Tausend gelbe Rosen

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Vor jedem Date kauft er eine gelbe Rose bei ihr, zum Abschied ein Bouquet: Floristin Faith kennt das Vorgehen von Playboy-Millionär Sam Hart bestens! Doch als ihr Haus abbrennt, bietet er ihr an, bei ihm zu wohnen. Nur ein paar Tage - zu kurz für eine gelbe Rose?


  • Erscheinungstag 28.12.2020
  • Bandnummer 10
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504324
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Dass Faith Connelly den Männern ein für alle Mal abgeschworen hatte, hieß noch lange nicht, dass sie den Anblick eines besonders attraktiven Exemplars nicht zu schätzen wusste. Zumindest würde das ihr leichtes Herzflattern erklären, als Sam Hart zielstrebig die elegante Lobby seines Finanzgebäudes durchquerte, um genau vor ihrem Blumenwagen stehen zu bleiben.

„Sagen Sie nichts“, kam sie ihm zuvor, bevor er sie ansprechen konnte. „Sie wollen einen Trennungsstrauß bestellen. Ich erkenne schon an Ihrem Gesichtsausdruck, dass Ihr zweites Date ein Flop war.“

„So extrem würde ich das nicht ausdrücken.“ Doch Sam schenkte ihr jenes sexy Lächeln, das ihr verriet, dass sie recht mit ihrer Vermutung hatte, der desaströse Ausgang des Dates jedoch ganz allein seine Schuld war. Seine Bereitwilligkeit, die Verantwortung dafür zu übernehmen, war geradezu bewundernswert. „Aber woher wissen Sie das überhaupt? Vielleicht will ich Ihnen ja gerade mitteilen, dass es Liebe auf den ersten Blick war.“

„Na klar doch.“ Sie schnaubte belustigt. „Und ich habe einen Frosch geküsst, der sich daraufhin in einen schönen Prinzen verwandelt hat. Wollen Sie die übliche Karte, Sam? Du bist toll, aber wir passen einfach nicht zusammen? Oder das allseits beliebte Es liegt nicht an dir, sondern nur an mir? Aber natürlich kann ich mir auch etwas Kreativeres einfallen lassen, wenn Sie wollen.“

Sam schob lässig die Finger in seine Jeanstaschen. Da ihm das millionenschwere Gebäude hier gehörte, durfte er auch den Dresscode vorgeben und Jeans tragen. Manchmal hatte er auch einen Anzug an, worin er jedoch genauso umwerfend aussah wie in Jeans. „Nennen Sie mir doch mal ein Beispiel.“

Faith dachte kurz nach und begegnete seinem skeptischen Blick. „Wie wär’s hiermit – auf den Punkt gebracht und irgendwie poetisch: Rosen sind rot, Veilchen sind dein. Aus uns wird nichts werden, ich bleib lieber allein.“

Seine Mundwinkel zuckten belustigt, bevor er lachend den Kopf schüttelte. Wenn er lachte, sah er jedes Mal so anziehend aus, dass es verboten werden sollte. Er trug das dunkle Haar kurz geschnitten, aber es gab Anzeichen dafür, dass es sich wellen würde, wenn es länger wäre. Seine gerade Nase und sein markantes Kinn allein reichten schon aus, um Frauen dazu zu bringen, ihm ihre Höschen zuzuwerfen, aber was ihn wirklich aus der Masse heraushob, waren seine Augen. Sie waren dunkelblau und verhießen Sünde und Gefahr, falls man sich nicht in Acht nahm.

„Ich würde Ihnen dringend davon abraten, Ihren Job aufzugeben, um sich stattdessen der Poesie zu widmen.“

„Das würde mir im Leben nicht einfallen. Mit Blumen zu arbeiten, ist mein Traumberuf. Außerdem hat er den Vorzug, dass ich Sie mit Ihren vielen Frauen aufziehen kann.“

„Meinen vielen Frauen?“, fragte er mit gespielter Empörung. „Das klingt ja, als betreibe ich Vielweiberei.“

„Wenn es doch nun mal so ist.“ Natürlich zog sie ihn nur auf. Meistens jedenfalls.

