Mami und der Millionär

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Maggie hat eine kleine Tochter, eine Pension, um die sie sich kümmert - und ein Herz, das sie schützen muss. Dass der umschwärmte Millionär Sloan Holden ausgerechnet mit ihr flirtet, passt da so gar nicht! Als Witwe weiß sie, was es heißt, für immer verlassen zu werden …


  • Erscheinungstag 30.11.2020
  • Bandnummer 6
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504287
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Sie müssen Mr. Holden sein. Und – hoffentlich – kein Serienmörder.“

Sloan Holden war daran gewohnt, von schönen Frauen angebaggert zu werden, aber diesen Spruch hatte er noch nie gehört. Verblüfft sah er die Frau an, die ihm die Tür geöffnet hatte. „Richtig. Und woher wissen Sie das?“

„Ich habe mich über Sie informiert.“ Abwehrend hob Maggie Potter die Hand. „Vergessen Sie’s! Es war nicht so gemeint. Ich mache das mit der Zimmervermietung noch nicht sehr lange. Also noch mal von vorn: Willkommen im Potter-Haus. Treten Sie ein.“

„Danke.“ Er betrat das Blockhaus, aus dem Maggie eine Frühstückspension gemacht hatte. Sie schloss die Tür hinter ihm. Er drehte sich zu ihr um und fragte: „FBI? CIA? DEA? NSA? Oder der Verfassungsschutz?“

„Wie bitte?“

„Welchen von diesem Buchstabensalat haben Sie auf mich angesetzt?“

„Genau genommen Hank Fletcher, den Sheriff von Blackwater Lake. Entschuldigen Sie, dass ich Sie damit überfalle. Ich gestehe, ich bin ein bisschen nervös. Ich lebe hier allein mit meiner zweijährigen Tochter und einer älteren Dame, die ein Zimmer gemietet hat. Da möchte ich schon gern etwas über die Leute, die hier wohnen wollen, in Erfahrung bringen.“

Sloan betrachtete Maggie Potter von oben bis unten. Sie trug Jeans und ein rosa-grau kariertes Hemd über dem T-Shirt. Das dunkle, seidig schimmernde Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, und in ihren wachen braunen Augen blitzte es amüsiert. Sie war auf schlichte Weise hübsch. Er war angenehm überrascht, denn er hatte eine altjüngferliche Witwe als Zimmervermieterin erwartet – mit grauen Haaren und im Alter seiner Großmutter. Wahrscheinlich hatte er all diese Stereotypen in seinem Hinterkopf gespeichert, als seine Sekretärin von einer Witwe gesprochen hatte.

„Andererseits“, meinte er, während er die Hände in die Taschen seiner Jeans schob, „ist ein Serienmörder schlau genug, sich sein Hobby nicht anmerken zu lassen. Vielleicht verberge ich ja etwas …“

„Das tut jeder. Das ist menschlich.“ Für ihr Alter schien sie sehr weise zu sein. „Aber Sie könnten nicht einmal auf den Gehweg spucken, ohne dass jemand ein Foto von Ihnen macht. Ich bezweifle, dass Sie unbemerkt einen Mord begehen können.“

„Da haben Sie allerdings recht.“

„Hank hat mir versichert, dass Sie ein ehrenwerter Geschäftsmann sind und mir nicht die Miete schuldig bleiben werden. Also noch mal: Herzlich willkommen!“ Sie lächelte übers ganze Gesicht. Es war ein zauberhafter Anblick. „Ich tue alles, um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, Mr. Holden.“

„Bitte nennen Sie mich Sloan.“

„Gern.“ Sie drehte sich um, und er betrachtete ihren Po und ihre langen schlanken Beine. Was er sah, gefiel ihm. Sie waren zwar nicht so lang, wie er es normalerweise mochte, aber das hinderte ihn nicht daran, sich vorzustellen, wie angenehm sein Aufenthalt werden konnte. Rasch verjagte er den Gedanken. Schließlich war sie eine alleinerziehende Mutter.

