Hochzeitsnacht auf Hawaii

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Eine einzige Nacht hat Peter Antonides auf Hawaii mit Ally verbracht - die Hochzeitsnacht voller Leidenschaft! Danach gingen sie getrennte Wege. Jetzt verlangt Ally die Scheidung. Aber der feurige Grieche hat einen anderen Plan …


  • Erscheinungstag 17.04.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777050
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Mrs. Antonides für Sie.“

Peter Antonides blickte auf. Seine Assistentin Rosie stand in der Tür.

Mit Daumen und Zeigefinger fuhr er fest über den Nasenrücken, um die drohenden Kopfschmerzen zurückzudrängen, die sich seit Stunden ankündigten.

Murphys Gesetz schien allein für Tage wie diesen geschrieben worden zu sein. Es war erst zwei Uhr, aber bereits jetzt war alles schiefgelaufen, was irgendwie schieflaufen konnte.

Vor zwei Jahren hatte sein Bruder Elias die Präsidentschaft von Antonides Marine niedergelegt, und Peter übernahm den Job. Er konnte nicht behaupten, dass er damals nicht wusste, worauf er sich einließ. Im Gegenteil. Er hatte es gewusst und sich sogar darauf gefreut.

Aber an manchen Tagen – so wie heute – erschienen ihm die Erinnerungen an seine sorglose Zeit als Surfer auf Hawaii mehr als verlockend.

Meistens überwogen die guten Tage, und normalerweise gab es nach jeder Katastrophe einen Lichtblick. Heute nicht.

Der Segeltuch-Hersteller hatte angerufen und mitgeteilt, dass er die Bestellung nicht ausführen konnte. Eine japanische Frachtfirma meldete fröhlich, dass der Container, den sie seit einer Woche zu orten versuchten, Yokohama nie verlassen hatte. Und sein Vater Aeolus wollte heute Nacht aus Athen anreisen und sogar ein paar Übernachtungsgäste mitbringen.

„Ari und Sophia Cristopolous … und ihre Tochter Constantina. Sehr hübsch. Single. Klug. Sie kann es kaum erwarten, dich kennenzulernen.“

Typisch sein Vater: Immer fiel er mit der Tür ins Haus. Dabei hatte Peter ihm schon tausend Mal versichert, dass seine Verkupplungsversuche absolut sinnlos waren.

Außerdem war seit heute Morgen die Klimaanlage im gesamten Gebäude ausgefallen. Die Leute von der Reparaturfirma waren vor zwei Stunden zum Mittagessen gegangen, und seither hatte sie niemand mehr gesehen.

Vor einer Stunde war die Taste A an seinem Computer ausgefallen. Dreißig Minuten später verabschiedete sich das System ganz. Mittlerweile berechnete er seine Kalkulationen wieder mit Stift und Papier.

Und das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war ein Besuch seiner Mutter.

„Sagen Sie ihr, ich bin beschäftigt“, murmelte er verstimmt. „Halt. Sagen Sie ihr, ich bin beschäftigt, komme aber am Freitag zum Dinner.“

Die unvermeidliche Einladung anzunehmen, noch bevor sie ausgesprochen war, war der einzige Weg, Helen Antonides davon abzuhalten, ihn später am Nachmittag treffen zu wollen.

„Es ist nicht Ihre Mutter.“

Er blinzelte verwirrt. „Nicht …?“ Dann atmete er erleichtert auf. „Oh, wenn es Tallie ist …“

Für seine Schwägerin hatte er immer Zeit. Er mochte die Ehefrau seines Bruders Elias sehr. Sie hatte immer gute Ideen, jedoch nur selten Zeit.

Von ihrem Vollzeitjob als Präsidentin von Antonides Marine war sie in eine Vollzeitstelle als Mutter gewechselt. Ihre Zwillinge Nicholas und Garrett waren mittlerweile schon anderthalb.