Seit Sam Hart vor ein paar Monaten nach Blackwater Lake, Montana, gezogen war, war er das Gesprächsthema Nummer eins in der Stadt, und das nicht nur, weil er umwerfend attraktiv aussah. Sein Äußeres war es nicht allein, was die Frauen anzog, auch wenn sein schlanker, athletischer Körper viele Herzen höherschlagen ließ. Nein, als Mitglied der reichen Hart-Familie war ihm noch dazu das Interesse aller nach Liebe – oder auch nur nach einem reichen Ehemann – dürstenden Singlefrauen sicher. Es war ein schmutziger Job, aber irgendjemand musste schließlich der begehrenswerteste Junggeselle der Stadt sein.

Er sah sie mit gespielter Gekränktheit an. „Sie haben anscheinend kein Vertrauen zu mir, Faith.“

Missbilligend schnalzte sie mit der Zunge. „Wie oft wollen Sie mir das eigentlich noch vorwerfen?“

Er zuckte mit den Achseln. „Ich mag Frauen nun mal, und die Frauen scheinen mich offenbar auch zu mögen. Sie schätzen mich völlig falsch ein, Miss Connelly. Warum bloß? Ich bin doch ein total netter Kerl.“

„Falls Sie gerade versuchen, mich rumzukriegen, Sam, muss ich Ihnen leider mitteilen, dass aus uns nichts werden wird.“ Niemals.

„Verdammt! Was macht Sie da so sicher?“

Abgesehen von der Tatsache, dass Faith nicht an die Liebe glaubte, wusste sie genau, dass Sam Hart nichts weiter war als ein oberflächlicher Charmeur. „Fragen Sie mich das im Ernst? Schließlich kennt Sie niemand besser als das Blumenmädchen.“

„Sie haben tatsächlich ein Händchen für Blumen“, meinte er, wobei er das Kunststück hinkriegte, zugleich zerknirscht und gespielt unschuldig dreinzusehen.

„Und Sie für Frauen. Was Sie zu einem meiner besten Kunden macht.“ Sie zählte seinen Modus Operandi an den Fingern einer Hand ab. „Beim ersten Date gibt es immer eine gelbe Rose, die Ungezwungenheit und Herzlichkeit evoziert. Die Farbe ist nicht romantisch, sondern rein platonisch.“

„Zumindest sagen Sie das.“ Sams blaue Augen funkelten belustigt. „Sie haben recht. Gelb kommt immer gut an.“

„Beim zweiten Date kaufen Sie dann einen gemischten Strauß, was aufmerksam, aber völlig unverbindlich ist. Wenn es nicht gut läuft, gibt es hinterher ein hübsches, geschmackvolles Arrangement, damit die Dame weiß, dass sie gar nicht erst neben dem Telefon zu sitzen und auf einen Anruf von Ihnen zu warten braucht, weil der sowieso niemals kommen wird.“ Lächelnd sah sie ihn an. „Ich nehme zu dieser Gelegenheit immer Pfingstrosen, denn sie stehen für Ihre Schande und die Enttäuschung Ihrer Verflossenen.“

„Schreiben Sie das etwa auch auf die Karte?“

„Nein. Es reicht voll und ganz, wenn ich die Bedeutung kenne.“

„Ich werd’s mir merken.“ Sam runzelte die Stirn. „Finden Sie meinen Blumenfetisch denn so schlimm?“

„Ganz im Gegenteil, er ist ein Dienst an der Öffentlichkeit, denn so wissen die Frauen bei Ihnen immer, woran sie sind.“

„Nur aus Neugier – was wären eigentlich die passenden Blumen für ein drittes Date?“

„Gute Frage. Das müsste ich erst mal recherchieren. Sie dürfen auf jeden Fall nie, unter gar keinen Umständen etwas Lavendelfarbenes nehmen. Denn diese Farbe steht für Verzauberung – für Liebe auf den ersten Blick zum Beispiel. Aber warum fragen Sie? Gibt es da etwas, das ich wissen sollte? Hat jemand bei dem flatterhaften Sam Hart etwa ein begehrtes und rares drittes Date geschafft? Muss ich mein Inventar ändern? Mich vielleicht auf eine Hochzeit einstellen?“