„Wenn Sie mir bitte noch den Mietvertrag ausfüllen würden.“ Sie ging zu dem Schreibtisch am anderen Ende des großen Raumes.

Sloan zwang sich, nicht auf ihren Hintern zu starren, während er ihr folgte. Stattdessen ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Auf einem farbenprächtigen Teppich vor dem Kamin stand eine Sitzgruppe, bestehend aus einem braunen Ledersofa, einem Polstersessel und einem Sitzkissen. Auf dem Beistelltisch standen eine Messinglampe und ein Foto, das Maggie im Arm eines lächelnden Mannes zeigte. Vermutlich ihr verstorbener Ehemann.

Maggie reichte ihm den Mietvertrag, den er überflog. Es war ein ganz normaler Vertrag mit den Zahlungsmodalitäten und der Hausordnung. Er nahm den Stift, den sie ihm entgegenhielt, und setzte seinen Namen auf die Linie ganz unten.

„Brauchen Sie meine Kreditkarte oder meinen Ausweis?“

„Nicht nötig. Ich kenne Sie ja aus den Zeitschriften. Und über Ihre Bonität hat mich Ihre Sekretärin informiert. Elizabeth hat mir erzählt, dass Sie eine Weile in der Stadt bleiben, um den Fortgang am Bau des neuen Ferienresorts zu überwachen.“

„Das stimmt.“

„Nach dem Rohrbruch muss wohl alles erneuert werden. Elizabeth meinte auch, dass Sie oft unterwegs und eher selten im Büro sind, weil es Ihnen so lieber ist …“

„Sie kennt mich sehr gut.“

„Den Eindruck habe ich auch. Und sie sagte, dass sie kein herzloser Lackaffe seien, wie die meisten Klatschmagazine behaupten.“

„Habe ich schon erwähnt, dass sie ausgesprochen loyal ist?“

Sloan verschränkte die Arme. Elizabeth war die beste Assistentin, die er jemals gehabt hatte. Sie verfügte über eine erstaunliche Menschenkenntnis – offenbar sogar am Telefon. Normalerweise gab sie nicht viel über ihn preis. Wahrscheinlich war Maggie ihr auf Anhieb sympathisch gewesen, als sie das Zimmer in Blackwater Lake in Montana gebucht hatte, und die beiden Frauen waren ins Plaudern geraten. Was bedeutete, dass Elizabeth dieser Frau vertraute.

Abgesehen davon war das Angebot an Hotelzimmern in dieser Gegend nicht sehr groß. Deshalb war er davon überzeugt, dass das Ferienresort, das er gemeinsam mit seinem Cousin Burke geplant hatte, an diesem wunderschönen See inmitten eindrucksvoller Berge ein Erfolg werden würde. Glücklicherweise hatte außer ihnen noch niemand das Potenzial dieser Region entdeckt.

„Hört sich an, als würden Sie meine Assistentin sehr gut kennen“, meinte er schließlich.

„Eine sehr nette Frau. Sie hat mich bereits zu ihrer Hochzeit eingeladen.“

„Wow! Dann haben Sie am Telefon ja einen sehr guten Eindruck gemacht. Ich habe nämlich noch keine Einladung erhalten“, grinste er.

„Vermutlich möchte sie nicht, dass die Fotografen, die andauernd um Sie herumschwirren, den wichtigsten Tag ihres Lebens festhalten.“

Sloan wusste, dass sie einen Scherz gemacht hatte. Der war allerdings nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt. Weil er prominent und wohlhabend war, wurde alles, was er tat, von der Öffentlichkeit mit Argusaugen beobachtet – zumindest soweit sie weiblich war. Sloan war Junggeselle, reich und geschieden, und er blieb nie länger als ein paar Monate mit einer Frau zusammen.

