Nanny gesucht - Mommy gefunden

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Plötzlich Papa: Hailey kann sich vorstellen, wie sich ihr Nachbar Winn Ferris fühlt, als sein achtjähriger Junge bei ihm einzieht! Sie erklärt sich bereit, dem Unternehmer zu helfen – und verliebt sich Hals über Kopf in Winn. Doch der will nichts von einer Patchworkfamilie wissen …


  • Erscheinungstag 03.05.2021
  • Bandnummer 12
  • ISBN / Artikelnummer 9783751505840
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Hailey Randall saß allein an einem Tisch im „Hill of Beans“ Coffeeshop und grübelte darüber nach, wie dumm sie doch war. Denn vor Kurzem hatte sie herausgefunden, dass ihr Freund sie nur ausgenutzt hatte.

„Von deinem strahlenden Lächeln bekommt man ja Sonnenbrand.“

Hailey sah auf. Cassidy Kaye, die Eigentümerin des beliebten Friseursalons „Clippety Do Dah“, hielt sich die Hand vor die Augen. „Ich … ich bin ganz geblendet.“

„Ha ha.“ Aber Haileys Lippen zuckten. „Solltest du nicht gerade irgendwem die Haare scheren?“

„Bei dieser überschwänglichen Begrüßung wird mir ganz warm ums Herz. Und ich setze mich natürlich liebend gerne zu dir.“ Cassidy ließ sich auf den leeren Stuhl fallen. Sie grinste, streckte die Hand aus und nahm sich ein Stück von Haileys Zimtmuffin. „Was für ein Kaffee ist das?“

„Zimt.“

Cassidy rollte die Augen. „Zimt im Kaffee. Zimt im Muffin. Kindchen, du brauchst ein bisschen Abwechslung.“

Obwohl Hailey nicht einsah, warum das langweilig sein sollte, lächelte sie. „Glaub mir, sogar ich habe so meine Momente.“

„Wie zum Beispiel Josh Gratzke in hohem Bogen vor die Tür zu setzen.“

Haileys Lächeln verschwand. Sie hätte wissen müssen, dass sich das inzwischen herumgesprochen hatte.

„Ich kann nur sagen, es war höchste Zeit.“ Cassidy nickte entschieden.

Hailey hatte das Gefühl, dass die meisten ihrer Freunde so reagieren würden. Darum kam sie sich nur noch dämlicher vor. „Ich hab es einfach nicht gemerkt, Cass. Ich Dummkopf habe geglaubt, er hat sich Hals über Kopf in mich verliebt. Ich hätte nie gedacht, dass Josh nur auf einen Job im Büro von meinem Bruder aus war.“

Hailey konnte es immer noch kaum glauben, dass ihr Bruder jetzt der Bürgermeister von Jackson Hole, Wyoming, war.

Cassidys Augen verdunkelten sich. „Menschen enttäuschen einen eben. Sogar diejenigen, die wir vermeintlich gut kennen.“

„Ich hätte was merken sollen“, murmelte Hailey.

„Geh mal nicht zu hart mit dir ins Gericht. Josh war ziemlich geschickt.“ Cassidy drückte Haileys Hand.

Hailey hatte keinen Appetit mehr, also schob sie ihren Teller Cassidy hin. „Erzähl mir von Susan Finsters Hochzeit.“

„Sie will das komplette Programm.“ Cassidy beugte sich vor. „Man hat mir zu verstehen gegeben, dass sie gerne zur Konkurrenz geht, wenn ich das nicht schaffe.“

„Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Ich habe während des Studiums als Kosmetikerin gearbeitet. Das hat mir wirklich Spaß gemacht.“

Cassidy ließ das Gebäckstück fallen. „Jetzt ernsthaft?“

„Absolut.“ Hailey freute sich über Cassidys Reaktion.

