Ein Königreich für deine Liebe

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Seit Jahrhunderten herrscht die mächtige Dynastie der Rinaldis über ein malerisches Inselreich im Mittelmeer. Jetzt muss der betagte König abdanken. Doch wer tritt das Erbe der Rinaldis an? Intrigen, Leidenschaft und zehn unumstößliche Regeln werden für jeden Thronanwärter zu einer persönlichen Herausforderung. Die Suche beginnt ...

Prinzessin Isabella ist hinreißend schön, bei jeder glamourösen Veranstaltung umschwärmter Mittelpunkt - und somit für Domenic Vincini genau die Falsche! Denn der erfolgreiche Geschäftsmann ist nicht nur überzeugter Gegner des Königshauses, sondern meidet nach einem schweren Unfall auch die Öffentlichkeit. Aber nach einer leidenschaftlichen Nacht mit der Prinzessin erkennt Domenic: Die Liebe geht ihre eigenen Wege ...

Der vierte Teil der großen Königssaga!


  • Erscheinungstag 12.10.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733769765
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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Königliche Gesetze des Hauses Rinaldi

I .

Der Herrscher von San Rinaldi gilt seinem Volk als Vorbild und bürgt für tugendhaftes Verhalten . Wer die Monarchie durch unmoralisches Verhalten in Verruf bringt, ist von der Thronfolge ausgeschlossen .

II.

Kein Mitglied der Königsfamilie darf ohne Zustimmung des Regenten heiraten.

III.

Jede Eheschließung, die den Interessen von San Rinaldi entgegen steht, ist verboten. Jeder Verstoß gegen diese Vorschrift führt zum unmittelbaren Ausschluss aus der Thronfolge sowie zur Aberkennung sämtlicher Ehren und Privilegien.

IV.

Kein Herrscher von San Rinaldi darf eine geschiedene Frau heiraten.

V.

Zwischen blutsverwandten Mitgliedern des Königshauses darf keine Ehe geschlossen werden.

VI.

Der Unterricht aller Familienmitglieder wird durch den König geregelt. Die Eltern haben für die Umsetzung der Anweisungen zu sorgen.

VII.

Kein Mitglied des Königshauses darf sich verschulden.

VIII.

Kein Mitglied der Königsfamilie darf ohne Einwilligung des Königs finanzielle Zuwendungen oder Erbschaften annehmen.

IX.

Der Herrscher von San Rinaldi muss sein Leben seinem Land widmen und darf daher während seiner Regentschaft keinen eigenen Beruf ausüben.

X.

Die Mitglieder des Königshauses müssen ihren Wohnsitz auf San Rinaldi haben. Im Einzelfall kann der König gestatten, dass ein Familienmitglied in ein anderes Land zieht. Der Herrscher selbst muss jedoch im Palast auf San Rinaldi leben.

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Das Königshaus Rinaldi

Eine der reichsten königlichen Familien der Welt – vereint durch Blut und Leidenschaft, zerrissen durch Verrat und Begierde, unterworfen den strengen Regeln der Rinaldis

Aus blauen Fluten, umweht vom Duft der Zitronen- und Orangenbäumen, ragt majestätisch eine Insel empor: San Rinaldi, die Perle des Mittelmeers. Gesegnet mit einzigartig schöner Natur, üppiger Vegetation und reichen Ernten, wird das idyllische Eiland seit vielen Jahren von König Giorgio aus dem Geschlecht der Fierezzas beherrscht. Schon seit dem Mittelalter lenkt seine Familie die Geschicke der Insel, machte sie zu einem florierenden Handelsplatz und gelangte so zu unermesslichem Reichtum – Reichtum, der zu allen Zeiten zu Neid, Intrigen, Verrat und Auseinandersetzungen führte.

Auseinandersetzungen und Probleme stehen auch König Giorgio ins Haus. Besorgt beobachtet man im Palast von San Rinaldi, dass es dem neunzigjährigen Monarchen gesundheitlich immer schlechter geht.

Doch wer soll nach dem tragischen Tod der beiden Kronprinzen das Erbe der Rinaldis antreten?

König Giorgio muss seine Wahl treffen unter den Prinzen und Prinzessinnen der Dynastie. Kein leichtes Unterfangen! Denn wer den Thron von San Rinaldi besteigen und über das blühende Inselreich herrschen will, muss sich entscheiden, ob er sich den strengen Gesetzen des Hauses Rinaldi unterwirft – oder der Stimme seines Herzens folgt und statt der Krone die Liebe wählt ...