Ein Mann in seiner Position hatte gesellschaftliche Verpflichtungen und benötigte dafür oft eine weibliche Begleitung. Oberflächlich betrachtet, sah es immer so aus, als wäre er mit der jeweiligen Frau zusammen, aber im Grunde wusste er, dass nichts daraus werden würde. Deshalb wurde das Interesse an ihm immer größer, je öfter er die Frauen wechselte. Als Unternehmer war es ihm allerdings nur recht, wenn sein Name oft in der Zeitung stand. Selbst schlechte Publicity war besser als gar keine Publicity.

Mehr als ein Mal hatte er in Interviews behauptet, nie wieder zu heiraten. Das machte ihn, den begehrtesten Junggesellen weit und breit, natürlich nur noch interessanter. Seine Aussage hatte genau den gegenteiligen Effekt auf alleinstehende Frauen, die nach einem reichen Ehemann Ausschau hielten. Für sie war er wie ein Sechser im Lotto.

„Meine Assistentin weiß, dass ich ihr ihren schönsten Tag niemals verderben würde.“

„Weil Sie die Ehe so sehr respektieren?“ Irrte er sich, oder hörte er da einen sarkastischen Unterton in ihrer Stimme?

Vermutlich kannte sie die Version, die die Klatschblätter über seine katastrophalen Ausflüge in die Ehe verbreitet hatten. Die waren ausführlich dokumentiert – und längst Geschichte. „Bei anderen Leuten auf jeden Fall“, antwortete er aufrichtig.

„Nur nicht, wenn es um Sie selbst geht.“

„Die eigenen Grenzen zu kennen ist immer von Vorteil.“

„Klingt vernünftig. Geradezu weise“, stimmte sie ihm zu. „Wie lange wollen Sie denn hierbleiben?“

„Für immer.“ Er schmunzelte. „Nun ja, sagen wir: für länger. Neben dem Bau der Ferienanlage kümmere ich mich auch um die Renovierung der Blackwater Lake Lodge.“

„Verstehe.“

Er schaute sich um. Es war eine gute Idee gewesen, nicht in ein Hotel zu ziehen. Hier konnte man es einige Monate aushalten. „Hübsch haben Sie’s hier.“

„Danke. Mein Mann hat es gebaut.“ Der Stolz in ihrer Stimme war unverkennbar – ebenso wie der Anflug von Trauer in ihren Augen. „Eigentlich war es nicht als Frühstückspension vorgesehen. Wir hatten das Haus für uns und betrieben ein Geschäft in der Stadt.“

„Ach ja?“

„Potters Eisdiele auf der Main Street.“

Er nickte. „Die habe ich auf meinem Weg hierher gesehen.“

„Danny, mein Mann …“ – beim Blick auf das Foto bekamen ihre Augen einen verträumten Ausdruck –, „… hat das Haus genau geplant. Unten sind das Schlafzimmer und ein Raum, der als Kinderzimmer gedacht war. Als Teenager hätten sie dann ein Zimmer in der ersten Etage bekommen – wegen der Privatsphäre. Und damit wir unsere Ruhe gehabt hätten.“ Sie schmunzelte. „Er hatte sogar einen separaten Eingang für die obere Etage geplant.“ Der Blick ihrer Augen trübte sich. „Leider ist es dann nicht so gekommen. Aber für meine Bedürfnisse ist es immer noch ideal.“

„Was sind denn Ihre Bedürfnisse?“ Er hätte die Frage nicht gestellt, wenn sie das Thema nicht angesprochen hätte.

Sie kniff die Augen zusammen. Die Doppeldeutigkeit seiner Frage entging ihr nicht, obwohl er es gar nicht so gemeint hatte. „Ich brauche Geld“, antwortete sie freimütig. „Ich habe die Eisdiele nämlich zu einem Café erweitert. Etwas Anspruchsvolleres als ein normaler Coffeeshop – gesund und ökologisch. Das Darlehen will ich so schnell wie möglich zurückzahlen.“

„Verstehe.“

„Josie, meine andere Mieterin, wohnt schon einige Monate hier. Sie ist ebenfalls Witwe und möchte nicht die Verantwortung für ein ganzes Haus haben. Wenn sie auf Reisen ist, braucht sie sich um nichts zu kümmern. Was das andere Zimmer angeht – da sind Sie mein Erster.“ Sie errötete leicht. „Mieter, meine ich. Jemand aus Ihrer Firma, der meinen Bruder kennt, hat ihm Ihr Dilemma mit der Unterbringung geschildert, und er hat Ihnen dann meinen Namen genannt.“

„Und trotzdem haben Sie noch Recherchen über mich angestellt?“ Um seine Mundwinkel zuckte es.

