Ein Trauzeuge zum Verlieben?

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Zach Sullivan ist Versuchung pur! Aber Eventplanerin Lindsay ist vollauf damit beschäftigt, die Promihochzeit des Jahres in der Toskana zu planen - da kann sie sich keine Ablenkung durch einen Flirt mit dem sexy Trauzeugen leisten. Und ist der Schmerz über ihre letzte Enttäuschung nicht noch viel zu frisch, um erneut ihr Herz zu riskieren? Doch Zach erweist sich als viel zu charmant und faszinierend, als dass sie ihm auf Dauer widerstehen kann. Ein Fehler? Kaum beginnt sie ihm zu vertrauen, entdeckt sie schockiert: Er hat sie nicht aus Liebe verführt, sondern aus purer Berechnung!


  • Erscheinungstag 14.03.2017
  • Bandnummer 0006
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708245
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Flug 510 nach Florenz. Passagiere der Ersten Klasse werden zum Boarding aufgerufen.“

Lindsay Reeves horchte auf und sah auf ihre Armbanduhr. Sie hatte die Zeit völlig vergessen. Sie verstaute ihr Tablet in dem großen Schulterbeutel und nahm die wertvolle Fracht auf, die sie persönlich über den Ozean eskortieren würde. Der zweite Aufruf durch die Lautsprecher ertönte, als sie sich das in einem sichtdichten Kleidersack geschützte Designer-Brautkleid für die zukünftige Königin von Halencia vorsichtig über den Arm legte.

„Willkommen an Bord.“ Die Flugbegleiterin sah auf die beiden Boardingkarten, die Lindsay ihr reichte. „Und der zweite Passagier …“

„Ist hier.“ Lindsay hielt den Kleidersack hoch. „Ich habe einen Sitz dafür gebucht.“

Die Frau lächelte, doch ihr Blick besagte, dass sie an Lindsays Verstand zweifelte. „Sie haben einen Erste-Klasse-Sitz für Ihr Gepäck gebucht?“

„Richtig.“ Mehr sagte sie nicht, da sie nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen wollte. Die Hochzeit war in vier Wochen, und die ganze Welt schien im Brautkleidfieber zu sein.

„Die Erste Klasse stellt eine Garderobe zur Verfügung. Wenn Sie die Möglichkeit nutzen, können Sie sich das Ticket ersetzen lassen.“

„Nein, danke.“ Lindsay drückte der Stewardess die zweite Boardingkarte in die Hand. „Ich lasse diesen Kleidersack nicht von meiner Seite.“

Sie ging den Gang entlang zu den reservierten Sitzen in der hintersten Reihe, warf ihren Beutel auf den Sitz am Fenster und drapierte den Kleidersack vorsichtig über die Rücklehne des Gangsitzes.

Prompt sackte er zu einem Knäuel auf dem Sitz zusammen. Sie versuchte es ein zweites Mal, und wieder rutschte der vermaledeite Sack an der Lehne herunter. Das Kleid wog gute dreißig Pfund. Viel zu schwer, um liegen zu bleiben.

So ging das nicht! Provisorisch nutzte Lindsay ihre Handtasche als Gegengewicht und ging nach vorn, um mit einem der Flugbegleiter zu sprechen.

„Wir haben einen Garderobenschank. Dort können Sie es aufhängen“, bot der Steward an.

„Ich werde dafür bezahlt, den Kleidersack nicht aus den Augen zu lassen“, erwiderte sie sofort. Ihr Ruf als Hochzeitsplanerin für die Reichen und Schönen hing davon ab, dieses Kleid in unversehrtem Zustand und ohne dass jemand auch nur einen einzigen Blick darauf erhaschte zur Braut und ihrem Staat zu bringen.

„Hm …“ Dan – laut Namensschild – tippte sich nachdenklich ans Kinn.

„Willkommen an Bord, Sir.“

Hinter Lindsay begrüßte die blonde Stewardess den nächsten Passagier. Aus dem Augenwinkel erkannte Lindsay einen großen, breitschultrigen, dunkelhaarigen Mann. Sie trat ein Stückchen zur Seite, um ihm mehr Platz zu geben.

