Eine Braut muss sich entscheiden ...

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Sich in einem schmutzigen Hochzeitskleid um einen Job bewerben? Auch für Kate scheint das kein guter Start. Trotzdem gibt der verboten gutaussehende Cabot ihr Arbeit auf seiner Ranch … bis ihr altes Leben sie einholt. Jetzt steht Kate vor der Wahl: Will sie Glamour oder Familienglück?


  • Erscheinungstag 16.11.2020
  • Bandnummer 4
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504263
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Es kam nicht oft vor, dass man im Grizzly Bear Diner einer Frau in einem schulterfreien Hochzeitskleid begegnete. Wenn Cabot Dixon sie nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dann hätte er allerdings recht schnell von dieser Frau gehört, denn in Blackwater Lake in Montana liebten die Leute Klatsch und Tratsch.

Die Braut war aus einem verbeulten Pick-up-Truck gestiegen und sah großartig aus. Cabot hatte von seinem Platz am Tresen aus beobachtet, wie sie das lange Satinkleid mit einer Hand anhob – wahrscheinlich, um nicht darüber zu stolpern, denn schmutzig war das Kleid schon – und das Diner betrat, als ginge sie geradewegs zum Altar. Sie stellte sich zwei Hocker neben Cabot an den Tresen und wandte sich an die Besitzerin des Diners, Michelle Crawford. Die bekam kaum den Mund wieder zu.

„Ich komme wegen des Schildes Aushilfe gesucht an der Tür“, sagte die Braut.

Aus der Nähe sah sie sogar noch besser aus. Sie hatte eine unglaublich gute Figur und hellbraune Haare mit blonden Strähnen. Und ihre Stimme erst … Sie klang ein wenig rau und dadurch unglaublich sexy.

Um diese Zeit besuchten nur wenige das Diner. Es herrschte völlige Stille, und alle Augen waren auf die Frau gerichtet, als sie hinzufügte: „Ich könnte einen Job gebrauchen.“

„Okay.“ Michelle warf Cabot einen hilfesuchenden Blick zu. Vielleicht hoffte sie einerseits, er würde von hier an übernehmen, da er ja das Schild aufgehängt hatte. Andererseits hatte sie ihm angeboten, die Vorauswahl unter den Bewerbern zu treffen, damit er nicht alle fünf Minuten in die Stadt fahren musste. Und er war gespannt, wie sie mit dieser Situation umgehen würde. Ganz offensichtlich war diese Braut ja ohne Bräutigam unterwegs. Immerhin hatte sie sich aus dem Staub gemacht, bevor sie ewige Treue schwor und dann schwanger wurde – anders als seine Exfrau.

Unwillkürlich fiel Cabots Blick auf den flachen Bauch der Braut. Das eng anliegende Kleid ließ keinen Platz für Fettpölsterchen oder gar einen Babybauch, zeigte dafür aber viel von ihren schönen Muskeln in den Armen und Schultern. Im Brustbereich war sie ein wenig flach, aber dafür hatte sie eine süße Nase und einen tollen Mund.

Die Braut stützte die Hände auf den roten Tresen. „Ich habe noch nie gekellnert, aber ich lerne schnell und …“

Michelle hob die Hand. „Warten Sie. Der Job ist nicht hier im Diner, sondern auf einer Ranch etwa zehn Meilen außerhalb. Ich führe nur die Bewerbungsgespräche.“

„Ach so.“ Sie nickte. „Ich gebe zu, dass ich das Schild nicht ganz gelesen habe, aber ich bin im Moment ein wenig abgelenkt.“

Das stimmte wohl. Das Hochzeitskleid verriet es.