Peters Miene hellte sich weiter auf bei dem Gedanken, sie könnte seine Neffen mitgebracht haben. Allerdings blieb es verdächtig still auf dem Flur, nichts ging zu Bruch. Also war sie wahrscheinlich alleine gekommen.

Wieder schüttelte Rosie den Kopf. „Haben Sie es vergessen? Tallie und Elias sind mit den Kindern auf Santorin.“

Oh, verflixt! Das hatte er vergessen!

Du liebe Güte, schoss es ihm durch den Kopf. Der unbekannte Besucher war doch wohl nicht seine Großmutter?

„Sagen Sie mir nicht, Yiayia steht vor der Tür.“

Aber waren nicht schon viel seltsamere Dinge passiert? Schließlich hatte die alte Dame ihn in letzter Zeit ziemlich ins Visier genommen.

„Du bist alt“, hielt sie ihm bei seinem letzten Besuch vor.

„Bin ich nicht“, protestierte er. „Du bist alt!“

Yiayia rümpfte die Nase. „Ich habe bereits Kinder geboren. Jetzt will ich Babys um mich herum sehen. Du musst mir Enkelkinder schenken.“

„Du hast doch Enkelkinder. Vier sogar.“ Außer Elias’ Zwillingen gab es noch Cristinas Sohn Alex und Marthas kleinen Sohn Edward. Und Martha war schon wieder schwanger.

„Sie sind großartig, aber ich will so süße Babys wie du eins warst, Petros mou. Es ist an der Zeit.“

Peter wusste, was sie meinte, trotzdem schüttelte er resolut den Kopf. „Vergiss es, Yiayia. Daraus wird nichts .“ Zumindest standen die Chancen eine Million zu Eins.

Allerdings verrieten ihm die geschürzten Lippen seiner Großmutter, dass sie nicht vergessen hatte, was ihr von ihm ein Jahr zuvor anvertraut worden war. Allmählich bereute er, sie in seine Pläne eingeweiht zu haben.

„Es ist nicht Ihre Großmutter“, unterbrach Rosie seine Gedanken.

„Eine andere Mrs. Antonides kenne ich nicht“, erwiderte Peter verwirrt.

„Wie interessant“, wunderte sich Rosie und bedachte ihn mit einem seltsamen Blick. „Diese hier behauptet, sie sei Ihre Frau.“

„Mrs. … Antonides?“

Einen Moment lang reagierte Ally überhaupt nicht auf ihren Namen, sondern starrte weiterhin leeren Blickes auf die Zeitschrift in ihrer Hand und überlegte, was sie gleich sagen sollte.

„Entschuldigung“, fuhr sie hastig auf. „Ich war nur …“ Hoffentlich ging das gut! „… mit meinen Gedanken woanders.“

Die Miene der Sekretärin blieb unbewegt. „Mr. Antonides hat jetzt Zeit für Sie.“

„Danke.“ Sie legte die Zeitschrift beiseite und marschierte auf die offene Tür zu.

Was sie hinter dem Teakschreibtisch erwartete, war ein Meter fünfundachtzig groß und strotzend vor muskulöser Männlichkeit. Gut aussehend, attraktiv, atemberaubend sexy. Ein richtiger Mann.

Der Mann, den sie geheiratet hatte, war erwachsen geworden.

Ally atmete tief ein, schloss die Tür hinter sich und setzte ihr fröhlichstes Lächeln auf. „Hallo, Peter.“

Ungläubig machte er einen Schritt auf sie zu, blieb dann abrupt stehen und steckte die Hände tief in die Taschen seiner marineblauen Anzughose. Er begrüßte sie mit einem kurzen Nicken. „Al.“ Sein alter Kosename für sie.

„Alice“, berichtigte sie ihn. „Oder Ally, wenn dir das lieber ist.“

Er antwortete nicht, überließ ihr die Führung.

Na, gut. Dann sollte es so sein. „Ich wette, du bist überrascht, mich zu sehen“, fügte sie betont heiter hinzu.