„Somit wären jetzt alle in der Ersten Klasse an Bord. Wenn Sie etwas wünschen, Sir, wenden Sie sich bitte jederzeit an mich.“

„Danke“, antwortete der Mann und ging zu seinem Sitz.

Du lieber Himmel. Ein einzelnes Wort jagte ihr doch tatsächlich ein Prickeln über den Rücken! Lindsay hoffte, dass der Mann vorhatte, den endlos langen Flug zu verschlafen. Sie wollte in Ruhe arbeiten. Wenn er sich die ganze Zeit mit anderen Passagieren unterhielt, könnte er allein mit seiner Stimme ihren Plan vereiteln.

„Ich hab’s!“ Dan schnippte triumphierend mit den Fingern. „Wir stellen den Sitz flach und legen den Kleidersack darauf. Beim Start und bei der Landung müssen die Sitze sich allerdings in aufrechter Position befinden. Sobald wir in der Luft sind, komme ich zu Ihnen.“

„Perfekt. Danke für Ihre Hilfe.“

Lindsay ging zurück zu ihrem Sitz. Ihr Blick fiel auf den neuen Passagier, und unwillkürlich stockte ihr der Atem. Der Mann war ausgesprochen schön, ein anderes Wort passte nicht als Beschreibung. Markante Züge, hohe Wangenknochen, dunkle Augenbrauen, lange Wimpern. Und auf dem eckigen Kinn standen dunkle Bartstoppeln …

Plötzlich riss sie die Augen auf und stieß einen Schrei aus. „Stehen Sie sofort auf. Runter von dem Sitz!“

Der Typ saß auf dem Kleid!

Langsam öffnete er funkelnde braune Augen, so faszinierend, dass Lindsay fast den Grund für ihre Panik vergaß. Fast.

„Reden Sie mit mir?“

„Allerdings.“ Die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie schäumend vor ihm. „Sie sitzen auf meinem Platz. Auf meinem Kleid!“

„Gibt es ein Problem?“ Die blonde Stewardess eilte herbei.

„Er sitzt auf meinem Platz!“ Lindsay wies anklagend auf den Mann. „Auf dem Kleidersack!“

Hinter ihnen fing ein kleines Kind an zu weinen. Lindsay krümmte sich innerlich, ließ sich aber nichts anmerken.

Das Brautkleid war von Hand mit unzähligen Perlen bestickt. Es würde ein Vermögen kosten, das auszubessern. Sie hatte schon genug ausgelegt, um für die Sicherheit zu sorgen. Wie kann sich jemand auf einen Kleidersack setzen und nichts merken?

„Bewahren wir doch bitte Ruhe.“ Die Stewardess schob sich an Lindsay vorbei. „Sir, würden Sie bitte aufstehen?“

Wie in Zeitlupe richtete der Mann sich auf. Er war mindestens eins neunzig groß und musste den Kopf einziehen, um in dem Flugzeug überhaupt stehen zu können. Es war schwierig, mit nur eins fünfundsechzig einen solchen Turm wütend anzufunkeln. Aber Lindsay schaffte es.

„Ich sitze auf überhaupt nichts.“ Er deutete über den Gang. „Und ich sitze hier, weil das mein Platz ist.“

Lindsay sah in die angedeutete Richtung. Der Kleidersack lag zusammengefaltet auf der anderen Seite, ihr schwerer Beutel achtlos darauf. Das kam aufs Gleiche heraus, ob nun Mann oder Tasche. Hektisch hob sie den Kleidersack auf.

„Dürfte ich kurz Ihr Ticket sehen?“ Dan war ebenfalls dazugekommen.

Lindsay reichte es ihm und erwartete jetzt still triumphierend, Recht zu erhalten. Doch …

„Sie sitzen beide verkehrt. Ich muss mich entschuldigen, es ist meine Schuld. Ich habe Ihnen die falschen Plätze angewiesen. Ich fliege nämlich sonst in einer anderen Maschine. Miss Reeves, Sie sitzen hier links, und Mr. Sullivan … wenn Sie sich bitte eine Reihe vorsetzen würden.“

Zumindest saß er vor und nicht neben ihr!