„Nun ja …“ Wieder blickte Michelle zu Cabot. „Gesucht wird eine Aushilfe für ein Sommercamp für Kinder, das der Besitzer auf seiner Ranch abhält. Ihr Job wäre es, überall mit anzufassen, wo jemand gebraucht wird – Beschäftigung der Kinder, Sportwettkämpfe, was auch immer.“

„Das passt mir gut. Ich mag Kinder sehr.“

„Ich bin nicht sicher, ob er sich das so vorgestellt hat.“

„Wer?“

„Der Rancher. Sie sind wahrscheinlich überqualifiziert.“

„Ich suche einfach nur eine Arbeit.“ Auf einmal wirkte sie verletzlich. „Heutzutage ist es doch nicht unüblich, dass Leute einen Job machen, für den sie überqualifiziert sind.“

Da hatte sie recht. Einerseits hatte er zwar mehr an einen ferienjobbenden Studenten gedacht, aber andererseits war er mit dem Schild ziemlich spät dran. Das Camp fing bald an, und die meisten Studenten jobbten schon anderweitig. Also konnte er nicht allzu wählerisch sein.

Michelle verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber selbst die überqualifizierten Bewerber werfen sich meist nicht so in Schale.“

„Ah, Sie haben das Kleid bemerkt.“ Die Braut klang so beiläufig, als trüge sie zu Vorstellungsgesprächen nie etwas anderes. „Wahrscheinlich sticht meine Garderobe ein wenig heraus?“

„Kann man so sagen.“

Die Frau hatte Courage, das musste man ihr lassen. Cabot trank einen Schluck kalten Kaffee und spitzte die Ohren, um ja nichts zu verpassen.

„Ehrlich gesagt habe ich meine Hochzeit platzen lassen.“

„Nein, wirklich? Darauf wäre ich nie gekommen.“ Eigentlich hatte Cabot sich ja raushalten wollen, aber er konnte einfach nicht widerstehen. „Sie haben also einem armen Kerl das Herz gebrochen.“

Sie wandte sich ihm zu und blickte ihn prüfend an. „Und wer sind Sie?“

„Cabot Dixon. Es war leider unmöglich, nicht mitzuhören. Also, warum sind Sie weggelaufen?“

„Es geht Sie zwar nichts an, aber der Kerl ist ein verlogener, untreuer Drecksack.“

„Das klingt nicht gut. Aber darf ich trotzdem fragen – hätten Sie ihn dann nicht loswerden sollen, bevor Sie mit ihm an den Altar treten?“

„Hätte ich wahrscheinlich. Meine Schwester hat mich gewarnt und mir erzählt, dass er sie angebaggert hat, aber ich war stur und wollte es nicht glauben. Dann habe ich ihn dabei erwischt, wie er vor der Kirche meine Trauzeugin geküsst hat. Und da dachte ich mir, das wäre der richtige Zeitpunkt, ihm zu sagen, dass aus der Heirat wahrscheinlich nichts wird.“ Sie verzog den Mund. „Ich kann es nicht ausstehen, wenn meine Schwester recht hat.“

„So ein Mistkerl!“, fügte Michelle hinzu.

Da musste Cabot ihr zustimmen.

„Ich habe ihm den Verlobungsring zurückgegeben und ihm gewünscht, er solle dran ersticken, aber dann wusste ich einfach nicht weiter und …“ Die Braut seufzte, was ihren Brustumfang bemerkenswert erweiterte. „Also habe ich mir einfach die Autoschlüssel gegriffen und bin abgehauen. Ich bin die ganze Nacht durchgefahren und schließlich hier gelandet.“

„Hier sind Sie schon ganz richtig, meine Liebe.“ Michelle tätschelte ihre Hand und warf Cabot erneut einen hilfesuchenden Blick zu.

„Wie heißen Sie?“, fragte er.

„Katrina Scott. Kate.“ Sie blickte zwischen ihm und Michelle hin und her. „Warum schauen Sie immer zu ihm hinüber?“, fragte sie Michelle.

„Weil das der Rancher ist, der das Schild aufgehängt hat. Klink dich ein, wann immer du willst“, wandte sie sich dann an Cabot. „Meiner Meinung nach würde Kate gut zu dir passen.“ An Kate gewandt fügte sie hinzu: „Er hat eine Schwäche für Pechvögel.“

„Ich weiß, dass du das nett meinst“, sagte er zu Michelle.

„Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“ Sie lächelte die Braut an und sagte: „So, damit wäre meine Arbeit erledigt. Ich bin übrigens Michelle Crawford. Freut mich, Sie kennenzulernen, Kate. Willkommen in Blackwater Lake.“

„Danke.“ Nachdem Michelle sich in die Küche zurückgezogen hatte, wandte sich Kate ihm zu. „Sie hätten auch sagen können, dass Sie den Job vergeben, bevor ich meine Lebensgeschichte ausbreite.“

„Sie waren so schön in Fahrt.“

„Nur um das klarzustellen, ich halte mich für keinen Pechvogel. Es sei denn, es geht um Männer, nehme ich an. Aber Sie können nicht einfach vergessen oder ausblenden, was ich vorher gesagt habe, oder?“

„Wahrscheinlich nicht.“

„Dachte ich mir.“ Sie seufzte.

„Katrina also. Wie der Hurrikan.“

„Aber ich war zuerst da, und ich bin sicher, dass mich meine Eltern nach einer Wikingerkönigin oder zumindest einer schwedischen Prinzessin benannt haben.“

Er lachte. Sie war schlagfertig, und das mochte er. Doch Michelle hatte recht, Katrina war bestimmt überqualifiziert für den Job. Wenn es allerdings nach dem uralten Truck vor der Tür ging, dann war klar, dass sie nicht viel Geld hatte.

„Hübsches Kleid.“

„Danke. Ich habe vor, es zu verbrennen.“ Sie strich mit der Hand über den Stoff an ihrer Hüfte, und die Handbewegung nahm ihm den Atem. Das war eine ziemlich starke Reaktion, aber wahrscheinlich sollte man sie nicht überbewerten – er war ein Mann und sie eine hübsche Frau. Fertig.

„Sie suchen also einen Job.“

„Ja, das würde mir weiterhelfen.“

Sie hatte ihren Stolz, das verstand und respektierte er.

„Wie Michelle schon gesagt hat, es ist nur eine Stelle zur Aushilfe.“

„Das ist okay. Ich will ja auch nicht ewig hierbleiben.“

„Die Kinder spielen Basketball, Baseball und Fußball.“

„Ich bin sportlich.“ Es klang selbstbewusst. Immerhin war sie wirklich in Form.

„Ich zahle nur den absoluten Mindestlohn. Das reicht bei einem Studenten gerade mal fürs Benzin.“

„Ich bin kein Student, aber ich habe keine Angst vor harter Arbeit. Und Benzingeld kann man immer gebrauchen, nicht nur an der Uni. Ich merke schon, Sie sind nicht überzeugt. Im Moment sehen Sie mich nicht gerade von meiner besten Seite.“

Da war er anderer Meinung. Sie sah zwar müde aus, aber ansonsten wirklich attraktiv. Nur die dunklen Ringe unter ihren großen grünen Augen verrieten, was sie hinter sich hatte.

„Wann sollte die Hochzeit denn stattfinden?“, fragte er.

„Gestern.“

„Und wo haben Sie letzte Nacht geschlafen?“

„Gar nicht.“

„Haben Sie schon ein Zimmer hier in Blackwater Lake?“

Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Können Sie was empfehlen?“

Nach ihrem heruntergekommenen, rostigen Truck zu urteilen, konnte sie sich wahrscheinlich gar kein Zimmer leisten.

„Das einzige Hotel hier ist die Blackwater Lake Lodge, aber die ist ziemlich teuer.“

„Das ist schon okay.“

Da kam wieder ihr Stolz durch. Wahrscheinlich würde sie im Truck schlafen. Viele andere Möglichkeiten gab es ja nicht. Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass das jetzt sein Problem war, ob es ihm gefiel oder nicht. Er brauchte immer noch eine Aushilfe für das Camp, und die Zeit wurde knapp.