1. KAPITEL

Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Isabella von San Rinaldi runzelte leicht die Stirn. Dort hinten, in der rechten Ecke des Konferenzzimmers, blitzte ein Objektiv auf. Offenbar war eine in der Wandtäfelung versteckte Kamera auf sie gerichtet. Dass sie ausgerechnet hier beobachtet wurde, gefiel der Prinzessin nicht. Überhaupt nicht.

Unwillkürlich drückte sie den Rücken durch. Dann zwang sie sich zu einer unbeteiligten Miene. Schließlich war sie daran gewöhnt, auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Sobald sie den Palast ihrer Familie verließ, hoben Fotografen ihre Kameras. Selbst wenn Isabella sich ungestört glaubte, beäugten Paparazzi sie nur allzu oft durch ihre Teleobjektive.

Natürlich gab es auch in den Gemächern des Königspalasts ein ausgefeiltes Sicherheitssystem. Trotzdem störte diese Kamera in Domenic Vincinis Konferenzzimmer Isabella. Unauffällig drehte sie das schmale Platinband an ihrem Handgelenk, bis sie die Zeit von der diamantbesetzten Armbanduhr ablesen konnte.

Wie lange sollte sie denn noch darauf warten, dass Signor Vincini sie gnädigerweise empfing? Fünf Minuten? Zehn? Wenn sie zu lange wartete, wirkte es womöglich verzweifelt. Wahrscheinlich wäre es das Beste, jetzt sofort aufzustehen und zu gehen.

Vielleicht war es für solche Überlegungen aber schon längst zu spät. Hatte sie einen Fehler gemacht, indem sie überhaupt auf dieses Treffen gedrängt hatte? Luca würde bestimmt wieder sagen, dass sie die Karten zu früh auf den Tisch gelegt hatte.

Trotzdem, sie wollte dieses Geschäft unbedingt abschließen. Es war ungeheuer wichtig für sie. Und für San Rinaldi.

Schon seit zwei Jahren versuchte Isabella behutsam, Kontakt zur Vincini-Hotelkette aufzunehmen. Vor neun Monaten hatte sie dann schließlich begonnen, die Verhandlungen gezielt voranzutreiben.

In dieser ganzen Zeit war es ihr jedoch kein einziges Mal gelungen, Signor Vincini persönlich zu treffen. Das war umso bedauerlicher, da er in der Vincini-Gruppe das Sagen hatte und letztlich sämtliche Entscheidungen traf.

Isabellas Berater waren der Ansicht, dass Domenic Vincini ein eiskalter Geschäftsmann war. Für ihn zählte nur, was unter dem Strich bei einer Sache herauskam. Alles andere war ihm völlig gleichgültig. In den letzten Jahren hatte er seine neuen Projekte nicht einmal mehr persönlich besichtigt. Und auch in seinen zahlreichen Hotels rings um das Mittelmeer ließ er sich nicht mehr blicken. Trotzdem war er stets auf dem Laufenden.

Daheim in San Rinaldi hatte Isabella diese Schilderungen für übertrieben gehalten. Das Projekt, das sie Signor Vincini vorschlagen wollte, konnte ihn unmöglich kaltlassen. Doch was, wenn sie sich irrte? In diesem Fall wäre ihre Charmeoffensive nutzlos, wenn nicht sogar schädlich.

Halt! Isabella schob entschlossen jeden Gedanken an einen Fehlschlag beiseite. Zu viel hing von dieser Sache ab, nicht zuletzt ihre eigene Zukunft auf San Rinaldi.

Ungeduldig blickte sie abermals auf die Armbanduhr. Fünf Minuten gab sie ihm noch, bevor sie …

„Königliche Hoheit?“

Isabella drehte sich zu dem jungen Mann um, der sie vor ungefähr zwanzig Minuten empfangen hatte. Er stand an der offenen Tür und wirkte verunsichert.

„Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Königliche Hoheit?“

„Nein danke“, erwiderte sie lächelnd und übersah geflissentlich, dass er nicht nur unsicher war, sondern sogar rot wurde.

Warum reagierten Männer in ihrer Nähe immer so? Bewusst hatte Isabella ihre Kleidung so ausgewählt, dass sie eben nicht wie ein elegantes Model aussah, sondern wie eine Geschäftsfrau. Was sollte sie denn noch machen? Wahrscheinlich würde es nicht einmal helfen, wenn sie sich ein völlig formloses Gewand umhängte und ungeschminkt erschien.