„Bloß nicht! Wie kommen Sie denn auf so etwas?“

„Weil es bei Ihnen so gut wie nie zu einem dritten Date kommt, Sam.“

„Das kann gar nicht sein.“ Sam sah aus, als denke er intensiv darüber nach, wie er sie widerlegen konnte, aber ihm schien nichts einzufallen. Er seufzte resigniert. „Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?“

„Ich fürchte ja.“

„Oh je. Erinnern Sie mich daran, mich zu ändern.“

„Auf gar keinen Fall. Sollten Sie jemals heiraten, würde ich doch meine wichtigste Einnahmequelle verlieren. Als Finanzhai sollten Sie das verstehen.“ Sie zeigte mit einem Finger auf ihn. „Ich kann es mir doch nicht leisten, mir selbst den Geldhahn abzudrehen, solange ich Phoebes Collegeausbildung noch bezahlen muss.“

„Ihre Tochter ist erst acht“, meinte er belustigt. „Sie haben noch zehn Jahre Zeit.“

„Als alleinerziehende Mutter muss man eben weit im Voraus planen.“ Dank ihres Vollidioten von Ex-Mann, der sie einfach verlassen hatte, als sie schwanger gewesen war, zog Faith ihre Tochter nun allein groß.

„Tja, keine Sorge, Blumenmädchen. Ich werde ganz bestimmt nicht heiraten.“ Er sah plötzlich fast ernst aus.

„Das klingt aber ziemlich entschlossen.“

„Ist es auch.“

„Keine Sorge, ich werde Ihr Geheimnis für mich behalten. Wenn die weiblichen Singles in Blackwater Lake nämlich herausfinden, dass sie sowieso keine Chance bei Ihnen haben, könnte das sehr unangenehme Auswirkungen für Sie haben.“ Obwohl die meisten Frauen dazu neigten zu glauben, dass sie diejenige waren, die einen Mann bekehrten. Faith gehörte jedoch nicht in diese Kategorie.

„Gut zu wissen, dass die Schweigepflicht nicht nur für Ärzte und Anwälte, sondern auch für Floristinnen gilt.“

Jetzt hatte er ihre Neugier geweckt. Warum war er der Ehe gegenüber so abgeneigt? Aber das konnte sie ihn auch ein anderes Mal fragen. „Und? Wo soll ich den Trennungsstrauß hinschicken?“

„Ich habe noch gar nicht gesagt, dass ich einen …“ Er verstummte und runzelte die Stirn, als fiele ihm erst jetzt etwas auf. „Nennen Sie das wirklich so?“

„Na klar. Dank Ihnen könnte ich ein völlig neues Marketingkonzept entwickeln.“

„Autsch.“

„Nicht, dass ich mich über Sie lustig mache …“

„Oh doch“, widersprach er ihr. „Das machen Sie.“

„Okay, Sie haben recht“, gestand ihm Faith lächelnd. „Aber natürlich nur voller Zuneigung.“ Und Flirterei. Bis zu ihrer Begegnung mit Sam Hart hatte ihre innere Flirterin sich eine dauerhafte Auszeit genommen, doch da er der Inbegriff all dessen war, warum sie den Männern überhaupt erst abgeschworen hatte, war sie gegen seine Reize immun. Er war bindungsscheu und hatte eine Frau nach der anderen. Hübsch anzusehen war er ja, aber mehr steckte leider nicht dahinter.

Außerdem war sie zu professionell, um sich auf ihn einzulassen. Das Einzige, was sie verband, war rein geschäftlich. Es war daher völlig unbedenklich, mit ihm zu flirten.

„Na schön, auch auf die Gefahr hin, Sie damit noch unerträglicher zu machen, als Sie ohnehin schon sind – ich will einen hübschen, geschmackvollen Strauß bestellen … mit Pfingstrosen“, fügte er hinzu.