„Verdammt, ich glaub das einfach nicht.“ Cassidy schlug sich mit der Hand gegen den Kopf. „Ich zermartere mir seit Wochen das Gehirn, wen ich fragen könnte, dabei habe ich dich direkt vor der Nase.“

„Da bin ich ja froh, dass ich nicht die Einzige bin, die mal was Offensichtliches übersieht.“

Haileys trockener Tonfall brachte Cassidy zum Lächeln. Die Friseurin richtete sich auf. „Ich will, dass wir zusammenarbeiten, Hailey.“

„Dann würdest du aber die Katze im Sack kaufen.“ Hailey bemühte sich darum, unbefangen zu klingen. „Du weißt doch gar nicht, ob ich was drauf habe.“

Mit blau lackierten Fingernägeln wischte Cassidy Haileys Einwand beiseite. „Ich hatte schon Kundinnen, die mit deinen Vorschlägen für ihre Frisur zu mir gekommen sind. Du hast immer den Nagel auf den Kopf getroffen.“

Hailey errötete vor Freude. „Du willst wirklich, dass ich für dich arbeite?“

„Nein, eigentlich nicht.“ Cassidy musterte sie nachdenklich. „Ich will, dass du mit mir zusammenarbeitest“, erläuterte Cassidy. „Eine Partnerschaft.“

Hailey stellte sich vor, wie sie mit Kundinnen arbeitete, ihnen Tipps gab und ihnen zeigte, wie ein anderes Make-up und eine neue Frisur ihre natürliche Schönheit betonten. Diese Gelegenheit wollte sie unbedingt beim Schopf packen. Aber sie zwang sich, nichts zu überstürzen. Die Lektion hatte sie dank Josh gelernt. „Warum eine Partnerschaft?“

„Du musst das als dein Projekt sehen. Ich will deine Beziehungen ausnutzen, um das Unternehmen in Schwung zu bringen.“

Ein eisiger Schauer lief Hailey den Rücken hinunter. „Ich habe gedacht, du willst mich wegen meiner Fähigkeiten …“

„Jetzt stell dich nicht so an.“ Cassidy tat ihren Kommentar mit einer Handbewegung ab. „Ich bringe meine Geschäftserfahrung, meine Zulassung und meine Kontakte ein. Das wiegst du mit deinem Blick für Farben, deiner Erfahrung als Kosmetikerin und deinen Beziehungen auf.“

Hailey konzentrierte sich auf die Fakten. Ein paar Sekunden später stieß sie den Atem aus und nickte. „Das ergibt vermutlich Sinn.“

„Auf jeden Fall.“ Cassidy schob ihren Stuhl zurück. „Über die Einzelheiten können wir reden, sobald du dich entschieden hast.“

„Meinst du nicht, falls ich mich dafür entscheide?“

„Wir können es doch beide gar nicht erwarten loszulegen.“ Cassidy grinste.

Da läutete die Klingel über der Ladentür, und Winston Ferris kam herein, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt. Beim Anblick ihres gut aussehenden Nachbarn machte Haileys Herz einen Satz.

Winn war groß, athletisch gebaut und selbstbewusst. Das dunkle Haar trug er in einem modischen Kurzhaarschnitt. Obwohl sein Gesicht durchaus attraktiv war, machten seine kühlen grünbraunen Augen seinen eigentlichen Reiz aus.

„Ich muss wieder in den Salon.“ Cassidy nickte Winn zu. „Also überlass ich dich mal deinem neuen Freund.“

Hailey runzelte die Stirn. „Winn ist nur mein Nachbar.“

Cassidy zwinkerte ihr nur zu und schlenderte davon.

„Das ist nur ein Rückschlag, mehr nicht.“ Winn ließ sich keinerlei Gefühlsregung anmerken, während er dem Wutausbruch seines Chefs zuhörte. Er nickte Cassidy Kaye kurz zu. Die Geschäftsfrau mit dem rosa Haar und der aufreizenden Figur war gerade auf dem Weg nach draußen.

Schließlich fiel seinem Chef nichts mehr ein, und er beendete abrupt den Anruf. Winn steckte das Handy ein. Es gab wieder ein Problem bei der Bewilligung des Golfplatzes.

Kaffee brauche ich jetzt keinen mehr, dachte Winn.

Aber dann sah er, dass Cole Lassiter hinter dem Tresen stand. Cole war ein wichtiger Meinungsmacher in Jackson Hole.

„Cole.“ Winn schenkte dem Eigentümer der „Hill of Beans“-Kette ein Lächeln. „Was macht der Chef hinterm Tresen?“

„Ich lerne die alltäglichen Herausforderungen kennen, die meine Mitarbeiter bewältigen müssen“, erklärte Cole entspannt.

„Vorbildlich.“ Winn hielt seine Aktentasche hoch. „Ich habe gedacht, ich besorge mir eine Dosis Koffein, um ein paar Berichte durchzugehen.“

„Also einfach nur einen Kaffee?“

„Schwarz und stark.“

„Kommt sofort.“ Cole drehte sich zur Kaffeemaschine um.