„Signor Vincini schlägt vor, dass … dass ich …“ Er räusperte sich nervös. „Ich soll mich um Sie kümmern, damit Sie nicht länger warten müssen.“

Sie blickte flüchtig zur Überwachungskamera. Sah Domenic Vincini jetzt zu? Isabella war sich dessen ziemlich sicher. Schließlich hielt der Mann gern alle Fäden in der Hand. „Ich ziehe es vor, zu warten.“

„Ich soll Ihnen ausrichten, dass Signor Vincini auf unbestimmte Zeit verhindert ist. Er lässt sich entschuldigen und …“

„Dann warte ich eben auf unbestimmte Zeit“, fiel sie dem Assistenten energisch ins Wort. Er tat ihr zwar fast leid, als er krampfhaft schluckte. Aber eben nur fast. Sie durfte einfach nicht nachgeben. Das konnte sie sich nicht leisten.

Es war ihr gleichgültig, was dieser junge Mann von ihr hielt. Die uralte Fehde zwischen den Bewohnern von San Rinaldi und Mont Avellana waren für einen Außenstehenden nur schwer verständlich. Deshalb hatte es auch gar keinen Sinn, Signor Vincinis Assistent ihr Problem zu schildern. Er würde es doch nicht begreifen.

Wer nicht auf einer der beiden Inseln aufgewachsen war, verstand das gegenseitige Misstrauen der Menschen nicht. Die Feindseligkeiten zwischen den beiden Gruppen hatten sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter gesteigert und bestimmten inzwischen den Alltag der Inselbewohner.

Doch diesem unerträglichen Zustand sollte bald ein Ende gesetzt werden. Dafür würde Isabella mit aller Kraft kämpfen.

Betont gelassen griff Isabella nach ihrem Aktenkoffer, legte ihn auf den Tisch und klappte den Deckel hoch. Dann wandte sie sich freundlich, aber bestimmt an den jungen Mann: „Vielleicht könnte ich doch ein Glas Wasser haben, bitte.“

„Was willst du?“, fragte Domenic Vincini gereizt, als sich seine Halbschwester auf die Kante seines Schreibtisches setzte.

„Ich möchte mit dir reden“, erwiderte Silvana gelassen.

„Ich bin beschäftigt“, sagte er abwehrend und ordnete die Papiere, die sie achtlos verschoben hatte.

„Das bist du immer.“ Sie griff nach dem Brieföffner, ließ die Finger darübergleiten und tippte gegen die Spitze. Domenic ärgerte sich immer, wenn sie etwas auf seinem Schreibtisch veränderte. „Du weißt selbst, dass du diese Frau nicht endlos warten lassen kannst. Offenbar wird sie sich nicht zurückziehen, solange sie nicht mit dir gesprochen hat. Warum willst du also das Unvermeidliche noch weiter hinauszögern?“

„Diese Frau ist zufällig Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Isabella von San Rinaldi“, entgegnete er und richtete den Blick auf den Bildschirm des Überwachungssystems. „Und es war ihre Entscheidung, hier unangekündigt aufzutauchen.“

Sie lächelte amüsiert. „Du hättest ihr keinen Termin gegeben, hätte sie darum gebeten, oder?“

„Wozu denn?“ Domenic lehnte sich zurück und musterte seine Halbschwester. „Das wäre völlig überflüssig. Eduardo kann sie über alles informieren, was sie wissen möchte.“

„Sie will aber mit dir sprechen“, hielt Silvana ihm vor.

„Selbst eine Prinzessin aus San Rinaldi hat bestimmt schon einmal im Leben eine Enttäuschung erlebt“, bemerkte er spöttisch.

Was hatte diese Prinzessin aus San Rinaldi eigentlich an sich, dass jeder in seiner Umgebung ihretwegen alles stehen und liegen ließ? Domenic rieb sich müde die Augen. Als ob er die Antwort nicht wüsste! Bei Isabellas Lächeln überschlugen sich die Paparazzi nahezu, und die stärksten Männer wurden schwach.

„Kannst du nicht wie jeder normale Mensch auf einem Stuhl sitzen?“, fuhr er seine Schwester an.