Es fiel Faith sehr schwer, ein triumphierendes Lächeln zu unterdrücken. Gut, dass sie so professionell war. „Wohin soll ich ihn schicken? An wen geht die Karte?“

„In die Blackwater Lake Lodge …“

„Aha. Eine Touristin also.“

„Immer noch Vorurteile?“, fragte er vorwurfsvoll.

„Das war kein Urteil“, beeilte sie sich ihm zu versichern. „Nur eine sachliche Schlussfolgerung. Aber ein Name wäre trotzdem hilfreich.“

Er zögerte einen Moment, bevor er seufzend Kiki Daniels sagte. „Wagen Sie bloß nicht …“

„Würde ich mir nie erlauben“, log sie, während sie ein Lächeln unterdrückte.

„Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Er gab ihr die Zimmernummer und bat sie, den Strauß auf seine Kreditkartenrechnung zu setzen, deren Daten Faith bereits abgespeichert hatte. „Sie können es offensichtlich kaum erwarten, etwas zu sagen, also los raus damit, bevor Sie noch platzen.“

„Danke. Sieht sie denn auch wie eine Kiki aus? Ich meine knackig, frisch und … voller Persönlichkeit? Mit langem blondem Haar und so süß wie französisches Gebäck?“

„Wow, Sie denken anscheinend überhaupt nicht in Klischees.“

„Na ja, ich kenne Sie mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass das kein Klischee ist.“ Faith zückte einen Notizblock und einen Kugelschreiber. „Was soll ich auf die Karte schreiben?“

Er dachte kurz nach. „Es hat Spaß gemacht. Viel Glück. Unterschreiben Sie mit Sam.“

„Vergangenheitsform und positiv. Verstanden.“ Sie notierte sich den Text. „Okay, wird erledigt. Sonst noch etwas?“

„Ehrlich gesagt, ja. Meine Eltern sind gerade in der Stadt, und meine Mutter hat Geburtstag. Shopping kommt nicht infrage, denn die Frau hat schon alles.“ Ratlos fuhr er sich mit einer Hand durch das Haar.

„Ich kann ihr ja einen schönen Strauß binden. Was ist denn ihre Lieblingsfarbe?“

Verdutzt sah er sie an. „Woher soll ich das denn wissen? Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, als Nächstes zu fragen, was ihre Lieblingsblumen sind.“

„Was für ein Sohn sind Sie eigentlich? Wie können Sie die Lieblingsfarbe Ihrer Mutter nicht wissen?“, neckte sie ihn.

„Moment mal.“ Er zog sein Handy aus seiner Tasche und drückte eine Schnellwahltaste. „Ellie? Ich brauche dringend eine Information von dir. Okay, du hast recht, das war etwas abrupt. Hi, wie geht es dir?“ Ungeduldig lauschte er dem Wortfluss am anderen Ende der Leitung. „Gut zu wissen. Hör mal, weißt du zufällig, welche Blumen Mom am liebsten mag und was ihre Lieblingsfarbe ist?“ Er nickte. „Gut. Danke. Bis später.“ Er legte auf und richtete den Blick auf Faith. „Callas und Rosa.“

„Ausgezeichnet. Dann binde ich eine rosa Schleife darum.“ Sie notierte sich die Adresse von Sams Schwester Ellie, bei der seine Eltern während des Besuchs übernachteten. „Ich machte auf dem Heimweg rasch einen Abstecher zum Laden, arrangiere etwas ganz Besonderes und bringe Ihnen den Strauß dann vorbei.“

„Danke, Faith.“

„War das alles?“

„Ich glaube schon“, sagte er lächelnd. „Sie sind eine echte Lebensretterin, wissen Sie das?“

Sie lachte. „Gern geschehen. Einen schönen Abend noch.“

Faith sah ihm hinterher, als er das Gebäude durch die Doppelglastür verließ, und bewertete dabei ganz sachlich seinen Po. Auf einer Skala von eins bis zehn war er eine elfeinhalb … was ihr einen sehnsüchtigen Seufzer entlockte.

