, Zeitungen, Bücher, sogar Kleidungsstücke. Aber nachdem sein Vater verschwunden war, hatte Joshua solche kindischen Hobbys aufgegeben. So hatte Vernon seine Malerei zumindest immer genannt – ein kindisches Hobby.

Es war, als hätte er ein Stück seiner Seele amputiert. Und jetzt unterdrückte er seinen Zorn und seine Trauer, statt sie in seiner Kunst zu verarbeiten. Wenn er sie nicht länger unterdrücken konnte, dann machte er sich seine Wut zunutze, um Black Crescent voranzutreiben, noch erfolgreicher und noch profitabler zu machen. Oder er ließ sie an einem Boxsack im Fitnessstudio aus.

In der ganzen Katastrophe um den Black Crescent Fonds hatte Joshua vieles opfern müssen – seine Künstlerkarriere, seine Beziehung zu seinen Brüdern und seiner Mutter. Zurückgeblieben waren eine Menge Scham und Schuldgefühle und ein ruiniertes Familienunternehmen. Aber dafür hatte er sich nun einmal entschieden.

Alles, was ihm inmitten der verstreuten Asche dieser Katastrophe Halt gegeben hatte, waren die Bruchstücke seines Stolzes darüber gewesen, dass er die Stärke und das Rückgrat gehabt hatte, diese schweren Entscheidungen zu treffen.

Und jetzt wollte Sophie Armstrong ihm auch noch dieses letztes bisschen Würde nehmen.

Das würde sie aber nicht bekommen.

„Mr. Lowell …“, begann sie, doch Joshua schnitt ihr wieder das Wort ab.

„Ich bin sehr beschäftigt, und Sie haben schon weit mehr Zeit bekommen als die dreißig Sekunden, die ich Ihnen zugestanden habe. Sie müssen jetzt gehen“, befahl er, obwohl er wusste, dass seine Mutter die Lippen spitzen würde, wenn sie hören könnte, wie unhöflich er gerade war. Nicht, dass ihm das etwas ausmachen würde. Nicht wenn diese Frau hier vor ihm die Frechheit besaß, in einem Teil seines Lebens herumzuwühlen, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war.

„Schön, dann gehe ich.“ Scheinbar gab sie nach, doch ihr Tonfall klang überhaupt nicht nachgiebig. Sie straffte die Schultern und reckte das Kinn. Obwohl sie mindestens dreißig Zentimeter kleiner war als Joshua, gelang es ihr trotzdem, ihn mit Blicken niederzustarren. „Sie können versuchen, die Vergangenheit auszulöschen, aber einige Dinge lassen sich nicht totschweigen, egal, wie sehr Sie auch versuchen, sie unter den Teppich zu kehren. Die Wahrheit kommt immer ans Licht.“

„Besonders wenn gewisse Journalisten nach Dreck graben, den sie in reißerische Schlagzeilen packen können, um ihre Verkaufszahlen zu steigern“, höhnte er.

Wütend presste sie die Lippen zusammen und funkelte ihn an. Joshua wartete unbeweglich ab, während sein Herz heftig gegen seinen Brustkorb schlug und die Anspannung sich in ihm ausbreitete.

Es war Jahr her, seit irgendjemand ihn herausgefordert hatte. Schließlich hatte er bewiesen, dass er der Sohn seines Vaters war – in finanziellen Dingen und was Rücksichtslosigkeit anging, wenn es denn sein musste. Aber Sophie Armstrong … Sie hatte die Gerüchte offenbar noch nicht gehört, denn sie starrte ihn mit hochroten Wangen an, als wollte sie ihm selbst jetzt noch am liebsten an die Kehle springen. War es anormal, dass ein Teil von ihm sich wünschte, sie würde es tun? Dass er spüren wollte, wie dieser kleine und doch so starke Körper sich gegen seinen drängte, während diese zarten und doch so fähigen Finger sich um seinen Hals legten, Druck ausübten, ihm den Atem nahmen, während er mit seinen Küssen dasselbe bei ihr versuchte?