„Nein, weil du mich dann ignorieren würdest“, entgegnete Silvana ungerührt. „Wenn ich hier sitze, beachtest du mich wenigstens.“ Sie legte den Brieföffner zurück und musterte ihren Bruder. „Du müsstest nur zehn Minuten deiner kostbaren Zeit opfern. Du willst doch auf San Rinaldi bauen, oder etwa nicht?“

„Ich bin daran interessiert“, räumte er vorsichtig ein.

„Man bietet dir neuntausend Morgen Land mit einer Strandlänge von sechzig Kilometern an.“ Silvana schüttelte verständnislos den Kopf. „Das ist nicht irgendein Angebot, sondern eine fantastische Gelegenheit für dich.“

„Es ist eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen kann.“

„Es ist weit mehr, und du weißt das sehr gut. Du selbst hast schon vor Jahren gesagt, dass du dir genau das wünschst. Es war immer dein Lieblingsprojekt.“

Ich will etwas auf die Beine stellen, das mit der Costa

Smeralda konkurrieren kann … oh ja, er erinnerte sich deutlich.

„Dieses Angebot übertrifft alles“, setzte seine Schwester hinzu. „Das Projekt würde auf San Rinaldi realisiert. Als wir vor zwölf Jahren zum ersten Mal über eine luxuriöse Erholungsanlage für Superreiche nachdachten, war San Rinaldi bereits im Gespräch. Damals war es einfach ausgeschlossen. Domenic, jetzt kannst du den Traum verwirklichen! Etwas Besseres findest du nicht.“ Seine Halbschwester unterstrich ihre Worte mit lebhaften Gesten. Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung. „Luca Fierezzas Kasino lockt die Gäste an, die wir brauchen. Dazu kommt die renommierte Oper. Und der Umstand, dass San Rinaldi noch immer eine Monarchie ist, verleiht dem Ganzen einen gewissen Charme. Genau darüber hast du mit Jolanda gesprochen.“

Allerdings, aber er hatte damals das Projekt auf Mont Avellana geplant. „Ich ziehe es in Betracht“, erwiderte er ausweichend.

„Du lässt es dir durch die Lappen gehen“, hielt Silvana ihm vor, „und das verstehe ich nicht. Wenn wir nicht bald zugreifen und unsere Chance nutzen, wird sich Prinzessin Isabella anderswo umsehen.“

„Das ist ihr gutes Recht“, meinte Domenic lässig. Frustriert ballte Silvana die Hände zu Fäusten und stieß einen nur mühsam gedämpften Schrei aus. „Bei diesem Geschäft geht es um Millionen, nein, um Milliarden!“

„Es wird Milliarden kosten“, sagte er trocken.

„Das hast du von Anfang an gewusst!“

Auch das stimmte. Doch nun war die Rede von San Rinaldi. Es gab zahlreiche Gründe, die dafür sprachen, Land auf der seiner Heimatinsel Mont Avellana benachbarten und größeren Insel zu kaufen. Genauso viele Gründe sprachen dagegen.

„Was hat sich denn geändert?“, fragte Silvana herausfordernd. „Es ist ja nicht so, als wolltest du nun doch aus heiterem Himmel Land auf Mont Avellana erschließen.“

Domenic griff nach dem goldenen Füllfederhalter und drehte ihn zwischen den schlanken Fingern. Wenn jemand die Insel, auf der er zur Welt gekommen war, auch nur erwähnte, tauchten in seiner Erinnerungen zahlreiche Bilder auf. Grauenhafte Bilder. Es versetzte ihm einen Stich. Nach all den Jahren schmerzte es noch immer.

Silvana biss sich auf die Unterlippe. „Entschuldige bitte“, sagte sie leise.

„Schon gut“, wehrte er rau ab. Gut? Wie konnte er das sagen angesichts seiner traumatischen Erfahrungen? Als wäre es gestern gewesen, sah er die Flammen durchs Dach schlagen, hörte die Schreie und spürte dasselbe Brennen in seiner Kehle.

Ja, er roch die Feuersbrunst. Dieser Geruch hing in der Luft, an seiner Kleidung und in seinem Haar. Domenic wurde ihn nicht mehr los.