„Man kann nicht vorsichtig genug sein.“

Da wollte Sloan ihr nicht widersprechen. „Wer ist denn Ihr Bruder?“

„Brady O’Keefe.“

„Hm.“

Sie runzelte die Stirn. „Kennen Sie ihn?“

„Nicht persönlich. Aber den Namen habe ich schon gehört. Er hat die Website unserer Firma gestaltet.“

Sloan wusste auch, dass Brady ziemlich reich war. Nach dem, was er von Maggies Geschäft erfahren hatte, vermutete er, dass ihr Bruder ihr keinen Pfennig gegeben hatte.

„Sie sehen aus, als wollten Sie etwas fragen, Sloan.“

„Das wollte ich auch. Aber es geht mich eigentlich nichts an.“

„Vermutlich nicht.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Fragen Sie trotzdem.“

„Ich weiß, dass Ihr Bruder einiges auf dem Konto hat“, begann er zögernd. „Trotzdem hat er Ihnen nichts für Ihr Geschäft gegeben?“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Woher wissen Sie das?“

„Weil Sie sagten, dass Sie das Geld so schnell wie möglich zurückzahlen müssen. Ihr Bruder würde Sie doch wohl nicht unter Druck setzen, wenn Sie mit den Raten in Verzug geraten, oder?“

„Nein.“ Sie lächelte. „Aber ich wollte das allein schaffen.“

„Warum?“

Sie schaute auf das Foto und dann wieder zu ihm. „Als Danny und ich die Eisdiele eröffnet haben, wollte Brady uns helfen, aber mein Mann hat dankend abgelehnt. Er wusste das Angebot durchaus zu schätzen, doch ihm war es auch wichtig, es alleine zu schaffen. Es ging ihm um Respekt. Manche würden es wahrscheinlich Macho-Gehabe nennen.“

„Verstehe.“

„Er meinte, es liege in der Natur des Menschen, Dinge, für die man nicht hart gearbeitet habe, nicht zu schätzen. Also haben wir Schweiß, Blut und Tränen in unser Projekt investiert. Und dann ist er beim Einsatz in Afghanistan ums Leben gekommen.“

„Das tut mir leid.“ Eine blöde Floskel. So reflexhaft und nutzlos. Warum konnte man nicht etwas wirklich Hilfreiches sagen?

„Danke.“ Sie steckte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. „Seit Danny nicht mehr ist, versuche ich, unseren Traum zu verwirklichen. So, wie er es gern gehabt hätte – ohne Unterstützung meines Bruders.“

Insgeheim bewunderte Sloan sie. Er hatte selbst drei Schwestern und würde ihnen jederzeit helfen, wenn es nötig sein sollte. „Ihr Mann wäre bestimmt stolz auf Sie“, sagte er. Und ihr Bruder war es wahrscheinlich auch.

„Ich nehme an, Sie haben Gepäck“, wechselte sie das Thema. „Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer und bringe Ihre Sachen hoch.“

„Danke, das mache ich schon selbst.“ So weit kam es noch, dass eine Frau seine Koffer schleppte! Vor allem eine, die so zierlich gebaut war. „Ich habe eine Menge, und einiges davon ist ziemlich schwer.“

„Gut. Dann folgen Sie mir.“

Das tat er sehr gerne, gab es ihm doch Gelegenheit, ihre ausgesprochen attraktive Rückseite zu bewundern. Abgesehen von ihrem Äußeren gab es noch eine Menge Eigenschaften an ihr, die er zu schätzen wusste. Klug, geradeheraus, selbstständig. Sie war gewiss nicht auf einen reichen Mann angewiesen.