Sein Blick ging zu dem weinenden Kleinkind. „Ich bevorzuge die hinteren Sitze.“ Er setzte ein charmantes Lächeln auf. „Ist es eventuell möglich, dass ich woanders sitze?“

Nein!

„Aber natürlich.“ Die Blondine überschlug sich geradezu. „In der Ersten Klasse steigt niemand mehr zu. Kann ich Ihnen noch etwas bringen, bevor wir mit dem Boarding in der Economy Class fortfahren?“

„Ein Kissen wäre nett.“

„Ich bringe Ihnen sofort eines.“ Die Stewardess drehte sich zu Lindsay um. „Kann ich für Sie noch etwas tun, Ma’am?“

Ma’am? Ernsthaft? „Ja, ein Kissen und eine Decke, bitte.“

„Sobald wir gestartet sind, machen wir die volle Servicerunde.“ Sie warf Mr. Sullivan noch ein Lächeln zu und ging wieder nach vorn.

Heißt das nun, ich bekomme Kissen und Decke … oder nicht? Lindsay fing sich wieder. Sie bemühte sich, das Kleid so gerade wie nur möglich über die Lehne des Fenstersitzes zu hängen – bis der Sitz in Liegeposition gebracht werden konnte. Nur bedeutete das auch, dass sie am Gang praktisch neben Mr. Groß und Dunkel … und Rücksichtslos sitzen würde.

Nun, sie würde ihn schlicht ignorieren und sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Es würde ohnehin die gesamte Flugdauer kosten, die Sitzordnung neu zu arrangieren. Was als relativ kleine Hochzeit auf dem Land geplant gewesen war, hatte sich im Lauf der Zeit zu einer politischen Veranstaltung ausgeweitet. Lindsay hatte strikt einzuhaltende Anweisungen vom Palast erhalten, wer neben wem und wo zu sitzen habe. Der Albtraum eines jeden Hochzeitsplaners!

Aber vorerst wurde sie in den Sitz zurückgedrückt, als die Maschine beschleunigte und abhob. Sobald sie an Höhe gewonnen hatten, kam Dan und legte den Sitz für das Kleid zurück. Er brachte sogar Gurte mit, um es festzubinden, damit es im Fall von Turbulenzen nicht verrutschte.

Lindsay setzte sich wieder und machte sich an die Sitzplanung. Sie überprüfte ein letztes Mal die Vorgaben des Palasts … aber es passte nicht. Natürlich nicht. Also wieder ganz von vorn.

„Wünschen Sie vielleicht etwas zu essen, Miss Reeves?“ Dan tauchte an ihrer Seite auf. „Zur Wahl stehen Beef Stroganow und Hähnchen Cordon bleu.“

Überrascht sah sie auf die Uhr. Sie waren tatsächlich schon eine volle Stunde in der Luft. „Ja, gern. Ich nehme das Beef, bitte. Und eine Cola.“

Dan nickte und drehte sich um. Bevor er fragen konnte, bestellte auch Mr. Sullivan das Rindfleischgericht und ein Mineralwasser.

Ihre Blicke trafen sich. Braune Augen mit goldenen Pünktchen unterzogen sie einer interessierten Musterung. Bewunderung flackerte in den whiskybraunen Tiefen auf, und prompt wurde Lindsay glühend heiß.

„Was ist eigentlich in dem Kleidersack?“, fragte er sie lächelnd.

„Geht Sie nichts an.“ Sie richtete den Blick wieder auf ihr Tablet mit der Tischordnung.