Er atmete tief durch. Nach vier Jahren sollte er eigentlich mit dieser Tragödie umgehen können. Er hätte eine Möglichkeit finden sollen, die Dinge in den Griff zu bekommen und

„Das hätte ich nicht sagen sollen“, gestand Silvana. „Es tut mir aufrichtig leid. Das war unüberlegt von mir.“

Praktisch denken, befahl er sich. Die Zeit hatte ihn gelehrt, sich auf die Tatsachen zu konzentrieren und seine Gefühle in den Hintergrund zu drängen. Tatsache blieb, dass Mont Avellana niemals die Reichen und Berühmten der Welt von der Costa Smeralda auf Sardinien, von Sizilien oder von der sich rasch entwickelnden Insel San Rinaldi weglocken konnte. Mont Avellana besaß zwar weiße Sandstrände, hatte jedoch ansonsten nicht viel zu bieten.

Domenic warf seiner Schwester einen prüfenden Blick zu. „Nimmst du mir übel, dass ich bis heute nichts aus dem Palazzo gemacht habe?“, erkundigte er sich.

„Natürlich nicht“, wehrte sie ab, tat es allerdings eine Spur zu hastig, um glaubhaft zu klingen. „Es war deine Entscheidung“, versicherte sie ihm, stand vom Schreibtisch auf und ging zum Wasserspender. „Was du für richtig hältst, ist auch mir recht.“

Schweigend sah er zu, wie sie einen Becher mit eisgekühltem Wasser füllte.

Seine Entscheidung … wenn es tatsächlich so war, wieso kam ihm dann der leere Palazzo auf seiner Heimatinsel wie ein stummer steinerner Vorwurf vor?

„Willst du auch?“, fragte Silvana und hielt ihm den Becher hin.

Domenic winkte ab. „Mont Avellana hat keine Infrastruktur, die für …“

„Ich weiß“, fiel sie ihm ins Wort. „Nichts funktioniert richtig. In dem Punkt gebe ich dir völlig recht. Mont Avellana ist für das Projekt ungeeignet.“

Er wartete stumm ab, was noch kommen würde. Und er fürchtete, wieder und wieder an seinen großen Verlust erinnert zu werden. Silvana kannte in diesem Punkt keine Zurückhaltung, obwohl sie bei ihm gewesen war, als sein Leben von der Katastrophe zerstört worden war.

„Jolanda hätte dir nichts vorzuwerfen, wenn du dich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten richtest“, brachte seine Schwester wie erwartet ihr stärkstes Argument vor. „Warum hast du also noch nicht unterschrieben? Was ist denn los, Dom? Die ganze Sache hätte schon vor Wochen erledigt sein können.“

Die Gründe für sein Verhalten waren äußerst kompliziert. Domenic glaubte nicht daran, dass man Probleme in einer Therapie lösen konnte. Andernfalls hätte sein Psychiater mit der Klärung des Warums ein Vermögen verdient.

„Und wieso lässt du Prinzessin Isabella schon fast eine halbe Stunde im Konferenzraum warten?“ Silvana schüttelte den Kopf.

„Früher oder später wird sie mit Eduardo sprechen“, meinte er betont lässig.

„Und wenn nicht?“

„Ich lasse mich nicht gern zu etwas drängen. Erzwingen kann sie nichts“, erinnerte er seine Schwester.

„Darum geht es doch gar nicht.“ Seufzend ließ sie sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken. „Sie ist auf der Durchreise nach San Rinaldi und legt hier in Rom einen Zwischenstopp ein, um …“

„Hat sie dir das erzählt?“, fiel er ihr ins Wort.

„Das war nicht nötig“, meinte Silvana. „Fast jeder weiß, dass sie als Vertreterin König Giorgios an einer Adelshochzeit teilgenommen hat. Zu dem Anlass trug sie ein fantastisches Kleid in Zartrosa, ein herrliches Modell!“

Er stand auf und trat an das riesige Fenster, von dem aus er den modern angelegten Dachgarten überblickte. Jolanda hätte dieser nüchterne Stil gar nicht gefallen. Domenic hätte sein Veto bei der Gestaltung einlegen sollen.

„Aber auch fast jeder weiß, dass Rom nicht auf direktem Weg nach San Rinaldi liegt, sondern einen Umweg bedeutet.“

„Vielleicht hat sie noch etwas Wichtiges in Rom zu erledigen“, gab Silvana zu bedenken.

„Wohl kaum.“ Domenic lächelte geringschätzig. Hätte an diesem Wochenende in der Ewigen Stadt am Tiber eine Filmpremiere stattgefunden oder eine Modenschau, würde er es in Erwägung ziehen.