Fast wünschte er sich, dass sie es wäre.

Am nächsten Morgen setzte Maggie ihre quengelnde Tochter auf den Hochstuhl vor dem runden Eichentisch in der Küche und gab ihr ein Stück Banane, ehe sie sich um das Frühstück ihrer Gäste kümmerte. Sie hatte sich vorgenommen, ihnen jeden Tag etwas anderes zu servieren. Heute waren es Rühreier mit Spinat, Pilzen, Zwiebeln und Tomaten. Dazu Bratkartoffeln. Und zum Schluss Blaubeermuffins. Die liebte Josie besonders. Dass sie bei dieser Verpflegung so schlank blieb, lag wohl nur an den ausgedehnten Spaziergängen, die sie jeden Tag nach dem Aufwachen unternahm.

Was mochte wohl Sloan gern zum Frühstück essen? Und wie schaffte er es, seine Figur zu halten? Das enge T-Shirt, das er am Tag zuvor getragen hatte, überließ nur wenig der Fantasie. Der Mann hatte ein beachtliches Sixpack. Seit er ihr Haus betreten hatte, spürte sie eine gewisse innere Nervosität. Die ließ auch nicht nach, wenn er nicht in ihrer Nähe war. Es reichte ihr, zu wissen, dass er unter demselben Dach wohnte wie sie.

Er war nicht im klassischen Sinne schön zu nennen, aber im Blick seiner braunen Augen, in denen es manchmal amüsiert aufblitzte, lag etwas Faszinierendes, das sie unweigerlich in seinen Bann zog.

„Mama …“ Dem Wort folgte ein lautes Platschen. Maggie drehte sich um. Danielle hatte ihre Banane auf den Boden geworfen.

Im selben Moment betrat Josie die Küche, frisch geduscht nach ihrem Spaziergang. „Guten Morgen.“ Sie war Anfang sechzig, sah aber trotz ihrer silberweißen Haare mindestens zehn Jahre jünger aus. Der kurze Haarschnitt stand ihr sehr gut. Sie stellte sich vor den Hochstuhl. „Wie geht’s dir denn, Schätzchen?“

„Ich fürchte, heute nicht so gut“, seufzte Maggie, während sie das, was von der Banane übriggeblieben war, aufwischte. „Letzte Nacht hat sie nicht gut geschlafen. Ich glaube, sie zahnt. Hoffentlich hat sie dich nicht geweckt.“

„Überhaupt nicht. Die Wände in diesem Haus sind erstaunlich schalldicht.“ Sie schaute sich um. „Kann ich dir helfen?“

„Nimm dir einen Kaffee und entspann dich. Schließlich bist du ein Gast.“

„Na, ich will doch hoffen, dass du mich mehr als Freundin denn als zahlenden Gast betrachtest.“

„Du tust schon so viel für mich.“

„Dafür gibst du mir ja auch einen Rabatt auf mein Zimmer. Wir sind also quitt. Also, was kann ich tun?“

„Vielleicht Danielle ein paar Cornflakes geben? Die Banane hat ihr ja offensichtlich nicht geschmeckt.“

Sie nahm die Schachtel vom Schrank und füllte eine Schale. „Wenn du willst, kann ich mich auch um die Rühreier kümmern. Heute werden ja wohl ein paar mehr gebraucht.“

„Was meinst du?“ Maggie sah sie erstaunt an. Dann ging ihr ein Licht auf. „Du hast Sloan schon kennengelernt?“

„Gestern Abend. Im Fernsehzimmer. Wir haben gemeinsam ein bisschen geschaut.“ Sie öffnete den Kühlschrank und holte die Schüssel mit dem Gemüse hervor, das Maggie bereits klein geschnitten hatte.

Maggie hatte schon lange kein Frühstück mehr für einen Mann vorbereitet – seit dem Morgen, als ihr Ehemann sich von ihr verabschiedet hatte und nach Afghanistan geflogen war. Damals hätte sie sich nicht träumen lassen, dass es ihre allerletzte gemeinsame Mahlzeit war.