Er stand auf. „Zum Job gehören die Unterbringung und drei Mahlzeiten am Tag.“

Aus ihren großen grünen Augen blickte sie ihn überrascht an. „Das heißt, Sie stellen mich ein?“

„Wenn Caroline Daly auch zustimmt. Sie managt das Camp für mich und kümmert sich um die Verpflegung.“

„Wow. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

Das wusste er auch nicht. Wenn jemand ihm am Morgen erzählt hätte, dass er heute eine entlaufene Braut einstellen würde, hätte er ihn für verrückt erklärt.

„Also wollen Sie den Job oder nicht?“, fragte er ein wenig missmutig.

„Aber ja.“

Zweifelnd blickte er auf das Kleid. „Haben Sie noch was anderes zum Anziehen?“

„Nein.“

„Das werden Sie aber brauchen. Ich kann Ihnen einen Vorschuss zahlen …“

„Das ist schon okay, ich komme klar.“

„Na gut.“ Aufdrängen würde er sich nicht. „Michelle kann Ihnen erklären, wo Sie Kleidung kaufen können und wie Sie zur Ranch finden. Sie liegt wie gesagt etwa zehn Meilen außerhalb. Wenn Sie alles haben, was Sie brauchen, kommen Sie dorthin.“

„Danke, Mr Dixon.“

„Cabot.“ Er blickte auf seine Armbanduhr. Wenn er sich jetzt nicht auf den Weg machte, kam er zu spät, um Tyler von der Schule abzuholen. „Ich muss los.“

„Okay.“ Sie streckte ihm die Hand hin. „Freut mich sehr, Cabot. Sie werden es nicht bereuen.“

Das würde sich zeigen. Als er ihre Hand schüttelte, begann sein ganzer Arm zu kribbeln, und er fragte sich, ob er das Richtige getan hatte. Aber Michelle hatte mit seiner Schwäche für Pechvögel schon recht. Immerhin war er nicht mehr hoffnungslos romantisch. Wenn die Ehefrau einen mit einem Baby sitzen ließ, konnte einem das die Romantik schon austreiben.

Es musste am Adrenalin liegen, dass ihr nicht einfach die Augen zufielen, dachte Kate Scott ein paar Stunden später, als sie zur Ranch fuhr. Noch nie im Leben war sie so müde gewesen. Als Sportlerin war sie es gewöhnt, sich gesund zu ernähren und ausreichend zu schlafen – und in den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie beides nicht getan. Von Schokoriegeln und Kaffee konnte kein Mensch leben, und die neunzehn Stunden von Kalifornien nach Montana durchzufahren, war auch keine Kleinigkeit.

Der unerwartete Adrenalinschub kam jedoch von ihrer Begegnung mit Cabot Dixon. Als sie den uralten Truck ihres Bruders unter dem großen Schild hindurchlenkte, auf dem Dixon-Ranch und Sommercamp stand, fiel ihr zuerst auf, wie idyllisch alles wirkte. Vor ihr erstreckten sich grüne Hügel mit weiß gestrichenen Zäunen, und im Hintergrund erhoben sich majestätische Berge. Sie kam an einem großen Haus vorbei, das wie eine riesige Blockhütte mit Dachgauben und einer zweiflügeligen Eingangstür aussah – Landhausflair für Wohlhabende.

Sie folgte Michelles Beschreibung und passierte eine Scheune und dann ein Gebäude, auf dessen großer Terrasse Picknicktische standen. Dort gab es bestimmt das Essen für die Sommercamp-Teilnehmer. Dahinter standen sechs geräumige Hütten. Michelle hatte gesagt, dass in den ersten fünf die Teilnehmer und die anderen Betreuer wohnten. Die letzte, viel kleinere Hütte würde den Sommer über ihre sein – wenn die Köchin und Managerin ebenfalls zustimmte, dass sie den Job bekam.