Sie liebte ihre Selbstständigkeit und die Arbeit mit Blumen … die Farben und den Duft der Blüten … alles kreativ miteinander zu kombinieren. Doch seit Sam Hart in der Stadt wohnte, war ihr Job auch noch richtig lukrativ geworden und ihre Arbeit erheblich interessanter – nicht nur, weil es ihr großen Spaß machte, ihn aufzuziehen, sondern weil sie beim Ausliefern der Blumen auch die Frauen sah, die er verschmähte. Irgendwie war es tröstlich zu wissen, dass auch bei bildhübschen Frauen nicht immer alles glattlief.

Doch sein Verhalten machte sie neugierig. Sämtliche Frauen, mit denen er sich bisher getroffen hatte, waren sowohl schön als auch sympathisch gewesen, was die Frage aufwarf, warum keine von ihnen ein drittes Date ergattert hatte. Na ja, eines Tages würde Faith schon noch herausfinden, was genau dahintersteckte.

Eine Woche nach dem Geburtstag seiner Mutter telefonierte Sam Hart mit seiner Schwester. Er lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und betrachtete seinen vollen Schreibtisch. Der bloße Umfang der Unterlagen darauf zeigte seinen Erfolg, was ihn eigentlich glücklich machen sollte, aber irgendwie ging die Rechnung nicht auf. Er war extra in die Nähe von Ellie und seines ebenfalls seit Kurzem hier wohnenden Bruders Linc gezogen, um seiner Rastlosigkeit ein Ende zu bereiten. Leider war es vergeblich gewesen.

Er liebte seine Arbeit – das Abschätzen von Risiken und Vorteilen von Geldanlagen für Bankkunden oder das Gewähren von Krediten an mittelständische und kleinere Unternehmen.

Plötzlich tauchten Faith Connelly und ihr Blumenladen vor seinem inneren Auge auf – Every Bloomin’ Thing. Das hübsche Blumenmädchen war gleich an seinem ersten Tag im neuen Bürogebäude von Hart Financial, LLC auf ihn zugekommen, um den Mietpreis für den Stellplatz ihres Blumenwagens in der Lobby auszuhandeln.

Vorerst arbeitete sie zwar nur ein paar Stunden in der Woche in der Lobby, da sie auch in ihrem Laden in der Innenstadt von Blackwater Lake präsent sein musste, aber sobald sämtliche Büros im Gebäude vermietet waren und sie mehr Laufkundschaft hatte, würde sie jemanden einstellen. Bis dahin mussten ihre Kunden mit ihr persönlich vorliebnehmen.

Bei der Erinnerung daran, wie sie „dein“ mit „allein“ gereimt hatte, musste er unwillkürlich lächeln. Sie war nicht nur hübsch, sondern brachte ihn noch dazu oft zum Lachen. Da er seit seiner sehr langen, sehr hässlichen Scheidung nicht mehr viel lachte, fiel ihm so etwas sofort auf.

„Sam? Hörst du mir überhaupt noch zu?“, fragte seine Schwester nun vorwurfsvoll.

„Natürlich.“ Hoffentlich kam sie nicht auf die Idee, es nachzuprüfen. „Du hast mir gerade erzählt, wie gut Mom der Blumenstrauß gefallen hat.“

„Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahres. Seit diesem Strauß bist du offiziell ihr Lieblingssohn. Cal hat ihr einen Gutschein geschenkt, und Linc hat sie zum Essen eingeladen, aber die Lilien haben alles übertroffen. Der Duft war einfach nur überwältigend. Ich kann sie sogar jetzt, eine Woche später noch riechen.“

Sam hatte nicht die Absicht, Faiths Einfluss zu erwähnen und damit das Lob zu schmälern. Er würde seinen Vorteil nutzen, solange er konnte. „Freut mich, dass sie ihr gefallen haben.“

„Ich wechsle ja nur ungern das Thema, aber … hast du schon von dem Feuer in Crawford’s Crest gehört?“

„Ja.“ Sam drehte sich in seinem Stuhl in Richtung Fenster. Schwarze Rauchwolken hingen über den Bäumen im Westen. Gott sei Dank bewegte sich das Feuer von der Stadt weg. „Irgendwelche Neuigkeiten, ob es schon eingedämmt ist?“