„Ich glaube, acht reichen aus“, meinte sie.

Sie wusste nicht mehr, wie viele Danny immer gegessen hatte, und hatte prompt ein schlechtes Gewissen. Das passierte ihr jedes Mal, wenn sie feststellte, dass ihre Erinnerungen an ihn blasser wurden.

„Gut.“ Josie schlug die Eier über einer Schüssel auf. „Er sieht übrigens sehr gut aus, finde ich.“

„Hmm?“

„Dein neue Logiergast. Sloan. Oder versteckst du noch einen anderen Mann unter dem Bett?“

Allein bei der Erwähnung seines Namens schlug Maggies Herz ein wenig schneller. „Er muss sein Gesicht wirklich nicht verstecken.“

„Den Rest auch nicht.“ Josie schmunzelte. „So, wie er gebaut ist.“

„Josie!“

„Was denn? Ich meine seinen Oberkörper.“

Vergnügt stellte Josie fest, dass Maggie rot geworden war. „Was du immer gleich denkst!“

„Ich denke gar nichts“, protestierte Maggie schwach.

„Na, komm schon. Ich bin schließlich auch Witwe. Und nicht blind. Bei einem Mann wie ihm könnte sogar eine Nonne schwach werden. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du das nicht bemerkt hast.“

„Doch, schon …“ Selbst wenn sie blind gewesen wäre, hätte seine sonore Stimme ihr einen Wonneschauer über den Rücken gejagt. „Und wie war’s, mit ihm fernzusehen?“

„Er hat nicht nur ein schönes Gesicht. Er scheint auch ziemlich intelligent zu sein. Und witzig. Jedenfalls fand ich seine Bemerkungen über die Sendung lustiger als die Sendung selbst. Auf jeden Fall würde ich nicht alles glauben, was in den Klatschblättern über ihn geschrieben wird.“

„Mir gefiel besonders die Geschichte von den Häusern mit Swimmingpools, die er überall besitzt. Und dass er die Pools mit verschiedenen Models eingeweiht hat. Nackt“, setzte sie mit Betonung hinzu.

„Ja. Da kommt man ins Grübeln“, pflichtete Josie ihr bei.

Ein durchdringender Schrei vom Hochstuhl unterbrach ihre interessante Unterhaltung. Maggie hätte gerne weiter über Swimmingpools und Nacktbaden geplaudert. Doch nun musste sie sich erst einmal um Danielle kümmern.

„Hast du Durst, mein Schatz?“ Sie nahm eine Babytasse aus dem Schrank und füllte sie mit Milch. Begierig griff Danielle danach und setzte die Tasse an den Mund.

„Worüber habt ihr denn sonst noch so geredet?“, fragte Maggie so gleichmütig wie möglich.

„Nun ja …“, begann Josie.

„Guten Morgen!“

Die sonore Stimme gehörte dem Mann, der gerade Thema ihres Gesprächs war. Schuldbewusst drehte Maggie sich zu ihm um, aber ehe sie den Gruß erwidern konnte, landete die Babytasse mit einem lauten Knall auf dem Boden. Ungeduldig zerrte Danielle an ihrem Sitzgurt. Es war nicht zu übersehen, dass sie aufstehen wollte. Maggie löste den Gurt, hob ihre Tochter aus dem Stuhl und wollte sie auf den Fußboden setzen. Doch auch das passte Danielle nicht. Laut schreiend protestierte sie weiter.

Bitte jetzt nicht, flehte Maggie innerlich. Ihr neuer Gast war an Fünf-Sterne-Hotels gewöhnt. Der Tobsuchtsanfall einer Zweijährigen war nicht dazu angetan, ihr Bed & Breadkfast in bestem Licht erscheinen zu lassen.

„Mommy muss Frühstück machen“, wisperte sie dem Baby ins Ohr. Trotzig schüttelte Danielle den Kopf und klammerte sich an sie.

„Ich nehme sie“, erbot Josie sich. Sie streckte die Arme aus, aber das kleine Mädchen verbarg den Kopf an Maggies Schulter.