Winn nutzte die Gelegenheit, um sich im Coffeeshop umzusehen.

Er hatte den Blick beinahe einmal im Kreis wandern lassen, als ihm eine zierliche Blondine in Jeans und knallrosa Kapuzenshirt auffiel.

Hailey Randall. Seine Nachbarin. Allein.

Winn hatte seit Tagen auf eine Gelegenheit gehofft, sich mit ihr zu unterhalten. Wieder sagte er sich, dass ihr Privatleben ihn nichts anging. Doch als er seinen Kaffee hatte, ging er geradewegs zu ihrem Tisch.

Als er näherkam, sah sie auf. Ihr einladendes Lächeln war ein unerwarteter Lichtblick an diesem Tag.

„Darf ich?“, fragte er höflich.

Sie deutete auf den leeren Stuhl. „Aber bitte.“ Dann lehnte sie sich zurück. „Ich habe dich jetzt eine Weile nicht gesehen. Warst du wieder geschäftlich unterwegs?“

„Ich habe meinem Dad auf der Ranch beim Heumachen geholfen.“ Winn nahm einen tiefen Schluck Kaffee.

„Das ist harte Arbeit.“ Hailey bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick. „Du wirkst jetzt nicht gerade wie der Typ für körperliche Arbeit.“

„Soll ich mich jetzt beleidigt oder geschmeichelt fühlen?“ Winn lachte leise. „Ehrlich gesagt macht es mir Spaß, mal gehörig zu schwitzen.“

Das sollte wirklich keine Anspielung sein. Aber eine Sekunde lang lag da … etwas in der Luft. Etwas, das er schon mal gespürt, aber ignoriert hatte. Schließlich war Hailey nicht nur sieben Jahre jünger als er, sondern auch seine Nachbarin. Vor allem aber war sie eine Freundin. Und er hatte nicht viele Freunde in Jackson Hole.

Genau darum musste er ehrlich mit ihr sein. Hailey war mit Josh nur ein paar Monate zusammen gewesen. Das wusste Winn. Aber der Kerl war genau wie Vanessa.

Winn hatte gedacht, dass er Vanessa vielleicht wirklich liebte. Er hatte ihr vertraut. Einer Frau, die mit einem anderen Mann geschlafen hatte, während sie angeblich eine monogame Beziehung führten.

Winn wünschte sich, ihm hätte damals jemand etwas gesagt. Dadurch wäre ihm viel erspart geblieben.

„Ich muss dir was sagen.“

„Wenn du mir jetzt eröffnest, dass du der Geschäftswelt den Rücken kehrst, um als Rodeoclown zu arbeiten, gib mir eine Sekunde, um noch einen Espresso zu bestellen“, zog sie ihn auf.

Winn schüttelte den Kopf. Er wollte ihr wirklich auf keinen Fall wehtun. „Es geht nicht um mich. Sondern um Josh.“

Ihr Lächeln verblasste. Als sie nach ihrer Tasse griff, zitterte ihre Hand. „Was gibt’s denn?“

„Er ist nicht der Mann, für den du ihn hältst …“

„Oh, Winn.“ Ihr Lachen klang zerbrechlich. „Ich glaube, ich kenne ihn inzwischen ziemlich gut.“

„Dann weißt du also Bescheid?“, fragte Winn vorsichtig.

„Jawohl.“ Obwohl ihr Ton nichts preisgab, glänzten ihre Augen tränenfeucht.

Winns Magen verkrampfte sich. „Wie hast du das herausgefunden?“

Ihr ersticktes Lachen sagte ihm, dass sie den Tränen nahe war. „Du meinst, wann ich endlich gemerkt habe, dass er mich nur benutzt, um sich an meinen Bruder heranzumachen?“

Jetzt war Winn total verwirrt. „Ich rede von der Frau in Idaho Falls, mit der er ein Verhältnis hat.“

Hailey glitt die Tasse aus der Hand und landete mit einem Klirren auf dem Tisch. Als sie sprach, war ihre Stimme unnatürlich gelassen. „Was für eine Frau?“

„Eine Anwältin namens Kelly. Das ist alles, was ich weiß.“ Er hielt inne, als ihm plötzlich die Bedeutung ihrer Worte aufging. „Er hat dich benutzt, um an Tripp heranzukommen? Warum?“