„Nun“, erwiderte er ironisch, „sagen wir, du kamst auf meiner Liste weiblicher Mitglieder der Familie Antonides nicht vor.“

Ein Teil von Ally wollte auf ihn zustürmen und ihn umarmen, aber sie hielt sich zurück. So abweisend, wie er dort stand, erstarb auch ihre letzte Hoffnung, sie könnten jemals wieder Freunde sein.

„Ich hätte das nicht tun sollen“, entschuldigte sie sich. „Deinen Namen nennen, meine ich. Normalerweise benutze ich ihn nicht.“

„Das habe ich auch nicht angenommen.“

„Ich … ich wusste nur nicht, wie beschäftigt du bist. Mr. Präsident.“ Beeindruckt warf sie einen Blick auf die Tür, an deren Außenseite ein Schild angebracht war. „Ich dachte, du würdest mich vielleicht sonst nicht empfangen.“

Peter zog die Augenbrauen hoch. „Ich bin nicht der Papst. Du brauchst bei mir nicht um eine Audienz zu bitten.“

„Tja, das wusste ich aber nicht“, schoss sie zurück. Dabei gefiel es ihr gar nicht, in die Defensive gedrängt zu werden. „Das hier …“, sie machte eine Handbewegung, die das elegant mit Teakmöbeln eingerichtete Büro und die Aussicht über den East River auf die berühmte Skyline von Manhattan einschloss, „… entspricht nicht unbedingt dem Lebensstil des Menschen, den ich in Erinnerung habe.“

Klar, sie befanden sich nicht im Vatikan, aber eben auch nicht in dem winzigen Apartment über Mrs. Changs Garage.

„Das ist Jahre her, Al. Die Dinge ändern sich. Du hast dich auch verändert. Bist erwachsen geworden, hast dir einen Namen gemacht, nicht wahr?“

„Ja“, wich sie seiner herausfordernden Frage aus. Schließlich stimmte es.

Reglos blieb sie stehen, während er seinen Blick über ihren Körper wandern ließ – von den Zehenspitzen bis hinauf zu ihrem Gesicht – obwohl sich dabei ein ungewolltes Prickeln auf ihrer Haut ausbreitete.

„Sehr nett.“ Ein kühles Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Ich habe mich auch verändert“, fügte er hinzu, als müsse er sie extra darauf hinweisen.

„Du besitzt eine Krawatte.“

„Zwei.“

„Und einen Anzug.“

„Für alle meine Sünden.“

„Du hast dich gut gemacht.“

„Ich habe mich immer gut gemacht, Al“, stellte er selbstbewusst fest und trat jetzt doch hinter dem Schreibtisch hervor. „Sogar als ich noch wie ein nichtsnutziger Strandhippie gelebt habe.“

Es fiel ihr schwer, sich den Mann vor ihr als faulenzenden Hippie vorzustellen, aber sie wusste, was er meinte. Als sie Peter Antonides kennengelernt hatte, lebte er sein Leben im Hier und Jetzt. Geld und Karriere interessierten ihn nicht. Er tat nur, wozu er Lust hatte.

„Ja.“ Sie nickte. „Trotzdem überrascht es mich, dass du das Strandleben aufgegeben hast. Ich dachte, das ist es, was du wolltest.“

„Was ich wollte, war die Freiheit, ich selbst zu sein. Ich wollte weg von den Erwartungen der anderen. Aber ich bin immer noch frei. All das hier habe ich mir selbst ausgesucht. Niemand hat mich dazu gedrängt. Ich bin hier, weil ich hier sein will.“ Er hielt einen Moment inne. „Doch darum geht es gar nicht. Was ist mit dir? Nein, warte. Ich bitte Rosie, uns einen Kaffee zu bringen. Oder möchtest du lieber Eistee?“

„Ich möchte nichts“, lehnte sie rasch ab. „Ich habe sowieso keine Zeit.“

„Nach zehn Jahren? Gut, fünf, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Also, sag mir nicht, du bist nur auf einen Sprung vorbeigekommen. Nein, Al. Du bist hier, weil du mich sehen willst. Setz dich.“

Er drückte einen Knopf an der Sprechanlage. „Rosie. Bringen Sie uns bitte einen Eistee? Danke.“

Ally atmete tief ein. Er klang definitiv wie ein Präsident. Kurz angebunden, keine unnötigen Spielereien. Diese Fähigkeit, wurde ihr jetzt klar, hatte er schon immer besessen.