„Weißt du überhaupt noch, worum es hier geht? Du verschließt doch absichtlich die Augen davor“, behauptete seine Schwester.

„Nein, du tust das.“ Er drehte sich zu ihr um. „Wenn ich auf San Rinaldi baue, dann nur, weil ich es für profitabel halte. Aus keinem anderen Grund! Wenn ich mich gegen das Projekt auf San Rinaldi entscheide, tue ich es, weil ich es für wenig einträglich halte. Bevor ich aber meine Entscheidung treffe, möchte ich gern wissen, weshalb Luca Fierezza sich auf Projekte konzentriert, die weitab von seiner Heimatinsel liegen.“

„Woher weißt du das?“, fragte Silvana überrascht.

„Ich bin immer über alles informiert. Deshalb bin ich erfolgreich. Wenn ein Spross der Königsfamilie von San Rinaldi sein Hauptaugenmerk auf andere Regionen der Welt richtet, wird es dafür einen guten Grund geben. Und den möchte ich wissen, bevor ich Milliarden auf San Rinaldi investiere.“

„Du könntest Prinzessin Isabella fragen“, schlug seine Schwester vor. „Sie stammt schließlich auch aus der Königsfamilie.“

„Glaubst du wirklich, sie würde mir die Wahrheit sagen?“, entgegnete Domenic geringschätzig und kehrte an den Schreibtisch zurück. „Es erscheint mir allein schon verdächtig, dass Prinzessin Isabella sich die Zeit nimmt, mich hier in Rom aufzusuchen.“

„Und weshalb sprichst du in diesem herablassenden Ton über sie?“, fragte Silvana.

Domenic richtete den Blick auf den Bildschirm. Die schöne Frau im Konferenzzimmer störte, in mehrfacher Hinsicht. Dass ihm der Unwille so deutlich anzusehen war, wusste er nicht.

„Wohl kaum, weil sie zum Königshaus von San Rinaldi gehört“, fuhr Silvana fort. „Mit Prinz Luca hast du problemlos Geschäfte gemacht.“

„Er hat einen hervorragenden Ruf in der Branche und kann zahlreiche Erfolge vorweisen“, entgegnete Domenic. „Auf Prinzessin Isabella trifft das nicht zu. Ihr gehört nur ein kleines und mäßig erfolgreiches Hotel.“

„Sie ist schön“, warf Silvana ein.

Domenic schüttelte den Kopf. „Von der ganzen Familie Fierezza ist sie die Einzige, die mit Gefolge durch Europa reist. Ich will einfach nicht mit jemandem verhandeln, dessen einzige Fähigkeit darin besteht, ein Designerkleid zu tragen.“

„Das ist ein höchst unfairer Standpunkt“, hielt ihm seine Schwester vor. „Eduardo ist davon beeindruckt, wie sehr sie sich für ihr Projekt einsetzt. Von ihm weiß ich auch, dass Prinzessin Isabella sich vom ersten Moment an engagiert hat.“

„Dein Mann lässt sich leicht beeindrucken. Ihr Name mag in den schriftlichen Unterlagen auftauchen“, wehrte er geringschätzig ab. „Glaubst du wirklich, sie hat mehr getan, als sich gelegentlich kurz bei einer Besprechung zu zeigen? Das bezweifle ich stark.“

„Domenic …

„Wäre sie hier still und unauffällig aufgekreuzt, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, würde ich sie mehr respektieren“, fuhr er fort. „Aber wie die Dinge stehen …“

Silvana ließ ihn wieder nicht aussprechen. „Wie sollte sie denn irgendwo unauffällig aufkreuzen? Sie ist ein Markenname wie die Vincini-Gruppe.“

„Ein Markenname?“, warf er spöttisch ein.

„Du weißt schon, was ich meine. Sie wird ständig fotografiert, wohin sie auch geht, oder was immer sie macht.“ Silvana stand auf und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Es hat nichts damit zu tun, dass sie die Enkelin eines Königs ist, ihre Begleiter am Eingang auf sie warten und ein Leibwächter vor dem Konferenzzimmer steht.“

Während Silvana langsam durch den Raum schritt, fragte Domenic sich, wieso seine Schwester plötzlich Prinzessin Isabella dermaßen heftig verteidigte. Silvana stand sonst immer eisern auf der Seite der Republik Mont Avellana.