„Muss ja ziemlich wichtig sein, wenn Sie einen solchen Aufstand deswegen machen. Lassen Sie mich raten … ein ganz besonderes Kleid für einen ganz besonderen Anlass?“

Der Typ ließ einfach nicht locker! „Richtig. Und ich passe darauf auf.“

„Ah … das heißt also, es ist nicht Ihr Kleid?“

Sie verdrehte entnervt die Augen. „Sie waren mir sympathischer, als Sie vorhin geschnarcht haben.“

Er grinste, wobei sich Grübchen in seinen Wangen bildeten. „Das habe ich wohl verdient. Hören Sie, ich entschuldige mich, dass ich Ihr Kleid so achtlos auf den Sitz geworfen habe. Aber ich hatte Wein zum Dinner, und davon bekomme ich immer Kopfschmerzen. Ich war also nicht gerade bester Laune.“

Sie funkelte ihn an. „Warum trinken Sie dann Wein, wenn Sie wissen, dass Sie davon Kopfschmerzen bekommen?“

„Ein Dinner mit meiner Familie läuft mit einem Glas Wein immer flüssiger. Und die Kopfschmerzen … die kommen so oder so.“

„Verstehe.“ Lindsay betete ihre kapriziöse Mutter an, aber sie kannte das Phänomen. Wenn sie zusammen um den Tisch saßen, ließ sich so manches mit einem Glas Wein besser ertragen. In den Phasen zwischen Ehemännern konnte auch mehr Wein notwendig werden.

Es zuckte in seinen Mundwinkeln. „Sie überraschen mich, Miss Reeves. Ich hätte gedacht, Sie wären entrüstet.“

„Eltern sind nicht immer einfach.“ Sie steckte ihr Tablet weg, um Platz für das Essen zu machen. „Das heißt nicht, dass wir sie nicht lieben.“

„Amen. Respektieren ist allerdings etwas anderes.“

Verdutzt wandte sie ihm das Gesicht zu. Mit grimmig blitzenden Augen starrte er vor sich hin. Das Verhältnis zu seinen Eltern musste kompliziert sein. Es war traurig, wenn man den Respekt für die Menschen verlor, die man am meisten liebte. Lindsay wusste genau, wie weh das tat.

Glücklicherweise servierte Dan das Essen und lenkte sie ab. Porzellan, Silber, Kristall … und als er den Deckel der Servierplatte hob, stieg ein köstliches Aroma in die Luft.

„Mmmh, das sieht fantastisch aus“, seufzte sie.

„Glauben Sie mir, das ist es auch“, versicherte ihr Dan. „Chef Lasalle ist der Sterne-Koch der Lüfte.“

Sie schob sich den ersten Bissen in den Mund und stöhnte genüsslich auf, als ihre Geschmacksknospen explodierten.

„Das hört sich an, als würden Sie sich bestens amüsieren, Miss Reeves“, kam es von Sullivan.

„Probieren Sie, dann verstehen Sie.“ Sie beobachtete ihn, wie er seine Gabel aufnahm. „Oder vielleicht auch nicht. Sie haben ja schon gegessen, nicht wahr?“

„Da hatte ich keinen Appetit. Mmh, das ist wirklich ausgesprochen gut.“ Er deutete zu dem Bildschirm an der Kabinendecke. „Sollen wir uns beim Essen einen Film ansehen?“

Sie war tatsächlich versucht. Erstaunlich. Nach dem Desaster in der letzten Woche war Arbeit ihr einziger Trost gewesen. Generell entspannte sie sich selten mit einem Film. Sie war zu beschäftigt, sich um die Stars in diesen Filmen zu kümmern. Es war nicht einfach, die Leute in Hollywood bei Laune zu halten. Und Lindsay musste sich noch mehr anstrengen als andere, weil sie einer alten Flamme erlaubt hatte, sie von ihrer Karriere abzulenken. Aber sie hatte ihre Lektion gelernt.

Sie würde die Hochzeit von Kronprinz Antonio de l’Accardi und der bürgerlichen Christina Rose zur Hochzeit des Jahrhunderts machen! In knapp dreißig Tagen würde kein Zweifel mehr an ihrer Hingabe bestehen! Und deshalb sollte sie sich jetzt besser auch wieder um die Sitzordnung kümmern.