Zögernd setzte sie sich. Natürlich war sie hierhergekommen, weil sie ihn sehen wollte. Es sollte jedoch ein rein zweckmäßiger Besuch sein; gemeinsam Eistee zu trinken, gehörte nicht zu ihrem Plan.

Es ist ja nichts Persönliches, redete sie sich ein. Zumindest nicht wirklich. Nur eine kleine Formalität. Eine Formalität, die schon vor Jahren hätte erledigt werden sollen.

Jetzt war der Zeitpunkt endgültig gekommen. Sie musste die Vergangenheit hinter sich lassen, um in die Zukunft blicken zu können.

Und wenn das bedeutete, sich in den Sessel neben dem Fenster zu setzen und den Blick über den East River schweifen zu lassen … schön, dann würde sie das eben tun.

Besonders leicht fiel es ihr dann allerdings doch nicht.

Auf seine windzerzauste, sonnengebräunte Art und Weise hatte Peter Antonides schon immer atemberaubend attraktiv ausgesehen. Eigentlich war er kein Mann, den man sich in einem Anzug vorstellte.

Auch bei ihrer Hochzeit hatte er keinen getragen. Nicht, dass es eine förmliche Angelegenheit gewesen wäre. Fünf Minuten in einem schmucklosen Büro im Standesamt, Gebühren bezahlen, Schwüre wiederholen, Unterschriften leisten und dann blinzelnd hinaus ins Sonnenlicht treten … verheiratet.

Nun schaute Ally ihn an und versuchte, den sorglosen jungen Mann in dieser älteren, härteren und gereifteren Version wiederzufinden.

Sein Gesicht war so braun gebrannt, wie sie es in Erinnerung hatte, nur die feinen Falten um die Augen herum waren ein wenig tiefer geworden. Aber die Augen selbst schimmerten immer noch in dem intensiven Grün des Jadedrachens, dem Lieblingskunstwerk ihrer Großmutter. Das früher lange Haar war nun kurz geschnitten. Die Schultern waren breiter geworden. Und er schien tatsächlich einen Anzug zu besitzen. Ally entdeckte das Jackett über der Stuhllehne hinter seinem Schreibtisch.

Mit zweiundzwanzig war Peter Antonides ein sexy Surfer mit weiten Strandshorts gewesen, das Handtuch stets lässig um den Nacken gelegt. Aber mit zweiunddreißig in dunkler Baumwolle und einem am Hals offen stehenden Hemd wirkte er schlicht umwerfend.

Und er weckte in ihr ein Verlangen nach Dingen, die nicht für sie bestimmt waren.

Sie schloss die Augen, um ihn nicht länger sehen zu müssen.

Als sie ihre Augen wieder aufschlug, saß Peter ihr gegenüber und beobachtete sie aufmerksam.

„So, Ehefrau, wo hast du in letzter Zeit gesteckt?“

Ehefrau? Ja, sie war seine Ehefrau, allerdings hatte sie nicht erwartet, dass er diese Tatsache so einfach ins Gespräch einfließen lassen würde.