Vielleicht war das ein bisschen ungewöhnlich. Aber auf jeden Fall verdammt schmutzig.

Und trotzdem … nur allzu lebhaft konnte Joshua sich vorstellen, wie ihr Griff fester wurde. Er wollte es. Brauchte es.

Allerdings nicht so sehr, dass er dafür seine alten, kaum verheilten Wunden aufreißen lassen würde, nur damit sie endlich ihre Schlagzeile bekam.

„Vielen Dank für Ihre Zeit, Mr. Lowell“, sagte sie schließlich, und über ihren Rückzug war Joshua etwas enttäuscht.

Verdammt noch mal, was stimmte denn nicht mit ihm? Er wollte doch, dass sie keinen Blödsinn über ihn als verkannten Künstler erzählte, sondern endlich sein Büro verließ.

Auf ihren langweiligen Absatzschuhen wirbelte sie herum und stolzierte zur Tür. Ohne einen Blick zurück ging sie. Beinah erwartete Joshua, dass sie die Tür hinter sich zuknallte, doch das leise Klicken klang weitaus bedrohlicher.

Wie ein ernsthafter Warnschuss vor seinen Bug.

2. KAPITEL

Der Skandal um Black Crescent: fünfzehn Jahre danach.

Joshua schloss die Finger so fest um die Montagsausgabe des Falling Brook Chronicle, dass er die Zeitung beinahe in Stücke riss. Sie hatte es getan. Sophie Armstrong hatte die Story veröffentlicht, hatte die schmutzigen Details und alle hässlichen Geschichten über seine Familie auf die Titelseite gebracht, als Futter für die hungrige Öffentlichkeit, die immer nach Skandalen lechzte.

Er blickte auf und starrte durch die Windschutzscheibe seines Mercedes auf das Gebäude, in dem Black Crescent seinen Firmensitz hatte. Er kannte jede Brüstung, jeden Winkel, jeden steinernen Zentimeter dieses modernen Baus, der gegen Ende der Fünfzigerjahre direkt in die Klippen gebaut worden war. Sein Vater hatte gewollt, dass der Firmensitz sich von der eher traditionellen Architektur im restlichen Falling Brook abhob, und das hatte er auch erreicht. Das Gebäude war genauso berühmt – oder berüchtigt – wie sein Besitzer.

Und mit seinem schlechten Ruf hatte Joshua es auf die Titelseite der Zeitung geschafft. Mal wieder.

Er hatte den Artikel bereits zweimal gelesen, überflog ihn aber trotzdem ein weiteres Mal. Erzählt wurde die Geschichte vom kometenhaften Aufstieg seines Vaters in der Finanzbranche, von seinem scheinbar perfekten Leben – die Hochzeit mit Eve Evans-Janson, der wohlerzogenen Tochter aus gutem Hause, deren Beziehungen Vernons Position als inoffizieller Herrscher über Falling Brook nur noch stärkten, seine drei Söhne, die eine gute Ausbildung an den besten Colleges erhalten und einen so vielversprechenden Karrierestart hingelegt hatten, der riesige Erfolg seines Unternehmens. Und dann – sein monumentaler Sturz. Millionen Dollar, die plötzlich aus dem Hedgefonds verschwanden. Der Tod seines besten Freundes Everett Reardon, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, als er versuchte, sich einer Verhaftung zu entziehen. Vernon Lowells Verschwinden.

Die zehn Familien, die Joshuas Vater bestohlen hatte, durchlebten einen Albtraum aus Insolvenz und Armut. Die Firma – oder genau genommen, Joshua selbst – erklärte sich bereit, das Vermögen der Kunden zurückzuzahlen, um eine Klage abzuwenden. Doch einige der Familien hatten sich noch immer nicht von Vernons egoistischen, unverzeihlichen Verbrechen erholt.

Als Nächstes behandelte der Artikel Joshua selbst.