„Sehen Sie sich ruhig einen Film an“, sagte sie also zu Sullivan. „Ich muss arbeiten.“

„Was treiben Sie da eigentlich genau? Ihr Stöhnen beim Essen klang ganz anders als das, das Sie vorher ausgestoßen haben.“

„Eine neue Form der Folter. Läuft unter dem Namen ‚Sitzordnung‘.“

„Ah. Klingt sehr grausam.“

„Ist es auch. Eine Art politisches Dinner, bei dem alle möglichen Protokollvorgaben beachtet werden müssen. Dann kommen natürlich auch noch persönliche Sympathien und Antipathien hinzu. Was bedeutet, einen Schritt vor, zwei Schritte zurück … und somit erhebliche Kopfschmerzen.“

„Politik ist immer gleichbedeutend mit Kopfschmerzen.“ So grimmig, wie er das sagte, musste dahinter noch mehr stecken. „Haben Sie keine Tabellen?“

„Doch, natürlich. Aber auch über hundert Namen, und ich muss ständig prüfen, ob sie auch kompatibel sind.“

„Sie können ein Programm erstellen, das die jeweiligen Namen und Informationen abgleicht und Ihnen sofort sagt, ob sie kompatibel sind.“

„Tatsächlich? Das wäre fantastisch. Wie genau mache ich das?“

Er lachte, ein tiefer warmer Laut. „Es wird sicher ein paar Minuten dauern …“, warnte er, „aber dadurch sparen Sie sich Stunden.“ Und dann ratterte er Fachausdrücke herunter, bei denen sich alles in Lindsays Kopf zu drehen begann.

„Schon möglich“, sie tupfte sich mit der Serviette die Lippen ab, „aber bei ‚Algorithmus‘ hatten Sie mich bereits verloren. Für ein paar Sekunden hatte ich wirklich Hoffnung geschöpft.“

„Sorry, reine Gewohnheit. Mir gehört eine Firma, die Software für Cyber-Sicherheit entwickelt. Ein Programm zu erstellen für das, was Sie benötigen, ist wirklich nicht kompliziert. Darf ich sehen, was Sie auf Ihrem Computer haben? Nach dem Essen gebe ich es für Sie ein. Das dauert maximal eine Stunde.“

Dieser Mann war die Versuchung pur, aber sie hatte eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschrieben. „Danke für das Angebot, aber das geht leider nicht. Es ist mir nicht erlaubt, Informationen weiterzugeben.“

„Hier geht es doch um die Hochzeit von Prinz Antonio von Halencia, oder?“

Entsetzt riss sie die Augen auf. Woher wusste er das?

„So schwierig war das nun wirklich nicht zu erraten. Das besondere Kleid, die Tischordnung, der Flug nach Florenz … und ich weiß, dass sie eine Hochzeitsplanerin aus Amerika angeheuert haben. Warten Sie, ich erledige das.“ Damit zog er sein Handy hervor und drückte ein paar Tasten.

„Was machen Sie da?“ Lindsay war fassungslos. „Rufen Sie etwa im Palast von Halencia an? Oh nein, das glaube ich nicht. Unterbrechen Sie sofort die …“

„Hey, Tony.“

Tony? Etwa wie … Antonio?

„Ja, sicher, dein Text ist angekommen.“ Einen Moment hörte er schweigend zu. „Ja, ich war zum Dinner bei ihnen. Sie sind begeistert über die Einladung. Hör zu, ich sitze zufällig mit der Hochzeitsplanerin im selben Flieger. Sie braucht ein Programm, um ihr die Arbeit mit der Sitzordnung zu erleichtern. Kannst du das autorisieren? Sie hat doch diese Verschwiegenheitsverpflichtung unterschrieben und darf keine Informationen weitergeben. Perfekt! Ja, hier, ich reiche dich an sie weiter.“

Er hielt Lindsay das Handy hin. „Prinz Antonio möchte mit Ihnen sprechen.“

2. KAPITEL

Na klar! Prinz Antonio. Wie weit will der Mann den Ulk denn noch treiben?