„Mal hier, mal dort“, erwiderte sie schnell, bevor ihre verlockenden Träumereien zu einer Katastrophe führten. „Das weißt du doch.“

„Nein. Erzähl’s mir.“

„Schön“, gab sie sich zähneknirschend geschlagen. „Mach dich darauf gefasst, dich zu langweilen. Wie du bestimmt mitbekommen hast, habe ich in Kalifornien angefangen.“

„Du meinst, nachdem du aus Hawaii geflüchtet bist?“

„Bei dir klingt das, als hätte ich dich verlassen! Es war deine Idee zu heiraten! Du hast angeboten …“

„Dich zu heiraten. Ja, ich weiß. Damit du das Erbe deiner Großmutter antreten, deinem bösen Vater entfliehen und dein eigenes Leben führen kannst, ich erinnere mich, Al.“

„Er war nicht böse. Ist nicht böse“, berichtigte sie sich.

„Damals hast du etwas anderes gesagt.“

„Selbst damals habe ich ihn nicht für böse gehalten! Ich wollte doch nur nicht, dass er mein Leben kontrolliert. Ich habe dir erzählt, wie er war. Der typische traditionsbewusste japanische Vater. Er glaubte zu wissen, was gut für mich ist, welche Kurse ich an der Universität belegen, was ich mit meinem Leben anfangen und wen ich heiraten sollte.“

„Und mittlerweile hast du deine Meinung geändert?“

„Nein, natürlich nicht. Ich hatte recht. Du hast mich damals gesehen, als …“ Aber das würde jetzt zu weit führen, also fing sie noch einmal an. „Ich verstehe ihn jetzt besser. Und ich lebe wieder auf Hawaii. Ich besuche ihn regelmäßig.“

Peter zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts.

„Vor ein paar Monaten hatte er einen Herzinfarkt“, erklärte Ally. „Er hätte sterben können. Da ist mir mit einem Mal bewusst geworden, dass ich mich nicht länger mit ihm streiten, sondern Frieden mit ihm schließen will. Also bin ich nach Honolulu zurückgekehrt. Zum ersten Mal, seit … seit er …“

„Seit er gesagt hat, dass du nicht mehr seine Tochter bist?“

„Ja.“ Es fiel ihr schwer, es zuzugeben, doch genau das hatte er damals gesagt. „Ich dachte, wenn ich zurückkomme, würde er mich vielleicht immer noch abweisen. Das Gegenteil war der Fall. Er hat sich so gefreut, mich zu sehen. Hat mich mit offenen Armen empfangen und mich gebeten, zu bleiben.“ Ally blinzelte die Tränen zurück, die sie stets bei der Erinnerung überfielen, wie kurz davor sie gewesen war, ihren Vater für immer zu verlieren. „Und das bin ich.“

„Bei ihm?“

„Nicht in seinem Haus. Ich lebe in einem Apartment in der Innenstadt. Seit Mai. Ich bin sogar an den Strand gegangen und habe Ausschau nach dir gehalten.“

Peters Mundwinkel zuckten. „Um zu sehen, ob ich immer noch auf die perfekte Welle warte?“

„Ich wusste nicht, dass du deine Zelte auf Hawaii abgebrochen hast.“

„Wie hätte ich es dir auch mitteilen sollen?“

Ally ging nicht darauf ein. „Ich bin auch an deiner alten Wohnung vorbeigekommen.“

„Wirklich?“, fragte er. „Mittlerweile steht dort ein Hochhaus.“

„Ja, das habe ich gesehen. Und Mrs. Chang …?“

„… ist zu ihrer Tochter gezogen, bevor ich die Insel verlassen habe.“

„Das war vor ein paar Jahren, oder?“

„Ich habe Honolulu schon früher verlassen. Oahu ist nicht der einzige Ort, an dem man surfen kann.“ Er hielt inne, als fiele es ihm erst jetzt auf. „Woher weißt du das?“

„Im Star stand ein Artikel über einen Surfer, der es zum Milliardär gebracht hat.“

Peter stieß ein verächtliches Schnauben aus und verdrehte die Augen. „Bla, bla, bla. Schreiberlinge mögen diese Geschichten. Gibt ihnen einen Grund zu leben.“

„Jeder braucht ein Ziel im Leben.“

„Manche Menschen haben bessere Ziele als andere.“ Er veränderte seine Sitzposition. „Damals haben wir den neuen Windsurfer auf der Insel vorgestellt. Meine Schwägerin war der Meinung, ein bisschen extra Promotion könne nicht schaden. Sie schlug vor, der Kampagne eine lokale Komponente zu verleihen.“

Der Peter, den sie kannte, hätte nie etwas getan, was ein anderer vorschlug. Anscheinend gelang es ihr nicht, ihre Überraschung zu verbergen.