Sie stellte den Wagen vor der letzten Hütte ab und atmete tief durch. Wie gut es sich anfühlte, einfach einmal innezuhalten. Aber auch seltsam. Nicht schlecht, nur ganz ungewohnt. Sonst passierten in ihrem Leben immer tausend Dinge gleichzeitig. Das Training, ihr Fitnessprogramm, Wettkämpfe und Werbeverträge für alle möglichen Produkte sorgten dafür, dass sie normalerweise zwanzig Stunden am Tag auf den Beinen war. Jetzt hatte sie zur Abwechslung einfach nichts zu tun.

Als sie ausstieg, rannte ein kleiner dunkelhaariger Junge auf sie zu, der vielleicht sieben oder acht war. „Hi. Ich bin Tyler, aber die meisten Leute nennen mich Ty. Meine Lehrerin aber nicht. Die findet nämlich, man sollte Kinder so rufen, wie sie getauft wurden.“

„Ich bin Kate Scott. Freut mich, dich kennenzulernen, Ty. Heißt du mit Nachnamen zufällig Dixon?“

Er machte große Augen. „Woher weißt du das?“

„Du siehst deinem Vater sehr ähnlich.“

„Ja, das sagen alle.“

Und wenn er ein bisschen älter war, würde er wahrscheinlich genauso umwerfend aussehen wie sein Vater. Es war ihr im Diner nicht entgangen, was für ein Hingucker Cabot Dixon war, was womöglich den Adrenalinstoß ausgelöst hatte, der sie jetzt noch wach hielt. Sie war auch nicht zu müde gewesen, um zu bemerken, dass er keinen Ehering trug.

Wie froh sie das machte, beschämte sie ein wenig. Schließlich hätte sie vor ein paar Stunden beinah geheiratet, da war es vielleicht etwas verfrüht, sich für den Familienstand eines gut aussehenden Ranchers zu interessieren.

Sie blickte sich um und entdeckte am Rand einer Wiese hinter den Hütten einen See. „Sehr hübsch habt ihr es hier.“

„Danke. Mein Dad hat gesagt, ich soll dir sagen, dass Caroline in ein paar Minuten kommt. Ach ja, und ich soll dich auf der Ranch willkommen heißen.“

„Danke, das ist sehr lieb von dir. Ich bin die Aushilfe fürs Sommercamp.“

„Woher kommst du?“

„Oh, ich habe kein festes Zuhause.“

Das stimmte – zumindest wenn man ihr Apartment in Los Angeles nicht mitzählte, das sie selten sah. Sie trainierte, wo immer es Einrichtungen fürs Tontaubenschießen gab, und nahm an nationalen und internationalen Wettbewerben teil. Ihre Goldmedaille bei den Olympischen Spielen hatte ihr Werbeverträge mit Outdoorfirmen beschert, was wiederum zahlreiche Verpflichtungen und Reisen zu Fotoshootings nach sich zog.

Ted, ihr Exverlobter mit dem attraktiven Aussehen und dem unattraktiven Charakter, hatte ihre Tage bis obenhin mit Terminen vollgepackt, und jetzt wusste sie auch, warum. Wenn sie ihn geheiratet hätte, dann hätte er sich nie wieder um sein Geld sorgen müssen. Dieser Mistkerl hatte sie benutzt. Sie war dumm genug gewesen, seinen Heiratsantrag anzunehmen und Hochzeitspläne zu schmieden – aber immerhin hatte der Instinkt ihr immer schon gesagt, dass er nicht der Richtige war. Ihr waren nie die Knie weich geworden, wenn er sie küsste.

„Mein Dad sagt, du bist hübsch.“ Der Junge starrte sie an, als wolle er herausfinden, ob das stimmte.

„Ehrlich?“

Ty nickte. „Caroline hat gefragt, ob du so hübsch bist, wie Michelle gesagt hat. Und Dad hat Ja gesagt. Michelle ist Mrs Crawford, ihr gehört das Grizzly Bear Diner.“

„Ja, ich habe sie kennengelernt.“

Immerhin, der Rancher fand sie hübsch. Das war doch was.