„Hallo?“

Buona sera, Miss Reeves.“ Eine männliche Stimme, warm, freundlich, mit leichtem Akzent. Es könnte Gott weiß wer sein. Aber woher kannte er ihren Namen? Den hatte Sullivan nicht erwähnt. „Ich hoffe, Sie haben einen angenehmen Flug.“

„Nun, äh … ja.“

„Christina ist begeistert von Ihren Arrangements. Und Sie haben meine volle Unterstützung. Tun Sie alles, damit es die Hochzeit ihrer Träume wird.“

Sollte das wirklich der Prinz sein? „Ich werde mein Bestes tun.“

„Die Pflicht hält mich im Palast, aber ich freue mich schon darauf, Sie bei der Probe kennenzulernen. Zach ist mein Trauzeuge. Für den nächsten Monat in Monte Calanetti wird er auch mein Berater sein. Sie können sich auf seine volle Unterstützung verlassen.“

Argwöhnisch sah sie zu dem Mann auf der anderen Gangseite. Sein triumphierendes Grinsen verbesserte ihre Laune nicht. „Zach … Sullivan?“

„Richtig. Wir waren zusammen auf der Uni. Er ist wie ein Bruder für mich. Wenn er Ihnen mit dem Dinnerplan helfen kann …“

„Der Sitzordnung.“ Entsetzt kniff sie die Augen zusammen. Sie hatte soeben einen Kronprinzen berichtigt!

„Sitzordnung, richtig. Lassen Sie sich von Zach helfen. Mit Computern kennt er sich aus.“

„Ja, natürlich, das werde ich. Vielen Dank.“

„Ich habe Ihnen zu danken. Sie erweisen uns die Ehre Ihrer Anwesenheit in Halencia. Über Zach können Sie mich jederzeit zu jeder Frage, die Sie haben, kontaktieren. Buona notte, Miss Reeves.“

„Gute Nacht.“ Lindsay gab das Telefon nicht fort zurück, sondern prüfte erst das Protokoll und stellte fest, dass sie mit „Tony de l’Accardi“ gesprochen hatte. Wie in Zeitlupe sah sie auf. „Sie kennen den Prinzen von Halencia?“

„Für niemanden sonst würde ich den Trauzeugen spielen.“

Die blonde Flugbegleiterin kam, räumte Sullivans Geschirr mit einem strahlenden Lächeln ab und wandte sich dann – nicht mehr lächelnd – an Lindsay. „Haben Sie zu Ende gegessen, Ma’am?“

Schon wieder Ma’am? Lindsays Unmut musste ihr ins Gesicht geschrieben sein, denn die Stewardess beeilte sich fortzufahren: „Zum Dessert stehen Crème brûlée, Käsekuchen und Mousse au Chocolat zur Auswahl.“

Lindsay sah der Frau direkt in die Augen. „Ich nehme von jedem eins.“

„Natürlich, Ma… Miss Reeves.“ Die Blondine sah zu, dass sie zurück in die Kombüse kam.

Lindsay spürte Sullivans Blick. „Ich bin neunundzwanzig, also viel zu jung, um mit ‚Ma’am‘ angesprochen zu werden.“ Sie reichte ihm sein Handy zurück. „Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie Trauzeuge sind?“

„Hätten Sie mir denn geglaubt?“

Sie musterte ihn. „Vermutlich. Schließlich habe ich eine Akte über Sie.“

Er runzelte die Stirn. „Dann wundert es mich, dass Sie mich nicht erkannt haben. Sie haben doch sicherlich Informationen über alle Gäste auf Ihrem Tablet.“

„Ich kenne die Leute, mit denen ich zusammenarbeite. Zu den Gästen besteht kein direkter Kontakt. Außerdem sind Sie auf dem Foto in meiner Liste glatt rasiert und tragen eine Brille.“

„Ha.“ Er strich sich über das stoppelige Kinn. „Ich sollte das Bild wohl erneuern. Denn ich habe mir schon vor über einem Jahr die Augen lasern lassen.“

Die Stewardess brachte die Desserts und zog sich schnell wieder zurück.