„Anscheinend hat Josh politische Ambitionen.“ Sie hob die Tasse an die Lippen, trank aber nicht. „Gibt es einen besseren Weg, die Konkurrenz zu übertrumpfen, als den entscheidenden Mann über seine geliebte kleine Schwester kennenzulernen?“

Winn hörte den Schmerz trotz ihres Sarkasmus. „Wie hast du das herausgefunden?“

„Von einem Freund eines Freundes.“ Hailey zuckte eine Schulter. „Josh hat angegeben. Das hat sich dann bis zu mir durchgesprochen.“

„Er ist ein Narr.“

Ich war da die Dumme.“ Hailey lachte humorlos. „Bis gerade eben habe ich mich damit getröstet, dass er mich vielleicht zumindest gemocht hat. Jetzt scheint es, als ob ich wirklich nur Mittel zum Zweck gewesen bin. Erklär mir, wie du die Sache mit der Anwältin herausgefunden hast.“

Winn konnte die Traurigkeit nicht ertragen, die ihre Augen verdunkelte. „Das spielt doch keine Rolle.“

„Ich will Bescheid wissen.“ Hailey umklammerte sein Handgelenk. „Sag es mir.“

Er sah ihr in die blauen Augen, und sein Herz verkrampfte sich. Was er ihr zu sagen hatte, würde ihr nur noch mehr wehtun. Das bedauerte er zutiefst.

„Ich hatte letzte Woche ein Geschäftsessen in Idaho Falls“, setzte er an.

Winn hatte nicht erwartet, dass er dort einen Bekannten treffen würde. Doch dann hatte er Josh mit einer hübschen Brünetten in dem schicken Restaurant gesehen.

Als Winn seinen Bericht beendete, war Haileys Miene wie versteinert.

Sie presste die Lippen zusammen. „Also nicht nur ein Opportunist, sondern auch noch ein Betrüger.“

Winn nahm einen Schluck Kaffee und nickte.

„Ich mag es nicht, hintergangen zu werden.“

„Wer tut das schon?“ Winn konnte gut verstehen, wie schockiert, betrogen und bloßgestellt sie sich fühlte. Sogar nach acht Jahren setzte ihm die Tatsache immer noch zu, wie er sich damals von Vanessa hatte hinters Licht führen lassen.

„Danke, dass du mir das erzählt hast. Das weiß ich zu schätzen.“ Hailey verzog die Lippen zu einem zittrigen Lächeln. „Manche Leute hätten kein Wort gesagt.“

„Ich sehe das so“, meinte Winn beiläufig. „Wenn du nicht auf deine Freunde zählen kannst, wozu taugen die dann?“

Aber als er ihr in die Augen sah, musste er gegen das Bedürfnis ankämpfen, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen, bis die Traurigkeit aus ihren Augen verschwunden war.

Freunde, dachte er und lächelte reumütig. Ja, klar.

2. KAPITEL

Nach der Diskussion mit seinem Chef und dem Gespräch mit Hailey war sein Vater der letzte Mensch auf der Welt, den Winn sehen wollte. Aber er hatte seinem Dad versprochen, mittags auf der Ranch vorbeizukommen.

Winn fuhr vom Highway auf die Landstraße, während er darüber nachdachte, wie viel er von dem neuesten Rückschlag erzählen sollte.

Winn hielt vor dem Ranchhaus an und beschloss, dass er das Thema nicht von sich aus ansprechen würde.

Einen Augenblick später öffnete Elena Hernandez, die Haushälterin seines Vaters, lächelnd die Tür. „Wie schön, Sie zu sehen, Mr. Ferris.“

„Guten Tag, Elena.“ Winn sah sich im Foyer um.

Normalerweise würde sein Vater sich bereits lautstark beschweren, weil er sich angeblich verspätet hatte, auch wenn er tatsächlich zu früh dran war. Aber es herrschte Stille im Haus.

Winn zog eine Augenbraue hoch.

„Ich fürchte, Ihr Vater ist nicht da.“

Sie hatten den Termin erst am Vorabend ausgemacht. „Wo steckt er denn?“

„Ich glaube, er ist in Idaho Falls. Etwas Geschäftliches.“

Winn kämpfte gegen den aufsteigenden Ärger an. Sein Vater hätte ihm wenigstens eine SMS schicken können.

„Darf ich Ihnen etwas zu essen anbieten?“

„Nein, ich …“

„Ich habe Escabeche mit Hühnchen gemacht.“

Offensichtlich erinnerte sie sich noch daran, dass es sich dabei um eine seiner Lieblingsspeisen handelte.