„Das war sehr nett von deinem Dad. Danke, dass du es mir gesagt hast.“

„Es ist wahr. Dad sagt, man muss immer die Wahrheit sagen, sonst verletzt man die Menschen.“

Dahinter steckte bestimmt eine interessante Geschichte. Vielleicht würde sie die irgendwann erfahren, aber vielleicht war es besser, zum jetzigen Zeitpunkt nicht groß darüber nachzudenken.

„Da kommen Dad und Caroline!“ Ty zeigte in Richtung Haupthaus und rannte dann auf die beiden zu.

Kate beobachtete, wie Cabot vor seinem Sohn in die Hocke ging, ihm eine Hand auf die Schulter legte und ihn liebevoll anlächelte, bevor Tyler weiterrannte. Sie wartete, während die beiden Erwachsenen auf sie zukamen. Jetzt, wo sie die Ranch gesehen hatte, wollte sie sehr gerne für eine Weile hierbleiben. Ich bin nicht auf der Flucht, beruhigte sie sich selbst. Ich nehme mir nur eine wohlverdiente Pause.

Kate hatte immer gedacht, sie wäre anders als andere Frauen, deshalb überraschte es sie, wie vorhersehbar sie auf Cabot reagierte. Diesen gut gebauten Mann in abgetragenen Jeans, einem langärmeligen weißen Baumwollhemd, Stiefeln und einem schwarzen Cowboyhut fand sie unglaublich sexy. Was hatte ein Cowboy nur an sich, dass alle Frauen – einschließlich ihrer selbst – bei seinem Anblick schwach wurden?

Als er vor ihr stehen blieb, spürte sie schon wieder, wie Adrenalin durch ihre Adern schoss.

Er lächelte breit. „Ich vermisse das Kleid ein bisschen.“

„Ich habe es sorgfältig weggepackt.“

„Ich dachte, Sie wollten es verbrennen.“

„Darauf freue ich mich schon.“ Sie blickte an sich hinunter. In dem großen Billigkaufhaus in der Stadt hatte sie zwei Paar Jeans, Turnschuhe und einige T-Shirts gekauft. „Das hier ist praktischer. Und bequemer.“

„Kann ich mir vorstellen“, warf Caroline ein. Sie war eine große Mittfünfzigerin mit einer schicken Kurzhaarfrisur.

Cabot stellte sie einander vor, und sie schüttelten sich die Hände.

„Cabot hat mir erzählt, was passiert ist, und meinte, Sie brauchen einen Job“, sagte Caroline.

Das stimmte zwar nicht ganz, aber irgendwie musste sie sich ja beschäftigen. Sie war es nicht gewöhnt, untätig zu sein. „Ja, ich will was tun.“

„Haben Sie schon mal mit Kindern gearbeitet?“

Sie hatte einige der jüngeren Mädchen im Kader betreut, aber sie war nie Trainerin gewesen. Ihr fielen Tylers Worte ein: „Mein Dad sagt, man muss immer die Wahrheit sagen.“

„Nein, noch nie. Aber ich war mal eins“, erwiderte sie hoffnungsvoll.

„Nun denn“, sagte Cabot. „Ich weiß nicht, was ich ohne Caroline tun würde. Sie ist eine wunderbare Köchin und kommt super mit den Kindern klar. Liegt vielleicht daran, dass sie die beliebteste Englischlehrerin an der örtlichen Highschool ist und die Mädchen beim Basketball trainiert.“

„Wow, da haben Sie ja viel um die Ohren.“

Kate hatte seit der Grundschule Privatunterricht gehabt und war seitdem nie mit anderen Kindern ganz normal in einer Schulklasse gewesen. Das gehörte eben dazu, wenn man eine Sportart auf ihrem Niveau betrieb, und sie hatte es nie bereut – bis zu dem Moment, wo sie Ted dabei erwischt hatte, wie er eine andere Frau küsste. Da war ihr klar geworden, wie viel vom wahren Leben sie verpasst hatte.