„Es war allein meine Entscheidung“, konterte er scharf. „Und schau dir die Folgen an. Wir haben nicht nur mehr Windsurfer verkauft, nein, auch meine Ehefrau lässt sich wieder blicken.“

Da waren sie also wieder bei der Ehefrau-Geschichte angelangt. „Ja. Darüber wollte ich mit dir reden.“

Doch bevor sie ihren Vorteil aus dieser Eröffnung ziehen konnte, betrat seine Sekretärin das Büro mit einem Tablett in den Händen.

„Danke, Rosie.“ Einen Moment hielt er inne. „Ich glaube, Sie sind meiner Ehefrau noch nicht begegnet. Ally, das ist Rosie. Rosie, Ally.“

Rosie wirkte nicht wie jemand, dem je die Worte fehlten, doch in diesem Augenblick schien es ihr die Sprache verschlagen zu haben. Dann lächelte sie höflich und streckte die Hand aus. „Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte sie. „Endlich.“

Ally blinzelte verwirrt. Endlich? Peter hatte von ihr erzählt?

„Ohne Rosie läuft hier gar nichts“, erklärte Peter, ohne auf ihre Verwirrung zu reagieren.„Halten Sie bitte alle Anrufe für mich zurück“, wandte er sich an Rosie. Und geben Sie Ryne Murray einen anderen Termin.“

„Er befindet sich bereits auf dem Weg hierher.“

Ally stand auf. „Du bist beschäftigt“, entschuldigte sie sich. „Ich möchte dich nicht stören. Ich werde einfach gehen und …“

„Kein Problem“, fuhr Peter fort, als habe Ally überhaupt nichts gesagt. „Wenn er eintrifft, teilen Sie ihm mit, wir müssen uns ein andermal zusammensetzen. Meine Ehefrau und ich haben Einiges zu besprechen.“

„Nein, haben wir nicht“, protestierte Ally.

„Und machen Sie einen Termin für Anfang nächster Woche aus.“

„Hörst du mir überhaupt zu? Ich möchte deinen Terminkalender nicht durcheinanderbringen. Und dein Leben auch nicht. Ich hätte anrufen sollen. Ich will nicht …“ Sie machte einen Schritt auf die Tür zu, doch Peter hielt sie am Arm fest.

„Ist schon in Ordnung“, meinte er und lächelte Rosie zu. „Das wäre dann alles, danke.“ Er wartete, bis Rosie wieder hinausgegangen war. „Setz dich“, wandte er sich an Ally. „Und erzähl mir alles.“

„Warum hast du das getan? Warum sagst du das immer wieder?“

„Was tue ich? Was sage ich?“ Er reichte ihr ein Glas Eistee und deutete auf die Plätzchen, die auf einem Teller neben der Kanne lagen. „Meine Schwägerin backt sie selbst. Sie schmecken fantastisch.“

„Ich bin nicht hierhergekommen, um an einer Teeparty teilzunehmen, Peter! Warum hast du mich als deine Ehefrau vorgestellt?“

„Du hast damit angefangen. Ich habe es nur bestätigt.“

„Aber warum? Außerdem wusste Rosie bereits, dass wir verheiratet sind!“ Ally hatte erwartet, dass er die Sache eher diskret behandelte.

„Tja, du bist meine Ehefrau. Wir sind verheiratet“, erwiderte er.