„Dann bleibe ich auf jeden Fall zum Lunch.“

Elena wollte schon in der Küche verschwinden, doch dann blieb sie auf der Türschwelle stehen. „Würden Sie lieber im Esszimmer oder auf der Terrasse speisen?“

„Auf der Terrasse.“ Winn zog sein Handy aus der Tasche. „Und ich hätte gerne ein Glas Eistee.“

„Aber natürlich.“

Winn ging auf die Terrasse hinaus, die im Schatten großer Laubbäume lag. Dort ließ er sich auf einem der bequemen Stühle nieder.

Während er auf seinen Lunch wartete, telefonierte Winn mit dem Rathaus und teilte mit, wie unzufrieden er wegen der neuerlichen Verzögerungen war.

Als er hörte, wie die Terrassentüren aufgingen, drehte er sich um. Elena kam mit einem Glas in der Hand aus dem Haus.

„Viel Eis, genau wie Sie es mögen.“ Die Haushälterin stellte den Eistee auf dem Beistelltisch neben seinem Stuhl ab. „Das Essen kommt auch gleich.“

„Keine Eile.“ Winn hielt das Handy hoch. „Ich muss noch ein paar Rückrufe machen.“

Er dachte an den Ausdruck in Haileys Augen, als er ihr eröffnet hatte, dass er Josh mit einer anderen Frau gesehen hatte. An ihren Schmerz, als sie erzählt hatte, wie dieser Fiesling sie nur benutzt hatte, um an Tripp heranzukommen.

Er dachte an Vanessa. Eine Frau, von der er geglaubt hatte, dass er sie wirklich lieben könnte. Aber genau wie Hailey herausgefunden hatte, dass man Josh nicht vertrauen konnte, hatte er begreifen müssen, dass die fröhliche Vanessa ihn belogen und betrogen hatte.

Winn hörte die Türklingel und richtete sich auf. Anscheinend war er nicht der einzige Besucher, den sein Vater heute versetzt hatte.

„Kommen Sie herein, Miss Hailey.“ Elenas Stimme klang herzlich. Abgesehen von der Begrüßung konnte Winn nur die Worte „er ist im Stall“ verstehen.

Weil er neugierig war, stand Winn auf.

Als er das Foyer betrat, versuchte Elena gerade, die hübsche Blondine zu überreden, zum Mittagessen zu bleiben.

„Danke für das Angebot“, sagte Hailey. „Aber …“

Hailey machte große Augen, als sie ihn erblickte. „Winn. Ich habe gar nicht gewusst, dass du da bist.“

„Denk doch noch mal über Elenas Vorschlag nach und leiste mir beim Lunch Gesellschaft“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Hat sie schon erwähnt, dass es Escabeche mit Hühnchen gibt? Ich wette, sie hat auch ein Glas Sangria für dich.“

„Ich glaube nicht …“

„Jetzt sag bloß nicht, dass du noch satt bist“, sagte Winn. „Der Muffin von heute früh kann unmöglich vorhalten.“

Winn ignorierte das neugierige Glitzern in Elenas Augen. Er nahm Haileys Arm und fällte eine Entscheidung. „Miss Randall wird mit mir auf der Terrasse essen.“

„Jawohl.“ Elena entfernte sich eilig und ignorierte Haileys leisen Protest.

Haileys Wangen glühten. „Ich bin wirklich nicht hergekommen, weil ich erwartet habe, etwas zu essen zu bekommen.“

„Damit machst du Elena nur eine Freude“, sagte Winn, während er weiter ihren Arm festhielt, als er sie auf die Terrasse führte. „Also, jetzt erzähl mal. Was für einen Mann hast du hier im Stall versteckt?“

„Mann?“ Hailey hob die hübschen Augenbrauen. „Was für ein Mann?“

„Elena hat doch gesagt, dass er im Stall ist.“

Hailey ließ sich auf einen Stuhl fallen und brach in schallendes Gelächter aus. „Der Mann ist ein Hund.“

Winn blinzelte.

„So einer, der bellt. Und vier Beine hat.“ Haileys Tonfall war ganz ernst, aber sie schien sich bemühen zu müssen, nicht noch mal loszulachen.

Elena tauchte mit einem Glas Sangria und einem Tablett mit Tapas auf, bevor sie beschwingten Schrittes wieder im Haus verschwand.