Caroline winkte ab. „Ach was, ich habe gern viel zu tun. Mit Kindern umzugehen, hält einen jung.“

„Das ist also dein Geheimnis“, bemerkte Cabot.

Kate zupfte an ihrer Unterlippe und betrachtete Caroline genauer. „Kein Geheimnis, eher eine Einstellungssache. Und gute Gene.“

Caroline grinste. „Das sagen Sie nur, damit ich Cabot rate, Sie einzustellen.“

„Erwischt.“ Kate zuckte die Achseln. „Aber ernsthaft, Sie wirken alterslos.“

Das Kompliment schien Caroline zu freuen. „Also, Cabot, von mir hast du grünes Licht. Und jetzt muss ich nach Hause und für meinen Mann etwas zu essen machen. Uns gehört der Sportartikelladen in der Stadt, und wir essen zu festen Zeiten, damit jemand ihn im Laden vertreten kann.“

„Verstehe.“ Und falls Carolines Mann die Outdoorzeitschriften las, die er zweifellos verkaufte, dann hatte er wahrscheinlich Kate schon in einer der Anzeigen für Campingausrüstungen gesehen.

„Wiedersehen, Caroline. Bis nächste Woche, wenn die Kids kommen“, sagte Cabot.

„Und, wie sieht’s aus?“, fragte Kate, als Caroline zu ihrem Wagen ging.

Er zog einen Messingschlüssel aus der Hosentasche und reichte ihn ihr. „Ich gebe Ihnen eine Chance.“

„Danke.“ Die plötzliche Erleichterung ließ sie spüren, wie müde sie wirklich war. Da half es nicht mal, neben diesem gut aussehenden Cowboy zu stehen. Mühsam unterdrückte sie ein Gähnen. „Tut mir leid, das sollte bei einem Bewerbungsgespräch wohl nicht passieren.“

„Ach was, jetzt haben Sie den Job ja.“ Er blickte sie mitfühlend an. „Caroline ist eine gute Menschenkennerin.“

„Und Sie nicht?“

„Ich wollte ihre Meinung hören, schließlich muss sie mit Ihnen arbeiten. Ich bezahle Sie ja nur.“

Sie hatte einige Fragen, aber die wichtigste schien ihr zu sein: Heißt das, dass ich Sie dann nie zu Gesicht bekomme?

Diese Frage konnte sie natürlich nicht stellen, aber wie enttäuschend sie den Gedanken fand, kam ihr schon seltsam vor. Sie hatte ja gerade mal drei Sätze mit dem Mann gewechselt.

„Ich mag Caroline“, sagte sie stattdessen.

„Ich auch, sehr sogar. Also geben Sie sich Mühe, sie nicht zu enttäuschen.“ Er wandte sich zum Gehen und fügte über die Schulter hinzu: „Und jetzt schlafen Sie. Sie müssen ausgeruht sein für den Job.“

Ein leichter Schauer überlief sie, als sie ihm nachblickte. Seine breiten Schultern waren beeindruckend, vor allem, da er ansonsten eher schlank war. Aber sie hatte ihre Lektion gelernt, was gutes Aussehen anging. Schließlich wusste sie rein gar nichts über Cabot Dixon. Vielleicht hatte er jede Woche eine andere Frau. Genau wie der Mann, den sie fast geheiratet hätte.

Hoffentlich würde sie es nicht bereuen, dass sie den Sommer hier verbrachte.

Autor

Teresa Southwick
<p>Teresa Southwick hat mehr als 40 Liebesromane geschrieben. Wie beliebt ihre Bücher sind, lässt sich an der Liste ihrer Auszeichnungen ablesen. So war sie z.B. zwei Mal für den Romantic Times Reviewer’s Choice Award nominiert, bevor sie ihn 2006 mit ihrem Titel „In Good Company“ gewann. 2003 war die Autorin...
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