„Paparazzi lauern überall auf sie“, fuhr Silvana fort. „Aus den unmöglichsten Verstecken schießen sie die Fotos von ihr. Die Leute lieben sie eben, und wenn sie ein Kleid von einem bestimmten Designer trägt, hat er sein Glück gemacht.“

Das wusste Domenic genau wie jeder andere. An so gut wie jedem Zeitungsstand blickte einem Isabellas Gesicht auf irgendeinem Cover entgegen.

„Selbst wenn Luca das Kasino nicht mehr führt, Dom, San Rinaldi bietet als Erholungsgebiet genug Glanz und Glamour, einfach weil diese Frau sich dafür hergibt. Das solltest du bedenken.“

Allmählich bekam er Kopfschmerzen vom vielen Reden – und vor allem wegen der hartnäckigen Prinzessin.

„Ich finde es jedenfalls falsch von dir, sie einfach dasitzen zu lassen“, redete Silvana auf ihn ein, indem sie sich zur Tür wandte. „Das ist ein Fehler.“

„Wenn dir so viel daran liegt, sprich du doch mit ihr“, schlug er vor.

„Ich?“, fragte sie überrascht.

„Warum nicht?“ Er zuckte mit den Schultern. „Sprich in meinem Namen mit ihr.“

„Ich bin für das Innendesign unserer Hotels zuständig“, wandte seine Schwester ein. „Mit dem Erwerb von Grundbesitz hatte ich nie etwas zu tun. Also wüsste ich gar nicht, was ich sagen soll.“

„Dann finde heraus, warum sie hier ist“, entgegnete er. „Du kannst gut Leute aushorchen.“

„Domenic …“, setzte Silvana an.

„Außerdem gehörst du zur Familie“, argumentierte er.

Zögernd kam sie wieder auf ihn zu. „Ich kann doch nicht einfach …“

„Finde heraus, warum Luca sich nur noch um seine Kasinos im australischen Queensland kümmern will.“ Domenic tat, als hätte er ihren Einwand nicht gehört, und streckte die Arme aus. Seine Ellbogen schmerzten. „Vielleicht erfährst du sogar, wen der alte König Giorgio zu seinem Nachfolger bestimmen will.“

„Meinst du denn, dass Luca San Rinaldi verlassen hat, bedeutet …?“

„Durchaus möglich“, bestätigte Domenic. „Es handelt sich dabei jedenfalls um ein ungelöstes Problem, und ich mag keine Unsicherheiten. Das gilt besonders, wenn es um König Giorgio geht. Der Mann ist eine Schlange.“

„Ich werde mich bemühen“, versprach Silvana, „aber vielleicht musst du doch selbst mit ihr sprechen, wenn sie mehr als nur Guten Tag sagen will.“ Nachdem sie ihm zum Abschied kurz zugewinkt hatte, verließ sie das Büro.

Domenic wandte sich wieder dem Monitor zu und betrachtete Prinzessin Isabella. Warum war sie hier? Und wieso ausgerechnet jetzt? Monatelang hatte sie die Verhandlungen über das Projekt einem erfahrenen Team überlassen. Weshalb war sie nun persönlich nach Rom gereist?

Silvana mochte glauben, dass die Frau noch etwas anderes in der Stadt zu erledigen hatte. Er nicht. Und je länger die Prinzessin hartnäckig auf ihn wartete, desto überzeugter war er.

Der Zeitpunkt ihres Besuchs hatte sicher eine tiefere Bedeutung. Vor ungefähr vierundzwanzig Stunden war Domenic darüber informiert worden, dass Luca Fierezza seine Heimat San Rinaldi verlassen hatte. Und nun saß Prinzessin Isabella in diesem Konferenzraum. Das sah verdächtig nach Schadensbegrenzung aus.

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Möglich war alles.

Seufzend lehnte Domenic sich zurück. Im Grunde suchte er nur nach einem stichhaltigen Grund, das Angebot der Prinzessin aus rein geschäftlichen Gründen abzulehnen. Alle sollten sehen, dass er sich von keinen persönlichen Vorurteilen leiten ließ.

Doch nun hatte er es mit Isabella Fierezza zu tun, einer

Spitzenkraft auf dem Gebiet der Public Relations. Diese Frau sah in einem Hosenanzug besser aus als jede andere. Woran lag es, dass sie in einer schlichten cremefarbenen Hose mit passendem Jackett so hinreißend wirkte?