Ihn, den Künstler, der als CEO in die Fußstapfen seines Vaters getreten war, um den Black Crescent Hedgefonds zu retten. Es wurde dargestellt, wie Joshua seine vielversprechende Karriere als Künstler aufgegeben hatte, um das Unternehmen vor dem Ruin zu bewahren, aber es wurde auch behauptet, er sei Vernons Schoßhündchen gewesen, von Geburt an dazu bestimmt und erzogen, sein Nachfolger zu werden. Und das war absoluter Mist. Früher hatte Joshua selbst bestimmt, welchen Weg er gehen wollte. Früher.

Im Artikel stand außerdem, dass man seit fünfzehn Jahren nichts mehr von Vernon Lowell gehört hatte, doch es ging das Gerücht, dass Vernon immer noch im Hintergrund die Fäden zog und Black Crescent leitete. Joshua fand das einfach nur lächerlich. Nachdem sein Vater verschwunden war, hatte seine Mutter mehrere Privatdetektive angeheuert, um ihn zu finden, und selbst das FBI war hinter ihm her gewesen.

Verdammt.

Joshua biss die Zähne zusammen, um ein frustriertes Stöhnen zu unterdrücken. Was musste er noch tun, um seinen Ruf wiederherzustellen? Was musste er noch alles opfern? Er war geblieben, hatte das Urteil, die Verachtung und das Misstrauen der Öffentlichkeit auf sich genommen, um die Firma wieder aufzubauen und wenigstens einen Teil des Geldes zu verdienen, das sein Vater gestohlen hatte. Er war geblieben und hatte in den letzten fünfzehn Jahren sein Bestes getan, um sein Versprechen zu erfüllen und den geschädigten Kunden ihr Geld zurückzuzahlen. Er war geblieben und hatte den Spott und die Verachtung seiner Brüder erduldet, die sich darüber lustig machten, dass er Daddys guter Junge war und in die Fußstapfen ihres Vaters trat. Er war geblieben und hatte sich um seine Mutter gekümmert, die sich in ihr Schneckenhaus zurückgezogen hatte.

Er war geblieben, obwohl er nichts lieber getan hätte, als alles aufzugeben und genau wie seine Brüder die Flucht zu ergreifen.

Aber er hatte sich nicht nach Europa abgesetzt oder süßes Vergessen in Drogen und Partys gesucht. Sein Stolz und seine Treue hatten ihn an Falling Brook gefesselt. Ohne Vater. Ohne Brüder. Ohne Freunde.

Und jetzt wagte diese Sophie Armstrong anzudeuten, er hätte all diese Jahre nicht bis zum Umfallen geschuftet? Dass sein Vater die ganze Vorarbeit geleistet hatte?

Ein Teil von ihm hoffte, was er sich niemals einzugestehen gewagt hätte. Dass Vernon mittlerweile tot war. Wenn er nur daran dachte, spürte er, wie sich heiße Scham in ihm ausbreitete. Aber es war die Wahrheit. Joshua hoffte, dass sein Vater nicht mehr am Leben war, denn wenn Vernon noch lebte … dann bedeutete das, dass er die Konten geplündert und seine Familie im Stich gelassen hatte, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Wenn Vernon nicht tot war, bedeutete das, dass der Mann, den Joshua sein Leben lang bewundert und geliebt hatte, niemals wirklich existiert hatte. Und nach allem, was Joshua in den letzten Jahren ertragen hatte, wäre das zu viel für ihn.

Autor

Naima Simone
<p>Bestsellerautorin Naima Simone entdeckte ihre Liebe zu romantischen Geschichten beim Schmökern von Harlequin-Büchern, die sie ihrer Großmutter stibitzte. Inzwischen verbringt sie ihre Tage mit dem Schreiben humorvoller Liebesromane. Im wirklichen Leben ist sie mit ihrem persönlichen Superhelden verheiratet und Mutter zweier Kinder. Die Familie lebt – trotz aller Herausforderungen des...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Seven Sexy Sins