Lindsay durchbrach mit dem Löffel die Kruste der Crème brûlée und schob sich den ersten Bissen in den Mund. „Oh …“, seufzte sie hingerissen, „… ist das gut.“

„Vorsicht, Miss Reeves, Sie bringen mich noch auf Touren, wenn Sie so weitermachen.“ Er deutete auf ihr ansprechend angerichtetes Tablett mit den Süßspeisen. „Sie haben wohl eine Schwäche für Süßes, was?“

„Die Nacht ist lang, und ich habe jede Menge Arbeit.“ Dann gestand sie aus einem unerfindlichen Grund: „Im Flugzeug konnte ich noch nie schlafen.“

„Vielleicht hilft es ja, wenn Sie sich entspannen und einen Film sehen, anstatt zu arbeiten.“

Vermutlich hatte er recht. Normalerweise beruhigte Arbeit sie, aber die Trennung von Kevin im letzten Jahr hatte der Begeisterung für ihren Job einen Dämpfer versetzt. Doch mit dem jetzigen Projekt würde sich das ändern. Eine königliche Hochzeit musste einfach die Magie wieder zurückbringen …

„Danke für den Tipp. Sagen Sie, warum gefällt Ihnen die Rolle des Trauzeugen eigentlich nicht?“ Das war vorhin sehr deutlich gewesen.

„Seit meinem zweiten Lebensjahr versuche ich, mich aus dem Rampenlicht herauszuhalten.“

„Sie stammen aus einer Familie von Politikern.“ Und zwar aus dem Hause der einflussreichen Sullivans aus Connecticut, wie Lindsay aus ihren Unterlagen wusste. „Hatten Sie selbst keinen Ehrgeiz, diesen Weg einzuschlagen?“ Er stieß einen unflätigen Fluch aus, und sie deutete das sofort richtig: „Das werte ich als nein.“

„Ich wünschte, mein Vater würde mich ebenso schnell verstehen.“

Sie konnte es ihm nachempfinden, schließlich hatte sie ähnliche Probleme mit ihrer Mutter. Vielleicht waren es genau diese ähnlichen Erfahrungen, die sie so locker mit ihm reden ließen. „Eltern sehen oft nur das, was sie sehen wollen.“

„Außerdem hasse ich Hochzeiten, je aufwändiger sie sind, desto intensiver. Der ganze Pomp dient nur dazu, die Welt davon abzulenken, dass sie aus allen möglichen Gründen heiraten, nur nicht aus Liebe.“

„Sie glauben nicht an die Liebe?“ Es war eine Sache, wenn sie an ihrem Glauben an das, was sie tat, zweifelte, eine ganz andere jedoch war es, wenn jemand an feierlichen Trauungszeremonien zweifelte.

„Ich glaube an Lust und Partnerschaft in einer Beziehung, Liebe sollte besser den Liebesromanen überlassen bleiben.“

„Das ist harsch.“ Und vor allem kam es dem viel zu nah, was sie selbst dieser Tage über das Thema dachte. Dabei galten die Sullivans schon seit Generationen als die amerikanische Musterfamilie, zusammen mit den Kennedys und den Rockefellers. Stabile Ehen, die ein Leben lang hielten und aus denen Kinder hervorgingen, die es ausnahmslos zu etwas brachten. Woher also stammte die spürbare Ablehnung in Sullivan?

Er lehnte sich zu ihr. „Jetzt, da Sie wissen, dass Sie mir vertrauen können … lassen Sie mich an Ihr Tablet? Ich erstelle Ihnen schnell das Programm, damit ich mir dann in Ruhe den Film ansehen kann.“

„Oh.“ Kann ich ihm vertrauen? Nur weil sie jetzt wusste, wer er war, hieß das noch lange nicht, dass er vertrauenswürdig war. Zum einen war er viel zu charmant, und zum anderen flirtete er mit ihr, was das Zeug hielt. Und damit raubte er ihr die Ruhe.