Gebannt sah er zu, wie sie ihren glitzernden Ohrstecker betastete. Sollte er sich durch ihren Besuch geehrt fühlen? Wollte sie ihn mit ihrer Schönheit blenden?

Nun, sie blendete ihn. Das konnte er nicht leugnen. Diese Frau besaß ein inneres Strahlen, das ihr Gesicht erhellte. Abgesehen von allem Geschäftlichen weckte diese Frau in ihm Wünsche, die in seinem Leben nichts mehr zu suchen hatten.

Hoffentlich gelang es Silvana, ein persönliches Zusammentreffen zwischen ihm und der Prinzessin zu verhindern. Das Mitleid einer schönen Frau war ganz besonders schmerzhaft.

Und Prinzessin Isabella würde ihr Mitleid zeigen. Ihr ganzes Wesen wirkte so sanft, dass sie garantiert mit anderen mitfühlte, und er hasste Mitleid. Er hasste es sogar noch mehr als Leute, die bei seinem Anblick zurückwichen.

Entschlossen schaltete Domenic den Monitor ab, rieb sich die schmerzenden Schläfen und konzentrierte sich wieder auf die Arbeit.

2. KAPITEL

Erleichtert lehnte Isabella sich in dem luxuriösen Sessel zurück und sah sich bewundernd in dem Raum um, dessen sechseckiger Grundriss sehr ungewöhnlich war. Die hohen Fenster verliehen ihm ein besonderes Flair. Das Tageslicht fiel herein, brach sich in Blumenvasen und wurde von den glänzenden Oberflächen der Möbel reflektiert.

„Domenic braucht noch eine Weile“, sagte Silvana Moretti, die ihr gegenübersaß. „Es tut mir sehr leid.“

Für Isabella spielte das keine Rolle. Sie würde ihn persönlich treffen, und nur das zählte. Sollte demnächst die Welt um sie herum zusammenbrechen, konnte Isabella sich wenigstens sagen, alles in ihrer Macht Stehende versucht zu haben. „Ich habe von Anfang an damit gerechnet, warten zu müssen“, entgegnete sie und lächelte charmant. „Außerdem ist es hier herrlich kühl. Vielleicht gehe ich gar nicht mehr weg.“ Silvana Moretti zögerte einen Moment mit der Antwort. „Mein Bruder besteht darauf, dass in allen unseren Hotels diese Temperatur herrscht.“

Was die andere ursprünglich hatte sagen wollen, hätte Isabella zu gern gewusst. Vielleicht bildete sie sich aber nur etwas ein, und es war gar nichts.

„Im Sommer ist es in Rom tatsächlich unerträglich heiß“, fuhr die zierliche Brünette fort, „vor allem in der Innenstadt.“ Isabella lächelte zustimmend, konnte jedoch die Begegnung mit Signor Vincini kaum noch erwarten.

„Alle Privatzimmer in der Villa Bellaria auf San Rinaldi, in der ich zu Hause bin, verfügen über eine Klimaanlage“, bemerkte Isabella, „die allgemein zugänglichen Räume jedoch nicht. Vielleicht sollte ich mich darum kümmern.“

„Ich habe über die Villa Bellaria gelesen, und mein Bruder war sehr beeindruckt von …“

„Nico Fierezza ist ein talentierter Architekt“, sagte eine tiefe und äußerst erregend klingende Männerstimme.

Isabella atmete tief ein. Sie musste es schaffen. Sie musste! Allerdings stand so viel auf dem Spiel, dass sie unsicher wurde.

„Ich habe eine seiner neueren Arbeiten in Mailand gesehen und war auch davon sehr angetan.“

„Nico hat ein …“ Isabella drehte sich zu dem Mann um, den sie unbedingt beeindrucken wollte, und stockte. Du lieber Himmel! Eine Narbe zog sich von seiner Stirn bis gefährlich dicht ans linke Auge. „… ein besonderes Talent für alte …“ Sie wollte Gebäude sagen, die Worte kamen ihr aber nicht über die Lippen.

„Domenic, das ist Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Isabella von Rinaldi.“ Silvana stand auf und trat zu ihm. „Mein Bruder Domenic Vincini.“

Isabella hörte kaum hin, während sie versuchte, ihre Vorstellung von Domenic Vincini mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Eine zweite Narbe zog sich über seine Wange und ging in ein schlimmes Brandmal am Hals über.

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