„Der Hund ist ein Streuner.“ Hailey nahm einen Schluck Sangria. Ihre blauen Augen funkelten genießerisch. „Der ist gut. Versuch mal.“

Sie hielt ihm den Sangria hin. Gehorsam nahm Winn einen Schluck und fragte sich, wie es wäre, wenn er ihre Lippen und nicht das Glas berührte. Würde ihr Mund so süß schmecken wie der Sangria?

Winn schob den Gedanken beiseite und gab ihr den Drink zurück. Dabei lächelte er. „Sehr lecker.“

Als sie das Glas wieder an die Lippen führte, verspürte Winn ein heftiges Aufwallen von Leidenschaft. Das passierte ihm nicht zum ersten Mal mit ihr. Aber sie musste gerade über das schlechte Ende einer Beziehung wegkommen. Er lehnte sich zurück und zwang sich zu einer Gelassenheit, die er nicht wirklich spürte. „Erzähl mir mehr über den Grund deines Besuchs.“

Er hörte zu, als sie erklärte, wie der Colliemischling auf dem Grundstück seines Vaters aufgetaucht war. Niemand vermisste einen Hund in der Gegend.

„Die Leute vom Tierheim haben gesagt, das hört sich so an, als ob er ausgesetzt worden ist.“

„Du bist den weiten Weg hier rausgefahren, nur um dir einen streunenden Hund anzusehen?“

„Er heißt Bandit“, sagte Hailey beinahe pikiert. „Das steht auf einer Marke an seinem Halsband. Jedenfalls hat dein Vater Bobby gesagt, er soll ihn ins Tierheim bringen. Aber das Tierheim ist voll und es wäre möglich, dass er dort eingeschläfert wird. Soviel ich weiß, ist er ein kluges, liebes Tier. Und jung …“

Winn hob die Hand wie ein Schuljunge, der darauf wartet, dass die Lehrerin ihn aufruft.

Hailey lächelte. „Ja, Winn?“

„Wer ist Bobby?“

„Einer der Rancharbeiter deines Vaters.“ Ihr Tonfall legte nahe, dass er das hätte wissen sollen. „Bobby und ich sind zusammen zur Schule gegangen.“

„Ich bin überrascht, dass dein Freund ihn nicht selbst behält.“ Winn verzog das Gesicht. Er konnte es nicht ausstehen, Zeit zu verschwenden. Also warum saß er hier herum und unterhielt sich über einen streunenden Hund?

„Bobbys Vermieter erlaubt keine Haustiere.“ Hailey hielt inne, um noch einen Schluck Sangria zu genießen. „Ich denke darüber nach, mir einen Hund zuzulegen. Also habe ich gesagt, ich sehe ihn mir mal an. Wenn er mir gefällt, nehme ich ihn mit.“

Ja, er verschwendete wirklich seine Zeit damit, über einen Hund zu reden. Winn öffnete schon den Mund, entschlossen, das Thema zu wechseln, als Elena mit dem Salat erschien.

„Danke.“ Hailey schenkte der Haushälterin ein warmherziges Lächeln. „Das sieht köstlich aus.“

Hailey nahm noch einen tiefen Schluck Sangria. „Ich liebe Hunde, und du?“

„Ich hatte noch nie viel mit Tieren zu tun.“

Hailey stellte ihr Glas ab. „Aber als kleiner Junge hast du doch bestimmt einen Hund gehabt, oder?“

„Du kennst doch meinen Vater.“

Hailey legte einen Finger an die Lippen und lenkte damit seine Aufmerksamkeit auf ihren vollen, sinnlichen Mund. „Du hast recht. Er ist auf keinen Fall ein Hundemensch.“

„Soweit ich das beurteilen kann, bedeutet jedes Haustier eine Menge Verantwortung.“ Winn platzierte die Leinenserviette mit Präzision auf seinem Schoß. „Bist du sicher, dass du genug Zeit dafür hast?“

„Absolut. Ohne Josh ist in meiner Freizeit jetzt offiziell gar nichts mehr los.“ Hailey lachte humorlos. „Und ich habe viel Freizeit. Da bin ich schon mal einsam. Du nicht?“

„Eigentlich nicht.“ Als Kind hatte er sich sogar in Gesellschaft oft allein gefühlt. Aber das war lange her. Jetzt schätzte er seine Privatsphäre.

„Wenn wir gegessen haben, kannst du mitkommen und dir mit mir Bandit ansehen.“

Autor

Cindy Kirk
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