„Nicht, dass ich wüsste. Der Wind macht es der Feuerwehr nicht gerade einfach. Sie sollen bereits Verstärkung aus ganz Montana angefordert haben. Ein paar Häuser sind nämlich bedroht.“

„Weiß man denn schon, was der Auslöser war?“

„Der Blitz ist in trockenes Unterholz eingeschlagen. Es ist August, und es hat nicht viel geregnet. Das wird hier jeden Sommer zum Problem.“

„Tja, das ist eben der Preis für die schöne Landschaft. Mutter Natur kann ziemlich fies sein.“

„Da hast du leider recht“, bestätigte Ellie seufzend. „Aber ich will dich jetzt nicht länger aufhalten. Ich wollte dir nur erzählen, wie sehr Mom sich über die Blumen gefreut hat. Sie lässt dich übrigens lieb grüßen.“

„Danke für die Info. Bis bald, Ellie.“

Sam beendete das Telefonat und betrachtete seufzend seinen vollen Schreibtisch. Gott sei Dank lag dort nichts, das nicht auch bis morgen warten konnte.

Nachdem er seinen Computer runtergefahren hatte, verließ er sein Büro im obersten Stockwerk des Gebäudes und fuhr mit dem Fahrstuhl zur Lobby hinunter. Wie immer hellte sich seine Stimmung beim Anblick von Faiths Stand mit dem fröhlichen Schild und den duftenden Blumen sofort auf.

Als er sie hinter dem Tresen stehen sah, ging er sofort zu ihr. So wie es aussah, packte sie gerade alles zusammen, um Feierabend zu machen. Sie trug das lange rotblonde Haar heute zu einem lockeren seitlichen Knoten frisiert, und ihr Pony hing ihr bis auf die vollen Wimpern. Sie hatte schöne braune Augen und total niedliche Sommersprossen auf der Nase. Intelligent und frech wie sie war, war sie der Typ kleine Schwester.

Da er heute weder ein Date hatte, noch mit jemandem Schluss machen wollte, war sein einziger Grund, mit ihr zu reden, ihr mitzuteilen, dass ihr Blumenstrauß bei seiner Mutter voll ins Schwarze getroffen hatte.

„Hi“, sagte er.

Sie warf einen Blick über die Schulter. Bei seinem Anblick legte sie ein paar langstielige Blumen zur Seite und drehte sich zu ihm um. „Selber Hi. Na? Wieder ein heißes Date heute Abend?“

„Nein. Ob Sie es glauben oder nicht, aber so ausgefüllt ist mein Privatleben auch wieder nicht.“

„Mir ist schon aufgefallen, dass Sie etwas schwächeln, seit Ihre Mom zu Besuch in der Stadt war.“ Sie nickte anerkennend. „Anscheinend sind Sie doch vernünftiger, als Sie aussehen.“

„Reden Sie eigentlich mit all Ihren Kunden so?“

„Ehrlich gesagt, nein. Dieses Privileg haben nur Sie.“

„Sollte ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?“

„Wenn Sie sich davon geschmeichelt fühlen, habe ich etwas falsch gemacht.“

„Dann geben Sie also zu, dass Sie mich absichtlich provozieren?“

„Das ist eins der Highlights meines Tages.“ Ihr Tonfall klang neckisch, aber ihr Blick funkelte nicht so frech wie sonst. „Brauchen Sie etwas?“

„Nein, ich wollte Ihnen nur sagen, dass der Blumenstrauß bei meiner Mutter eingeschlagen hat wie eine Bombe.“

„Das freut mich.“ Sie nahm die Blumen und legte sie auf einen kleinen Handwagen, mit dem sie ihr Inventar immer von ihrem Lieferwagen zum Stand brachte.