Sie zog ihr Tablet wieder heraus. „Wollen Sie auf meinem arbeiten, oder soll ich Ihnen die Datei mailen?“

„Elfchen, nur zu gern würde ich auf Ihrem arbeiten …“ Der Blick, den er über sie wandern ließ, war nicht zu missverstehen. „Aber da ich mich noch konzentrieren muss, schicken Sie mir besser eine Mail.“

„Es wird Ihnen nichts nützen, mit mir zu flirten.“ Die Hitzewelle, die durch ihren Körper schoss, ignorierte Lindsay eisern. Sie hielt den Blick geflissentlich auf ihren Bildschirm gerichtet. „Ihre E-Mail-Adresse?“ Zach nannte sie ihr, und sie schickte die Mail ab. „Diese Hochzeit ist viel zu wichtig, als dass ich mich mit dem Trauzeugen einlassen werde.“

„Ach, Trauzeugen sind harmlos.“ Er fuhr seinen Laptop hoch. „Da, schon angekommen.“ Er sah zu ihr. „Wissen Sie denn nicht, dass dem Trauzeugen während der gesamten Feierlichkeiten die Hände gebunden sind?“

„Der Trauzeuge hat noch immer die Bilder vom Junggesellenabschied mit den Stripperinnen vor Augen, die er für den Bräutigam organisiert hat, um ihm noch einmal klarzumachen, was er ab jetzt alles verpasst. Und er selbst muss sich unbedingt beweisen, dass er noch frei ist und seine Freiheit nach Belieben auskosten kann“, konterte sie.

Zach krümmte sich leicht. „Wow, ein hartes Urteil.“

„Ich musste schon mehrere Brautjungfern trösten, die zu weit gegangen waren und sich davon zu viel erhofft hatten. Aber davon abgesehen, ist es meine Firmenpolitik, mich weder mit Gästen noch mit Lieferanten einzulassen.“

Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ich sage ja gar nicht, dass ich mich nicht um das bemühe, was ich will. Aber meine Absichten erkläre ich immer offen. Werden keine Erwartungen erweckt, wird auch kein Schaden angerichtet.“

„Nun, Sie können sich gern amüsieren. Ich habe zu arbeiten.“

Kopfschüttelnd machte er sich daran, das Programm zu erstellen. „Immer nur Arbeit macht aus jedem Menschen einen Langweiler.“

„Ich werde nicht dafür bezahlt, dass ich Spaß habe.“ Damit hatte sie das Problem, mit dem sie nun schon fast ein Jahr kämpfte, genauestens beschrieben.

Ihre Arbeit machte ihr keinen Spaß mehr.

Nicht nur wegen der Enttäuschung mit Kevin, auch wenn sie mit ein Grund war. Nein, es war die frustrierende Detailarbeit. Statt ihre Kreativität auszuleben, schlug Lindsay sich mit Kleinkram herum und ärgerte sich über Zulieferer.

Vielleicht lag es auch nur an Hollywood. An das „Glücklich-bis-ans-Lebensende“ zu glauben, fiel bei der Klientel schwer. Nicht zu vergessen, dass ihre Mutter ihre beste Kundin war. Vielleicht fand sie ja jetzt mit Ehemann Nummer Sechs das große Glück. Lindsay wünschte es ihr auf jeden Fall. Zum einen hatte ihre Mutter es wirklich verdient, und zum anderen mochte sie Matt. Und das Mutter-Tochter-Verhältnis wäre bestimmt auch einfacher, wenn Darlene endlich in einer festen Beziehung zur Ruhe kommen würde.

„Hey, sind Sie etwa eingeschlafen?“

Abrupt hob Lindsay den Kopf und blickte zu ihrem Gangnachbarn. Der Mann sah wirklich umwerfend aus. Nur gut, dass sie sich auf die selbst aufgestellten Prinzipien berufen konnte, sonst könnte Sullivan ihr tatsächlich gefährlich werden. „Nein, ich gehe nur durch, was ich noch alles erledigen muss.“

Autor

Teresa Carpenter
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Monte Calanetti – Stadt der Liebe