„Das tut mir wirklich leid“, sagte sie mit einem entschuldigenden Blick zu Sloan. „Ich setze sie wieder in ihren Stuhl. Das Frühstück ist gleich fertig.“

„Nur keinen Stress. Ein Kaffee reicht mir erst mal.“

„Der ist schon fertig. Ich bringe Ihnen eine Kanne ins Esszimmer. Der Tisch ist schon gedeckt.“

„Ein Becher ist fürs Erste genug.“ Er ging zur Kaffeemaschine und nahm einen der Becher, die an einer Leiste unter dem Schrank hingen. Er füllte ihn und blies in die dampfende Flüssigkeit. „Schmeckt gut!“

Danielle schaute in die Richtung, aus der die tiefe Stimme kam. Aufmerksam betrachtete sie den Fremden. Ihr Onkel Brady kam zwar regelmäßig zu Besuch, aber er war auch praktisch der einzige Mann, der das Haus betrat.

Maggie versuchte erneut, ihre Tochter auf den Boden zu setzen, erntete dafür allerdings heftigen Protest. „Na ja, das wäre ja nicht das erste Mal, dass ich mit ihr auf dem Arm koche“, resignierte Maggie.

„Vielleicht kann ich behilflich sein?“ Sloan stellte seinen Becher auf die Granitplatte und streckte die Arme aus.

„Sie hat’s nicht so mit Fremden“, sagte Maggie.

„Einen Versuch wäre es doch wert.“ Er ließ die Arme nicht sinken. „Na, Kleine, wie wär’s?“

Stumm schaute ihn das Mädchen an. Vielleicht überlegte sie, was der Mann in der Küche zu suchen hatte. Maggie rechnete mit lautem Geschrei, aber nach kurzem Zögern ließ Danielle sich von ihm auf den Arm nehmen, legte ihr pummeliges Ärmchen um seinen Hals und berührte den Kragen seines weißen Hemdes. Offenbar kam er mit Frauen jeden Alters bestens zurecht. Verdattert schaute Maggie ihr zu – bis ihr einfiel, dass ihre Tochter verschmierte Hände hatte.

„O je – sie hat Ihr Hemd beschmutzt. Ich hole einen Lappen …“

Achselzuckend betrachtete Sloan den Bananenfleck auf seinem weißen Hemd. „Halb so wild.“

„Ich werde es Ihnen waschen.“

„Lassen Sie nur.“ Er grinste, als ihm das Kind mit den Händchen ins Gesicht patschte. „Na, willst du spielen?“

Sie zeigte zum Garten hinter dem Haus. „Daußen gehen …“

Sloan schaute zu Maggie hinüber. „Haben Sie was dagegen, wenn ich mit ihr nach draußen gehe?“

„Das müssen Sie nicht …“

„Ich weiß. Wenn ich es nicht wollte, hätte ich es nicht angeboten. Also – ist es okay?“

„Ja“, erwiderte sie hilflos.

„Prima. Dann wollen wir mal, Kleine!“

Maggies Herz wurde weit, als sie den großen Mann ihr kleines Mädchen aus dem Zimmer tragen sah.

„Ich habe nirgendwo in den Klatschblättern gelesen, dass er Kinder hat“, sagte Josie. „Aber deine Kleine weiß er zu nehmen.“

„Das habe ich auch bemerkt.“

Charmant, kinderlieb und ein ganz sanfter Blick. Sloan war eine dreifache Bedrohung für ihren Seelenfrieden. Irgendwo musste ein Haken sein.

Autor

Teresa Southwick
Teresa Southwick hat mehr als 40 Liebesromane geschrieben. Wie beliebt ihre Bücher sind, lässt sich an der Liste ihrer Auszeichnungen ablesen. So war sie z.B. zwei Mal für den Romantic Times Reviewer’s Choice Award nominiert, bevor sie ihn 2006 mit ihrem Titel „In Good Company“ gewann. 2003 war die Autorin...
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