„Ja, aber …“

„Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich eine Lügnerin genannt?“

„Nein.“ Seufzend schüttelte Ally den Kopf. „Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass du es von allen Dächern pfeifst. In dem Artikel wurde nicht erwähnt, dass du verheiratet bist“, erinnerte sie ihn. „Stattdessen wurden Horden von Frauen angeführt, mit denen du ausgehst.“

„Horden.“ Peter lachte auf. „Nicht ganz. Manchmal lasse ich mich zu geschäftlichen Anlässen begleiten. Von Bekannten, Freundinnen. Man erwartet das von mir.“

„Aber sie wissen nicht, dass du verheiratet bist.“

„Verdammt, Al, die meiste Zeit weiß ich es nicht einmal selbst.“

Die Vehemenz seiner Worte erfüllte sie mit Erleichterung und Schuldgefühlen zugleich. „Ich weiß“, entgegnete sie und umklammerte ihr Glas fester. „Es tut mir leid. Es war selbstsüchtig von mir, dich zu heiraten. Wir hätten es nicht tun dürfen. Ich … ich hätte niemals zulassen dürfen, dass du es tust.“

„Du hast es nicht zugelassen“, widersprach Peter. „Ich habe es dir angeboten. Du hast einfach nur Ja gesagt. Außerdem war es ja keine große Sache.“

„Für mich schon.“ Schließlich hatte er ihr damit das Leben gerettet!

„Na, schön“, lenkte er ein. „Erzähl mir, wie es dir ergangen ist. Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, hatten wir wenig Zeit zum Reden.“

Das letzte Mal. Vor fünf Jahren, als sie nach Honolulu kam, um ihre Vernissage zu eröffnen, war auch er dort gewesen … mit einer äußerst attraktiven Frau im Arm.

„Ich komme zurecht“, wiegelte sie ab.

„Mehr als das, würde ich sagen.“ Peter lehnte sich zurück. „Weltbekannte Stoffkünstlerin. Modedesignerin. International erfolgreiche Geschäftsfrau. Wie viele Boutiquen besitzt du mittlerweile?“

Offensichtlich hatte auch er einiges über sie gelesen.

„Sieben“, entgegnete sie knapp. „Letzten Monat habe ich eine in Honolulu eröffnet.“

Von Hawaii aus war sie nach Kalifornien gegangen und hatte sich in einer Kunsthochschule eingeschrieben. Damit das Geld aus dem Erbe ihrer Großmutter länger reichte, arbeitete sie nebenher in einem Stoffgeschäft.

Es war ihr gelungen, ihre beiden Interessensgebiete zu verbinden, indem sie Quilts und Wandbehänge entwarf, die sie rasch einer wachsenden Öffentlichkeit bekannt machten.

Danach war es nur ein kleiner Schritt zum eigenen Design von Kleidern gewesen. „Tragbare Kunst“ nannte sie ihre Unikate.

Mittlerweile verkaufte sie ihre ganz individuelle Mode nicht nur in eigenen Boutiquen, ihre Kleider wurden auch in Galerien und Museen auf der ganzen Welt ausgestellt.

„Beeindruckend“, kommentierte Peter.

„Ich habe hart dafür gearbeitet. Das hast du ja damals gesehen.“Vor fünf Jahren, meinte sie.

„Ja“, bestätigte er. „Und du brauchtest meine Hilfe nicht mehr.“

Ally versteifte sich. „Ich war sehr unhöflich in jener Nacht.“

Es war das einzige Mal gewesen, dass sie sich nach ihrer Hochzeit wiedergesehen hatten. Sie war für ihre sehr ambitionierte Ausstellung nach Honolulu zurückgekommen – auch um ihrem Vater zu beweisen, dass sie die richtigen Entscheidungen getroffen hatte.

Also schickte sie ihrem Vater eine Einladung und wartete nervös auf sein Eintreffen.

Er war nie gekommen.

Dafür kam Peter.

Sie sah auf, und da stand er, groß, voller Leben und doppelt so attraktiv, wie sie ihn in Erinnerung hatte.

Autor

Anne McAllister
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