„Ich wollte mich bei Ihnen nur bedanken. Der Auftrag kam in letzter Sekunde und hat Sie von Ihrem wohlverdienten Feierabend abgehalten. Ich weiß Ihre Mühe daher umso mehr zu schätzen.“

„Gern geschehen. Wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen, geben Sie mir eine gute Bewertung auf Facebook.“

Sam schoss spontan die Idee durch den Kopf, sie zu einem Drink oder einem Abendessen einzuladen, was bei ihm jedoch sofort sämtliche Alarmglocken schrillen ließ, denn es wäre viel zu riskant, mit ihr auszugehen. Als Zugezogener musste er sich in Blackwater Lake erst einmal bewähren, und wie Faith ihm bereits mehr als einmal erklärt hatte, war seine Dating-Historie schon jetzt legendär. Mit dem Liebling der Stadt auszugehen und sie dann einfach fallenzulassen würde ihm bestimmt wenige Sympathien einbringen.

„Haben Sie es eilig?“, fragte er, als ihm auffiel, dass sie beim Packen etwas zerstreut wirkte. Wenn er es recht bedachte, machte sie auch früher Feierabend als sonst. „Oder haben Sie heute vielleicht ein Date?“

„Machen Sie sich doch nicht lächerlich!“

Ihm fiel auf, dass sie errötete. Die Farbe ihrer Wangen erinnerte ihn an eine rosa Rose. Als er einmal eine bei ihr hatte kaufen wollen, hatte sie ihn gewarnt, dass Rosa und Rot tiefere Gefühle symbolisierten. „Das ist doch eine völlig naheliegende Frage. Für eine Klugscheißerin sehen Sie nämlich gar nicht so übel aus.“

„Ich schmelze förmlich dahin bei solchen Worten“, sagte sie ironisch und stützte die Hände auf dem Tresen ab. „Vorsicht, Sam. Mit so etwas können sie einem Mädchen ganz schön den Kopf verdrehen.“

„Das war nur eine sachliche Feststellung. Bitte lassen Sie mich das mit einer Rosenmetapher näher erläutern.“

Belustigt sah sie ihn an. „Bitte.“

„Eine Rose ist schön, genauso wie Sie, aber sobald Sie den Mund aufmachen, versetzen Sie mir einen Stich – wie die Dornen einer Rose.“

„Dennoch kommen Sie immer wieder. Anscheinend stehen Sie auf Schmerzen.“ Sie konnte ihre innere Klugscheißerin anscheinend nicht lange zum Schweigen bringen. „Vielleicht sollte ich die Dornen bei Ihrer nächsten Erstes-Date-Rose dranlassen. Ohne Schmerz keinen Lohn. Vielleicht schaffen Sie es dann ja endlich mal bis zu einem dritten Date.“

„Diese verdrehte Logik würde voraussetzen, dass ich ein drittes Date will.“

„Wow, jetzt machen Sie mich erst recht neugierig. Sie haben ja keine Ahnung, wie lange mich schon der Wunsch quält, hinter das Geheimnis von Sam Hart zu kommen.“ Besorgt sah sie an ihm vorbei zu der Rauchwolke, die hinter den großen Glasfenstern zu sehen war. „Aber Sie haben recht, ich habe es gerade etwas eilig, und zwar nicht wegen eines Dates.“

„Weshalb dann? Ist alles in Ordnung mit Ihrer Tochter?“

„Es brennt momentan in der Nähe meines Hauses. Ich muss deshalb rasch ein paar Sachen für Phoebe und mich packen, falls wir evakuiert werden sollten. Ansonsten geht es ihr aber gut.“

„Schön.“ Ihre offensichtliche Nervosität berührte etwas tief in ihm, weil sie sonst immer so unverfroren und frech wirkte. „Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?“

Sie lächelte schwach. „Nicht nötig.“

Autor

Teresa Southwick
<p>Teresa Southwick hat mehr als 40 Liebesromane geschrieben. Wie beliebt ihre Bücher sind, lässt sich an der Liste ihrer Auszeichnungen ablesen. So war sie z.B. zwei Mal für den Romantic Times Reviewer’s Choice Award nominiert, bevor sie ihn 2006 mit ihrem Titel „In Good Company“ gewann. 2003 war die Autorin...
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